Die Leverkusener feiern in diesem Jahr das große Jubiläum des Forums: Vor 50 Jahren wurde das größte Kulturhaus, die größte Veranstaltungshalle der Stadt eröffnet.
Wir blicken in einer kleinen Serie auf die bewegte Geschichte dieses Hauses zurück und lassen dabei unter anderem Leverkusener zu Wort kommen, die irgendeine besondere Beziehung zu diesem Bau haben.
Einer davon ist Henning Krautmacher (62), gebürtiger Schlebuscher und Frontmann der Kölner Kult-Mundartgruppe Höhner. Er erinnert sich an seine Forum-Highlights.
Leverkusen – Herr Krautmacher, was war die erste Veranstaltung, die Sie im Forum gesehen haben?
Eine konkrete Veranstaltung kann ich nicht nennen. Aber: Ich habe dort beispielsweise Ekseption, diese Symphonic-Rock-Band aus den Niederlanden, zum ersten Mal gesehen. Die waren damals für die gesamte Musikszene ganz weit vorne. Außerdem verbinde ich mit dem Forum immer Schüler-Abos. Ich habe ja, ehe ich später in Köln Abitur gemacht habe, die Realschule in Schlebusch besucht. Und als Schüler an dieser Schule hatten wir so ein Kultur-Abo fürs Forum. Dadurch habe ich dann beispielsweise Konzerte von Insterburg & Co. oder Schobert und Black gesehen. Das waren diese Komiker- und Comedy-Bands. Und eine Erinnerung hat sich diesbezüglich mir eingebrannt.
Bei Insterburg und Co. war das: Da saß ich ziemlich weit vorne im Saal. Zwei von der Band machten gerade irgendwelchen Ulk. Karl Dall, der ja auch Mitglied war, war hinter der Bühne, stürmte aber plötzlich nach vorne und rief: „Mein Kügelchen ist weg! Hat jemand mein Kügelchen gesehen?“ Er war völlig aufgebracht. Das dauerte bestimmt eine Minute. Immer wieder: „Wo ist mein Kügelchen?“ Das Publikum war schon völlig verwirrt. Bis Dall irgendwann abwinkte und sagte: „Naja, dann mache ich mir eben ein neues!“ Und sich den Finger in die Nase steckte. Das werde ich nie vergessen. Das war für damalige Verhältnisse unerhört. Zum Totlachen! Ach, ich habe das Forum überhaupt in so vielen Facetten in Erinnerung…
Als kleiner Junge las ich einmal – An einem 1. April wohlgemerkt! – im „Kölner Stadt-Anzeiger“, dass sich im Laufe des Tages Studenten auf den Vorplatz des Forums stellen und mit Tomaten bewerfen lassen würden. Das wollte ich mir auf keinen Fall entgehen lassen – und fuhr dafür eigens mit der Linie 10 von Schlebusch nach Wiesdorf. Das war damals für einen kleinen Jungen eine Weltreise. Und als ich ankam: Nix. 1. April eben. Ich kam nach Hause – und meine Mutter hat das Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht gekriegt.
Wann standen Sie denn zum ersten Mal selber im Forum auf der Bühne?
Wenn man selber Musik machte, war es ja immer ein Traum, da auch mal irgendwann einmal zu spielen. Und das habe ich dann mit meinen Mundarttruppen Uss d’r Lameng und Locker vom Hocker geschafft. Wobei mir der Journalismus dabei sicherlich ein wenig geholfen hat. Ich war ja bei der Lokalen Wochenzeitung tätig. Und die Veranstalter – etwa die Karnevalsfreunde Manfort oder die Roten Funken – haben sich damals wahrscheinlich immer gedacht: „Laden wir die Jungs doch mal ein, bei uns zu spielen. Dann haben wir zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen, denn: Der Sänger von denen ist ja auch Journalist und kann dann gleich über die Veranstaltung schreiben. Wir sind also auf jeden Fall in der Zeitung.“ Aber wie auch immer: Im Forum zu spielen, das war und ist einfach etwas Besonderes! Großartig! Da warst du damals schon stolz wie Bolle!
Nach diesem „damals“ kamen irgendwann die Höhner…
Ja. Unter der Konzertdirektion Otto Hofner haben wir irgendwann damit begonnen, regelmäßig Konzerte im großen Saal zu spielen. Und das machen wir ja immer noch – mit den Weihnachtskonzerten. Das gehört dazu.
Was ist für Sie das Besondere am Forum – im Gegensatz zu anderen Veranstaltungshallen?
Na, allein dieser weiße Teppich im Saal – das ist ja schon was Erhabenes! Das ist kein Pepitamuster wie anderswo. Nein: Im Forum ist das ein unfassbar edler Teppich, der immer sauber aussieht – obwohl er ja im Winter eigentlich regelmäßig eingesaut werden muss. Und dann dieses futuristische Gebilde: der Theatersaal! Wie das Raumschiff Orion. (lacht) Und mit einer fantastischen Akustik!
Nur im Terrassensaal haben die Erbauer früher leider all das falsch gemacht, was man aus Sicht eines Musikers falsch machen kann: Da gibt es nur glatte Flächen: Glas, Säulen, Wände. Flächen also, an denen der Schall extrem reflektiert wird. Und das bekommst du als Beschaller nie in den Griff. Aber das ist ein Fehler, der schon in vielen Hallen gemacht wurde – weil oftmals leider nur auf die Architektur geachtet wurde. Niemand kam mal auf die Idee, einen Musiker zu fragen, was denn sinnvoll wäre, damit ein Saal gut klingt. Ein weiteres Beispiel dafür ist etwa die Lanxess-Arena in Köln: Da war es ja unheimlich wichtig, Logen einzubauen. Und die mussten verglast werden. Kann man ja auch verstehen: Die Leute sollen schließlich etwas sehen.
Aber seitdem haben alle Künstler ein Riesenproblem, diese Halle zu beschallen. Mehr Reflexion geht nicht. Den Gestaltern des Forums kann man dagegen wenigstens noch zu Gute halten, dass sie damals wohl einfach nicht damit rechneten, dass im Terrassensaal einmal so viele Veranstaltungen mit Musik stattfinden würden.
Beenden Sie bitte einmal den folgenden Satz: Das Forum ist…
…das, was die Kölner mit ihrem Uraltgebäude, dem Gürzenich, haben: Die gute Stube. In Leverkusen als reiner Industriestadt gab es eben lange nicht die Möglichkeit, auch mal große Veranstaltungen bieten zu können. Das Erholungshaus oder die Stadthalle waren immer zu kein. Leverkusen brauchte damals einfach ein großes Haus. Und wenn man sieht, was da in all den Jahrzehnten seitdem passiert ist: Mein lieber Schwan! Allein die Jazztage! Durch die hat das Forum ja schon in vielen Länder der Welt in den Wohnzimmern stattgefunden.
Die beste Veranstaltung, die sie dort je gesehen haben war welche?
Also, ich fand das erwähnte Konzert von Ekseption schon sensationell. Dieser Keyboarder Rick van der Linden, der mit wallenden Haaren und Plateauschuhen auf die Bühne kam, um an der Hammondorgel irgendwelche Sachen von Bach zu spielen, der war für einen jungen Menschen, wie ich es damals war, ein Gott! Da stand man dann als angehender Musiker, als Lehrling quasi, mit großen Augen im Saal und dachte nur: „Das ist ja unfassbar!“
Aber ehe ich es vergesse. Was noch bemerkenswert ist am Forum: Dass direkt daneben ein Investor so ein großes Hotel gebaut hat! Das war damals schon was Besonderes. Da konntest Du früher nämlich für sechs Mark frühstücken – auch, wenn Du kein Hotelgast warst. Ich weiß das noch ganz genau, denn ich bin ja auch mal eine Zeit lang Taxi gefahren. Und wir sind damals nach einer Nachtschicht immer in dieses Hotel rein, um früh morgens etwas zu essen. Die Hotelgäste waren jedenfalls immer ganz schön verwundert, wenn da so eine Horde ausgehungerter junger Leute ankam und sich an den Tisch nebenan setzte.