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Handwerker über Wärmepumpen„Viele sagen aus Sorge vor dem Regierungswechsel: Das nehmen wir noch mit“

Lesezeit 7 Minuten
Peter Seven vom gleichnamigen Sanitär- und Heizungsbetrieb in Leverkusen-Manfort

Peter Seven verkauft Wärmepumpen und führt seinen Sanitärbetrieb in Manfort in vierter Generation. Hier steht er vor einer kürzlich von seinem Team eingebauten Wärmepumpe.

Handwerkermeister Peter Seven im Interview zur Wärmepumpe.

Der 40-jährige Handwerkermeister Peter Seven erzählt im Interview von seinen Wünschen an die nächste Regierung, vom verkorksten Heizungsgesetz, warum sich Wärmepumpen längst nicht nur im Neubau lohnen und was er als Vorsitzender der Mittelstandsunion Leverkusen noch anpacken will.

Ist Leverkusen ein gutes Pflaster für Betriebe, die Wärmepumpen verkaufen?

Seven: Wir haben in den Randbezirken viele Einfamilienhäuser, wo die meisten Geräte eingebaut werden. Wiesdorf ist jetzt nicht unser Wärmepumpen-Hotspot. Auch Manfort eher wenig. Aber Schlebusch, Bergisch Neukirchen, Steinbüchel, Lützenkirchen, Hitdorf hinten raus, auch Rheindorf – da ist schon viel Potenzial.

Wie viele Wärmepumpen bauen Sie ungefähr im Jahr ein?

Wir sind aktuell bei 50 bis 60. Wärmepumpen hat schon mein Großvater verkauft. Rund um die Ölkrise kam das Thema auf, natürlich hatten die eine ganz andere Effizienz als heute. Mein Vater hat die, glaub ich, gar nicht mehr verbaut, die erste von uns ist so 2006 herum an den Start gegangen. Die flächendeckende Einführung kam später, im Neubau wurde es ab 2015 mehr. Dann sind wir relativ konsequent umgestiegen.

Und dann kam das „Heizungsgesetz“ der letzten Ampelregierung.

Zunächst: Die letzten Jahre waren generell sehr herausfordernd. Erst Corona, dann kamen die ganzen Lieferkettenprobleme, wo man gemerkt hat, wie abhängig wir und vor allem die Industrie von sämtlichen Zulieferern aus China ist. Teilweise hatten wir hier halbfertige Sachen auf dem Hof stehen. Dann kam mehr oder weniger gleichzeitig der Ukrainekrieg und die Krise mit dem Gas – eine ganz verrückte Zeit. In einem Beratungsgespräch kam heraus, dass der Kunde vor einem Dreivierteljahr saniert hatte und die wollten ihre neue Gasheizung rausschmeißen, weil es möglicherweise bald kein Gas mehr gebe. Aber ja: Dann kam das „Heizungsgesetz“. Ich hatte tatsächlich Kunden, die haben gesagt, sie möchten ein Angebot über eine neue Ölheizung haben, obwohl ihnen klar war, dass auch bei ihnen eine Wärmepumpe Sinn machen würde. Aber es hieß: „Vom Habeck lasse ich mir nicht vorschreiben, wie ich mein Haus zu heizen habe.“ Das war die Wahrnehmung damals. Normal verbauen wir eine Ölheizung im Jahr. Als die Debatte aufkam, haben wir fünf oder sechs davon eingebaut. Weil die Leute alle gesagt haben: „Jetzt schnell, dann habe ich 20 Jahre Ruhe.“ Von den Herstellern von Gasheizungen habe ich gehört, dass sie teilweise Probleme hatten, hinterherzukommen. Natürlich war die Debatte medial teils völlig übertrieben, aber in der Tat war das Gesetz komplett desaströs kommuniziert worden. Mittlerweile hat sich die Diskussion entspannt, sie ist auch nicht mehr so ideologisch verbohrt. Mal gucken, was die nächste Koalition beschließt, die werden das nicht alles rückabwickeln. 

Es hält sich hartnäckig der Mythos, dass eine Wärmepumpe nur in Neubauten mit Fußbodenheizung Sinn macht. Sonst zahlt man sich dumm und dämlich. Stimmt das?

(rollt mit den Augen und lacht) Das stimmt nicht. 80 Prozent unserer Wärmepumpen bauen wir in Bestandsbauten ein. Jetzt muss man natürlich unterscheiden: Wir haben mittlerweile viele Bestandsbauten, die in den 2000er-Jahren gebaut wurden, da müsste jetzt klassischerweise die Heizung ausgetauscht werden. In diesen Gebäuden: überhaupt kein Problem.

Egal, ob Fußbodenheizung oder nicht?

Ja. Der Knackpunkt ist der Strompreis. Je geringer die Differenz zwischen Gas- und Strompreis und je günstiger der Strom ist, desto attraktiver wird eine Wärmepumpe. Auch im Altbau. Wenn ich ein altes Gebäude mit Heizkörpern habe, muss ich im Vorlauf auf höhere Temperaturen kommen und habe somit einen entsprechend höheren Stromeinsatz. Entsprechend werden die Pumpen ineffizienter, je älter das Gebäude ist und wenn ich Heizkörper habe. Fazit: Ja, die Effizienz ist natürlich am höchsten im Neubau. Da können wir schon auf eine Jahresarbeitszahl von 4,5 bis fünf kommen: Ich brauche eine Kilowattstunde Strom, um fünf Einheiten Wärme zu produzieren. Beispiel: Wenn ich einen Gaspreis von zehn Cent annehme, müsste der Strompreis schon 50 Cent betragen, damit sich das nicht rentiert. Wir hoffen, dass wir mit dem Strompreis eher Richtung 20 Cent kommen.

Und das wünschen Sie sich auch von der nächsten Regierung?

Ich kann nicht für alle Handwerker sprechen, aber von dem, was ich in der Innung höre, und was man auch aus der Industrie hört: Uns wäre es lieber, wenn man dauerhaft sicher sein könnte, dass der Strompreis gering bleibt. Damit man glaubwürdig argumentieren kann, dass sich die Wärmepumpe über die Zeit rechnet. Man braucht schließlich Planungssicherheit. Die andere Frage ist, ob wir immer diese Goldrandlösung brauchen. Lohnkosten sind das eine, was die Wärmepumpe bei uns teuer macht, das andere sind die Nebenarbeiten, die noch gemacht werden müssen. Anlagen müssen herunterregelbar sein, man muss einen Pufferspeicher einbauen, einen hydraulischen Abgleich machen, da summieren sich die Kosten. Ob man das nicht teils anders regeln könnte, frage ich mich – zum Beispiel einiges auf freiwilliger Basis machen. 

Peter Seven vom gleichnamigen Sanitär- und Heizungsbetrieb in Leverkusen-Manfort

Seit 2016 ist Peter Seven in der Geschäftsführung des gleichnamigen Betriebs in der Halligstraße. Als Chef muss er auch Papierkram machen. „Weniger Bürokratie“ ist ein Wunsch von ihm an die Politik.

In der aktuellen Fassung des Gebäude-Energie-Gesetzes, also des „Heizungsgesetzes“ wird mit hohen Förderungen geworben, teils bis zu 70 Prozent der Kosten dürfen erstattet werden. Warum gibt es keinen Run auf die Geräte?

Doch, wir bauen gerade deutlich mehr ein. Darunter gibt es auch viele, die aufgrund der Förderung und aus Sorge vor dem Regierungswechsel jetzt gesagt haben: Das nehmen wir noch mit.

Sie sind selber CDU-Mitglied und erneut zum Vorsitzenden der CDU-nahen Mittelstandsunion (MIT) Leverkusen gewählt worden. Sie möchten „sichtbarer“ werden, schreiben Sie in der Pressemitteilung. Was wollen Sie ändern?

Das große Thema für uns ist natürlich die Kommunalwahl. Da legen wir unseren Fokus auf die Energiepolitik – zusammen mit den großen Unternehmen vor Ort. Hier möchten wir klar machen, was neben dem Chempark auch für uns als Mittelständler wichtig ist. Sicher kommt das Thema Handwerkerausweise nochmal auf die Tagesordnung, sprich Parkmöglichkeiten für Handwerker in Leverkusen. Die Ausweise sind aktuell relativ teuer und ich muss hier in der Stadt Ausweise für einzelne Autos beantragen. Es gibt Kommunen, da zahlt man einen Pauschalbetrag und alle Fahrzeuge sind damit abgegolten. Ich kenne Kollegen, die sagen, sie holen sich die teuren Ausweise erst gar nicht: So viele Knöllchen könne man gar nicht bekommen. Das ist ein Fall von Bürokratie, das muss meiner Meinung nach nicht sein. Und wir müssen mit der EVL sicherlich auch nochmal ins Gespräch kommen, Stichwort Kommunale Wärmeplanung. 

Spüren Sie den Fachkräftemangel?

Ich bin froh, dass wir in den vergangenen Jahren immer gut Azubis gefunden haben. Pro Jahr bilden wir zwei aus.

Kriegen Sie grundsätzlich gute Bewerbungen rein?

Wir merken schon, dass die Qualität massiv nachlässt. In unserem Bereich hat man viel mit Mathe und Physik zu tun, die mathematischen Kenntnisse der Schulabgänger sind teilweise bedenklich. Wir bekommen wenig Bewerbungen vom Gymnasium: Das ist ja immer noch der Trend der Akademisierung, den wir als Handwerker schon lange anprangern. Aber wenn ich die Gehaltssteigerungen der Mitarbeiter nicht nur in meinem Betrieb sehe, da stellt man sich heute nicht viel schlechter als mit einem Bachelorstudiengang. Sie können heute 4000 bis 5000 Euro als Obermonteur verdienen, da kann man am Ende des Tages gut von leben. Da hat sich in den vergangenen Jahren viel getan.


Die Jahresarbeitszahl drückt die Effizienz aus

Bei Wärmepumpen spricht man von der Jahresarbeitszahl. Das ist das Verhältnis des eingesetzten Stroms zur gewonnenen Wärme. Wichtig ist in dem Zusammenhang auch die Frage: Wie hoch muss die Temperatur im Vorlauf sein? Das ist die Temperatur, die das Heizwasser hat, bevor es in die Heizflächen oder -körper eintritt. Bei einer Fußbodenheizung im Neubau reicht eine Temperatur von 35 Grad aus. Wenn man ein altes Gebäude mit Heizkörpern hat, kann es sein, dass man auf Temperaturen im Vorlauf von bis zu 65 Grad kommen muss, erklärt Peter Seven. Es ist somit mehr Stromeinsatz nötig. Seven erzählt, dass er mit seinem Team in den letzten Jahren 150 bis 200 Wärmepumpen eingesetzt habe, die meisten in Bestandsbauten. Hier liege die Jahresarbeitszahl meist bei 3 bis 3,5, sagt er – und das sei schon gut. (aga)