Leverkusen – „Endlich!“ Dieses Wort, mal ein Seufzer, mal fast schon ein Schlachtruf, war das meist bemühte an diesem Tag, an dem der Campus Leverkusen der Technischen Hochschule Köln offiziell seine Eröffnung feierte. Endlich. Die Wissenschaftsministerin des Landes war angereist, der Oberbürgermeister sprach sein Grußwort, handverlesene Gäste aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik sowie einige Studierende waren dabei, als es im großen Hörsaal mit angemessener Bedeutsamkeit zur Sache ging.
Campus Opladen: Viele Jahre Wartezeit
Viele Jahre hatten alle Beteiligte auf diesen Moment gewartet, auf die Verwirklichung der seit 2008 gehegten Pläne eines modernen Hochschulstandortes in Leverkusen. Erst die Planungen, dann die Genehmigungen, dann die Finanzierung, schließlich Lieferengpässe und Fachkräftemangel hatten das Vorhaben verzögert.
Professor Matthias Hochgürtel, Dekan für die in der Neuen Bahnstadt Opladen eingezogene Fakultät für Angewandte Naturwissenschaften, bat dann auch die Vertreterinnen und Vertreter der Studentenschaft um Entschuldigung: Zu vielen Erstsemestern habe er versprochen, ihren Studienabschluss im modernen neuen Campus abzulegen. Zu viele habe er enttäuschen müssen.
Schließlich musste seine Fakultät einige Jahre mit einem Provisorium leben, war seit 2010 im Leverkusener Chempark untergebracht. Das sei zwar technisch einwandfrei gewesen, daran wollte niemand Zweifel aufkommen lassen, doch mal eben zu Besuch zu kommen, war angesichts strenger Zugangskontrollen auf dem Werksgelände kaum möglich, der Dialog kam zu kurz. Gerade das soll das neue Gebäude aber befördern, dessen konsequente Architektur im Sinne industrieller Gestaltung neben Beton und Edelstahl auch von viel Glas geprägt ist und Transparenz veranschaulichen soll.
Endlich also. Aber so lange dürfe man fortan nicht mehr warten dürfen, betonte NRW-Wissenschaftsministerin Ina Brandes (CDU) in ihrer Rede zur Eröffnung. Nicht mehr als zehn Jahre dürften solche öffentlichen Bauten in der Umsetzung dauern, dann seien die Pläne schon überholt und die Kosten gestiegen. Das müsse auch in vier bis sechs Jahren umsetzbar sein, darauf wolle sie drängen. Im Fall des Campus in Opladen habe sich das Warten allerdings gelohnt: „Es ist schön geworden.“
Die „wunderschöne Architektur“ lobte auch Oberbürgermeister Uwe Richrath, der die Transformation des früheren Industriestandortes in Opladen zu einem Wissensstandort feierte, der dem Chemiestandort Leverkusen guttue. Wie die Ministerin vor ihm spielte auch er auf die glänzenden Beschäftigungschancen künftiger Absolventen der TH Köln in Leverkusener Unternehmen an.
Über 750 Studierende zählt die Fakultät für angewandte Chemie in Leverkusen aktuell, die aus 50 Ländern stammen und regional aus einem Einzugsbereich von Bonn bis Düsseldorf. 80 Beschäftigte der Fakultät kommen hinzu. Green Chemistry, industrielle Synthesechemie, Umweltanalytik und Arzneimittelentwicklung heißen ihre Arbeitsschwerpunkte, nachhaltige Klebstoffe, virusbasierte Medikamente und eine ressourcenschonende Betonherstellung sind Beispiele aktueller Forschungsprojekte.
Praxisnahe Projekte, die einen guten Berufseinstieg befördern sollen. Übrigens ist das schon lange keine Männerdomäne mehr: Gut die Hälfte der Studierenden in diesem Zweig sind Frauen, wie Professor Hochgürtel unterstreicht. Nur bei den Lehrkräften gebe es da noch Verbesserungsmöglichkeiten.
Wie hochmodern der Campus Leverkusen ausgestattet ist, wird den Gästen der Eröffnungsfeier bei einem Rundgang vor Augen geführt, bei dem nicht nur die top ausgestatteten Laborräume mit ihren deutlich aufgerüsteten Belüftungsanlagen vorgeführt werden, sondern auch Hörsäle und Seminarräume, Computerräume, eine Mensa und die Learning Library Lounge. Diese soll, anders als gewohnte Hochschul-Bibliotheken, in denen nur geflüstert wird, ein Ort des regen Austauschs unter den Studierenden und mit Lehrkräften und Tutoren sein.
Am 20. September hat der Campus bereits seinen Betrieb aufgenommen. „Wir starten mit Volldampf ins Wintersemester“, so Dekan Hochgürtel. Und Professor Stefan Herzig, Präsident der über 25.000 Studierende zählenden TH Köln, wünscht sich für diese Fakultät ein „noch besseres Gedeihen in neuer Umgebung“. Der Wille, Dinge an anderer Stelle anders zu tun, sei vorhanden, die Erfolgsvoraussetzungen seien geschaffen. Endlich.