Eine Nacht im Schlebuscher SensenhammerFeuer und Flamme fürs Schmiede-Handwerk
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Leverkusen – „Jeder ist seines Glückes Schmied“ – Selbst in die Folklore der Lebensweisheiten hielt er Einzug, der Beruf, der über Jahrhunderte vieles am Laufen hielt, was mit Eisen zu tun hatte. Es ist ein Stück Industrie-Geschichte, die die Besucher der „Freudenthaler Nacht des Schmiedefeuers“ in Schlebusch am Freitagabend auf dem Gelände der ehemaligen Sensenschmiede HP Kuhlmann Söhne bewundern konnten.
In einer Livevorführung wurde ein neuer Eisenring um einen großen Baumstumpf gezogen, der am Ende einen sogenannten Hammerstock bildet. Das Schwergewicht ist zwingend notwendig, um die Sensenklingen zu schmieden. Auf ihm lag das Eisenstück, das mit der Maschine bearbeitet wurde. Daher musste der Hammerstock gewaltige Schläge aushalten können.
In der Fabrik gab es einige dieser Maschinen. 1835 gegründet, versorgte sie bis 1985 von Schle-busch aus das Land mit Sensenklingen. Aber das Voranschreiten der Technik sorgte dafür, dass das Unternehmen nach genau 150 Jahren seine Tore für immer schloss. In der Landwirtschaft hatten Maschinen Einzug gehalten und die ausländische Konkurrenz bot die Klingen günstiger an.
„Heute wissen viele nicht mal mehr, was eine Sense ist“, weiß Museumsleiter Jürgen Bandsom zu berichten. „Das müssen wir dann erst einmal erklären“. Das liebevoll hergerichtete Museum bietet dafür den richtigen Rahmen. Bereits 1992 gründete sich ein Förderverein und erwarb mit Hilfe von EU-Geldern das alte Firmengelände mit allem, was dazu gehörte. Ziel war es, das alte Wissen am Leben zu halten und den Menschen zu zeigen, wie sich das heutige Schlebusch entwickelte. Nach einer langen Vorbereitungszeit öffnete 2005 das Museum und es kam neues Leben in die alten Gemäuer. Die Maschinen laufen nun wieder, wenn auch nur bei den Schmiedevorführungen, die man mit einer Führung durch das Museum buchen kann.
Ab 2022 stellte die Stadt Leverkusen sogar drei hauptamtliche Stellen bereit: Jürgen Bandsom (58), Schmied Michael Schmidt und Museumspädagogin Anne-Katrin Harscher. Für das Team und rund 40 aktive Ehrenamtliche stellt es eine Herausforderung dar, das Wissen um die Sensenschmiede zu erhalten. Besonders gefordert ist dabei das ehrenamtliche Schmiedeteam, das teilweise durch experimentelle Arbeit herausfinden muss, wie manche alte Technik funktioniert. Das Auswechseln des Hammerstocks gehört dazu. Diese Arbeit wurde nur selten angewendet, denn so ein Stock hielt bis zu 50 Jahre. Und ein Handbuch gibt es dafür nicht.
Millimeter-Arbeit
Das Schmiedeteam arbeitete bereits ab 17 Uhr an dem Hammerstock. Der Ring musste zusammengesetzt werden, und zwar millimetergenau in der richtigen Größe. Ein Zusammenspiel zwischen Schweißgeräten, der Hitze des Feuers, dem Amboss und Schmiedehämmern. Geduld brauchten die Schmiede, denn die Arbeit zog sich hin bis die Dunkelheit hereinbrach und die Feuer fast zur einzigen Lichtquelle wurden. War der Zustrom von Menschen zu Beginn noch verhalten, füllte sich das Gelände abends zunehmend. Die Menschen ließen sich das angebotene Essen schmecken, Kinder saßen mit den Eltern um ein Lagerfeuer und bereiteten sich Stockbrot zu. Für die musikalische Untermalung sorgte Ralf Sommerfeld, der mit seiner Gitarre und Gesang Klassiker aus Pop, Rock und Country zum Besten gab.
„Ich mag diese alte Umgebung“, sagte eine Besucherin. „Es ist so wichtig, dass das alles am Leben erhalten wird.“ Sie kommt öfters zur alten Sensenfabrik. Immer wieder gibt es kulturelle Angebote auf dem Gelände. „Ich möchte den Leuten Gründe bieten, zu uns zu kommen“ sagt Bandsom. So kombi-niert er die alte Industrieumgebung mit Ausstellungen, Konzerten und anderen kulturellen Angeboten. „Hier ist immer was los.“ Auch das Museum bietet, neben der Werksausstellung, in einer kleinen Galerie Künstlern eine Plattform um ihre Arbeiten auszustellen.
Die Nacht der Schmiedefeuer soll künftig jeweils einen Teilbereich der Schmiedekunst zeigen. In diesem Jahr war es der Hammerstock. So bleiben die alten Techniken am Leben und die Menschen haben die Chance, einen Eindruck zu bekommen, auf welcher Grundlage sich ihr Schlebusch bis heute entwickelt hat.