Leverkusen – Lichter am Leverkusener Wasserturm sind ausgeschaltet, der Kölner Dom ist weitgehend verdunkelt; Bürger werden täglich zum Energiesparen ermuntert und müssen damit rechnen, dass die Preise weiter steigen, Firmen drehen ihre Leuchtreklamen aus, auch der Schriftzug „Leverkusener Anzeiger“ in der City B bleibt zurzeit dunkel. Der Schriftzug an der Bay-Arena leuchtet nachts nicht mehr wie gewohnt, aber das Stadion von Bayer 04 Leverkusen ist oft alles andere als dunkel. In vielen Nächten glüht ein goldenes Licht am Stadiondach.
Pflege für den Rasen: Bayer 04 und der 1. FC Köln sind Kunden
Das Kunststoffdach wird nicht absichtlich beleuchtet, es reflektiert Streulicht. Die Quelle: Hochleistungs-Wachstumslampen auf dem Spielfeld. Dort stehen dann mit Leuchtdioden bestückte, große fahrbare Gestelle, die ihr Licht aus etwa 1,50 Metern Höhe nach unten aufs Spielfeld abstrahlen, damit das Gras auch im dunklen Winter wächst. Eine Pflegemaßnahme, die sich viele große Fußballklubs leisten – auch der 1. FC Köln steht auf der Kundenliste des Lampenherstellers.
Die Bay-Arena hat nach dem Umbau im Vergleich zum alten Ulrich-Haberland-Stadion ein weiteres Problem: Wegen des Dachs fällt nicht wirklich viel Tageslicht auf den Rasen. Die Lampengestelle, die in den Niederlanden produziert werden, stehen deshalb an trüben Tagen auch tagsüber auf dem Rasen. Zum Beispiel am Nachmittag des Auswärtsspieltags am Samstag, 15. Oktober, glühten Lampen an mindestens neun Gestellen im Stadion an der Bismarckstraße, während Bayer 04 in Frankfurt kickte.
In den Nächten ist das goldene Licht auffällig und gut zu sehen, besonders interessant ist die Wirkung des Streulichts bei Nebel, dann wirkt das Stadion wie ein Kessel, aus dem gelbe Dämpfe aufsteigen.
Den jährlichen Stromverbrauch der Wachstumslampen gibt Bayer 04 auf Anfrage nicht preis. Eine grobe Idee, dass der Verbrauch aber durchaus nennenswert ist, lässt sich bei einem Blick durch den Stahlgitterzaun am Trainingsgelände abschätzen; von dort werden die Lampenmodule zur Rasenbestrahlung in die beiden Stadien und auch auf die Trainingsplätze gerollt.
50 Hochleistungsstrahler à 765 Watt
Unter einem Gestell, das nahe am Zaun steht, hängen etwa 50 LED-Hochleistungsstrahler à 765 Watt. Insgesamt hat dieses eine Lampenfahrgestell also 37 Kilowatt. Die Leuchtmittel sind sparsame Leuchtdioden (LED), die aber doch so viel Leistung aufnehmen, dass jede Einheit einen eigenen Ventilator zum Kühlen braucht.
Dem Leiter der neu gegründeten Stabsstelle Nachhaltigkeit bei Bayer 04, Matthias Adler, ist die Problematik bewusst, er beschreibt in seiner Antwort auf unsere Anfrage besonders die schon erledigten Sparmaßnahmen in der Bay-Arena: Es werde ausschließlich bedarfsgerecht beleuchtet, um eine für den Spielbetrieb ausreichende Rasenqualität zu erreichen. Den Einsatz von Wachstumslicht habe man schon stark reduziert, unter anderem durch gezielte Düngung und Nachsaaten. Ohne das Licht müsste Bayer den Rasen unter hohem Ressourcenaufwand öfter austauschen als jetzt, schreibt er. Im Sommer werde gar nicht bestrahlt.
Die Kosten, lernt man auf der Internetseite der Fußball-GmbH, sind wohl noch nicht von den Steigerungen der Energiekrise bestimmt: Bayer 04 habe sich frühzeitig ein Kontingent Ökostrom für die kommenden beiden Jahre gesichert.
In der Bay-Arena liegt seit 2021 ein Hybridrasen, das ist der letzte Schrei im Sportplatzbau: Dabei wird alle zwei Zentimeter eine knapp 20 Zentimeter lange Kunststofffaser ins Spielfeld implantiert, das bringt dem Belag eine höhere Strapazierfähigkeit. Aber: Licht, Luft, Wasser und Nährstoffe sind nach wie vor nötig.
Rasenqualität: Profis haben hohe Ansprüche
Das Anspruchsdenken der Profis und Trainer an die Spielfelder sei ähnlich wie deren Spielergehälter gewachsen, sagt ein Kenner der Materie. Ein Fußballer, der seine Beine für Millionen versichert hat, möchte die Knie nicht auf einem womöglich schmierigen oder unebenen Spielfeld riskieren, weiß ein Insider, der ungenannt bleiben möchte.
Und schon gar nicht möchten sich die Edel-Kicker auf einem gefrorenen Platz etwas verstauchen. Aus diesem Grund werden Profi-Fußballfelder beheizt, auch das in Leverkusen. Bei Schnee und Frost schreibt das sogar die deutsche Fußball-Liga vor. Die Wärme dafür kommt dann aus dem Fernwärmenetz der Energieversorgung Leverkusen (EVL), an dem auch viele Schulen, Wohnungen und Büros hängen.