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Das Leverkusener Kulturjahr 2021Beuys, Jazztage und eine rasante Dirigentin

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In den 70ern war Joseph Beuys noch persönlich zu Gast   – 2021 wehte zumindest sein Geist wieder durch Morsbroich.

Leverkusen – So kann man sich irren: 2021 sollte das Jahr des Neustarts werden. Das Jahr der Rückkehr des öffentlichen Lebens und des Miteinanders und somit auch der Kultur. Mittlerweile ist bekannt: Es kam anders. Es ist nach wie vor anders.

Und ein Rückblick auf das Kulturgeschehen im zweiten von der Pandemie betroffenen Jahr kann auch für Leverkusen nur überschaubar ausfallen. Zuviel blieb auf der Strecke – oder wurde gar nicht erst auf die Strecke gebracht. Und doch: Es gab ein paar herausstechende Ereignisse, die es sich in Erinnerung zu rufen lohnt.

Eine Dirigentin mit Verve

Zu Jahresbeginn etwa präsentierten die Verantwortlichen Bayer-Kultur und die Mitglieder des Orchesters eine neue Dirigentin für die Bayer-Philharmoniker. Die Israelin Bar Avni stellte sich zwar nur per Zoom-Konferenz vor – Zusammenkünfte waren ja aufgrund des Lockdowns nicht erlaubt. Aber selbst am Bildschirm kamen ihr Esprit, ihre Lust an diesem Job, ihre Leidenschaft für die Musik und ihre fast schon rasende Vorfreude auf die Arbeit mit dem renommierten Orchester hör- und spürbar rüber.

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In den 70ern war Joseph Beuys noch persönlich zu Gast   – 2021 wehte zumindest sein Geist wieder durch Morsbroich.

Schon damals wurde klar, was im folgenden Herbst bei einem der wenigen, dann doch stattfindenden Konzerte im Forum – dem ersten des Orchesters unter ihrer Leitung nämlich – auch live und wahrhaftig deutlich werden sollte: Bar Avni vermag es, mitzureißen und ein, so schrieb es der Konzertrezensent des „Leverkusener Anzeiger“, in der Vergangenheit mitunter dröge erscheinendes Orchester wieder zu beleben.

Die Verve, mit der sie dirigierte, war beeindruckend und ein Lehrstück über durch Musik geweckte Emotionen sowie durch Emotionen erzeugte Musik.

Eine Schau zu Joseph Beuys

Ins Frühjahr – und somit in eine Zeit der nach wie vor geschlossenen Kulturhäuser – fiel dann eine der wichtigsten Ausstellungen der jüngeren Vergangenheit im Museum: Zum 100. Geburtstag des rheinischen Künstlergenies Joseph Beuys wurde in Morsbroich die Schau „Der Katalysator – Joseph Beuys und Demokratie heute“ eröffnet. Sie umfasste neben zwei Arbeiten von ihm vor allem Beiträge junger Künstlerinnen und Künstler, die sich auf Beuys bezogen und offenbarten, was für eine Inspiration der gebürtige Krefelder zu Lebzeiten und posthum war und ist. Sowohl künstlerisch. Als auch politisch.

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Bar Avni, Dirgentin mit Verve, übernahm die Bayer Philharmoniker.

„Der Katalysator“ war Aufsehen erregend. Und auch wenn die Ausstellung letztlich nur eine von vielen zu Ehren Beuys im Lande war, entpuppte sie sich als eine der besonders klug erdachten und kuratierten, da sie nicht – wie vielerorts – eine reine Retrospektive war, sondern tatsächlich die Rolle Beuys’ als Ideengeber, oder eben als Katalysator, aufzeigte.

Dass der 1986 verstorbene Visionär der Moderne auch in Leverkusen die eine oder andere Episode seines von Kreativität geprägten Lebens hatte – man denke an seine in den 70er Jahren fatalerweise gereinigte Badewanne im Museum oder seinen Vortrag im Spiegelsaal des Schlosses vor zahlreichen Beuys-Jüngerinnen und -Jüngern –, wurde im Vorfeld dieser Schau natürlich ausgiebig in Erinnerung gerufen. Und im Sommer – „Der Katalysator“ war bis zum 29. August aufgebaut – durften die Menschen denn auch wieder in die Ausstellung gehen und mussten sich nicht allein auf den ob des vorigen Lockdowns unumgänglichen virtuellen Rundgang verlassen.

Ein neuer Chef fürs Museum

Apropos Museum: Selbiges hatte ab dem 1. August endlich den lang ersehnten, neuen Direktor: Jörg van den Berg – gebürtiger Duisburger und zuvor unter anderem Direktor des Museums Große Kunstschau in Worpswede – löste Fritz Emdlander ab, der seit Frühjahr 2018 kommissarisch den Posten bekleidete, nachdem der Vorgänger Markus Heinzelmann plötzlich hingeworfen hatte.

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Jörg van den Berg ist neuer Museumsdirektor in Morsbroich.

Van den Berg gab von Beginn an das Ziel aus, alle Leverkusenerinnen und Leverkusener wieder ins Museum locken zu wollen. Auch die, die womöglich keinen umfangreichen Zugang zur Kunst haben. Im Interview mit dieser Zeitung sprach er davon, die Neugier der Menschen zu wecken.

Und das gelang ihm bereits mit der ersten Ausstellung, die unter seiner Ägide eröffnet wurde: „Das Ensemble schreibt das Stück“ ließ er vom gesamten Team des Museums zusammenstellen. Eine Schau der Lieblingsstücke jeder Mitarbeiterin und jedes Mitarbeiters aus der Sammlung des Hauses. Und ein Paradebeispiel für in jeder Hinsicht „greifbare“ und „nachvollziehbare“ Kunst.

„Jazz Lev“ hat eine Zukunft

Ebenfalls im Sommer stand das „topos“ im Mittelpunkt des Interesses. Dieses Mal aber nicht aus tragischen Gründen wie dem Tod seines Kult-Betreibers Wolfgang Orth 2019 oder ob eines negativen Anlasses wie der drohenden Schließung im Jahr 2020.

Nein: Dieses Mal ging es um eine gute, eine schöne Sache. Tobi Sauter, Eileen Schwarz, Ralph Liebig, Michael Grützner und Rainer Tobies präsentierten sich nämlich als neue Spitze des im „topos“ quasi beheimateten Vereins „Jazz Lev“, lösten die langjährige Riege um die scheidende Birgit Kremer ab und versprachen, den e.V. nach schweren Jahren zukunftsfähig zu machen.

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Der rund ums „topos“ beheimatete „Jazz Lev“ wird danke eines neuen Vorstandsteams zukunftsfähig.

Was für die Stadt kulturell keine Kleinigkeit ist, denn: Der „Jazz Lev e.V.“ war es, der einst die Jazztage Leverkusen aus der Taufe hob. Unter dem Dach des „Jazz Lev“ fand jahrelang im August das dreitägige „Street Life“-Open-Air rund ums „topos“ statt – ein Konzertreigen umsonst, draußen und für alle. Die Mitglieder des „Jazz Lev“ sind es zudem, die das Musikprogramm im mittlerweile von Wolfgang Orths Witwe Ingrid betriebenen Club an der unteren Hauptstraße in Wiesdorf planen und organisieren. Und das alles, so versprachen Sauter und Co., solle noch lange so weitergehen. Sogar eine Wiederaufnahme des „Street Life“ liege im Bereich des Möglichen.

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Endlich Leben in der City C

Am anderen Ende Wiesdorfs liegt die seit Jahren brach liegende City C. Und auf Initiative des Kunstvereins um Susanne Wedewer-Pampus sowie der von Thomas Helfrich geleiteten Bayer-Kultur gelang zwischen August und Oktober endlich eine zumindest temporäre Revitalisierung des in großen Teilen leer stehenden Gebäudekomplexes.

Im Rahmen der Ausstellung „Lost Places“ bespielten national wie international bekannte Künstlerinnen und Künstler die Ladenfenster, Ladenzeilen und das Dach des Areals, zogen Menschen an, bestachen durch kluge wie ästhetische Ideen – und schenkten der City C die Aufmerksamkeit, die ihr Politikerinnen und Politiker schon lange nicht mehr zu bescheren imstande waren.

42. Leverkusener Jazztage

Und dann waren da noch die 42. Jazztage. Sie kamen einem kleinen Wunder gleich, denn: Sie fanden statt. Mit Publikum, nachdem 2020 lediglich Livestreams im Internet möglich gewesen waren.

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Und auch wenn Gregory Porter, Jamie Cullum und Melody Gardot einmal mehr ihre geokanten Aufteritte um ein Jahr auf 2022 verlegen mussten, standen mit Milow, Max Mutzke, Wolfgang Haffner, dem ehemaligen Bowie-Bassisten Tim Lefebvre, Nina Simones Tochter Lisa Simone, der Jazzrausch-Bigband oder Wolfgang Niedecken viele erstklassige Musikerinnen uns Musiker auf der Bühne des Erholungshauses und sorgten für einpaar Stunden Pandemie-Vergessenheit und: Kulturfreude.