AboAbonnieren

Zwischen Sehnsucht und AngstSo lief Weiberfastnacht in der Opladener Brauchtumszone

Lesezeit 4 Minuten
opladen stadtschänke

In der Stadtschänke in Opladen wurde ausgelassen gefeiert.

Leverkusen – Schon vor Weiberfastnacht war die Situation bizarr – 2G-Plus, abgesteckte Brauchtumszonen und die Sorge, dass der Karneval zum Superspreader-Event werden könnte. Doch am Donnerstagmorgen, als die Leverkusener Jecken wahrscheinlich gerade ihre ersten Berliner beim Bäcker besorgt haben, sollte die Atmosphäre endgültig ins Absurde kippen. Es herrscht wieder Krieg in Europa. Und gleichzeitig soll Karneval gefeiert werden. Geht das?

In der Opladener Brauchtumszone schwankte die Stimmung zwischen Verunsicherung ob der weltpolitischen Lage und der großen Sehnsucht, endlich wieder Karneval zu feiern.

Wenig Karnevalsstimmung am Morgen

Am Morgen war allerdings von Karnevalsstimmung noch nicht viel zu sehen. Nur wenige verkleidete Jecken trieben sich in der Fußgängerzone und der Kölner Straße herum, während sich ein paar Grüppchen auf dem Weg zum Bahnhof machten, um nach Köln zu fahren.

opladen bz1

Drei junge Jecken in der Opladener Fußgängerzone an Weiberfastnacht.

Auch auf dem Marktplatz war die Anzahl der Jecken überschaubar. Miriam Adamek und Sarah Schneider teilten sich dort um halb 12 das erste Kölsch des Tages. Auf der einen Seite zeigten sie sich enttäuscht darüber, dass nicht viel los sei in Opladen. Auf der anderen Seite seien sie auch nicht traurig „den Tag heute nicht in großen Menschenmassen zu verbringen“, sagte Adamek.

Kriegsangst bei den Älteren

Zusammen wollten die beiden 19-Jährigen in eine Kneipe weiterziehen. Ganz ausgelassen war die Stimmung auch wegen den Ereignissen in der Ukraine bei ihnen aber nicht. Und trotzdem: „Es bringt ja auch nichts, wenn wir uns zu Hause einsperren“, sagte Schneider. Zumindest ein Mindestmaß an Anstand sei aber wichtig: „Wir haben auch schon verkleidete Leute in Soldatenuniform rumlaufen sehen. Das ist unangebracht und dumm.“

Auch die Stimmung unter den Händlern auf dem Marktplatz war gedämpft. Aus einer Pommesbude ertönte Karnevalsmusik, hinter ein paar Ständen sah man verkleidete Verkäufer. Das beherrschende Thema war aber ein anderes, wie Christiane, die ihren Nachnamen nicht in der Zeitung lesen will, erzählt: „Gerade bei den älteren Kunden herrscht Angst. Die denken in ganz anderen Dimensionen und wissen was Krieg bedeutet.“ Sie selbst werde heute nicht feiern, „aber meine drei Kinder im Pubertätsalter sind unterwegs. Das heißt: ich werde die heute Nacht mit dem Auto einsammeln dürfen.“

Krieg Thema in Opladener Schule

Kurz nach 13 Uhr war dann für die meisten Schüler des Landrat-Lucas-Gymnasiums, das direkt am Marktplatz liegt, Schulschluss. Viele der Schüler strömten verkleidet aus dem Gebäude. Aus Bluetooth-Lautsprechern tönten Brings und Kasalla. Zwei Oberstufenschülerinnen wollten mit ihren Freundinnen nach Köln auf die Zülpicher Straße. Dass sie überhaupt verkleidet in der Schule auftauchen würden, war lange nicht klar: „Die Schulleitung hat zuerst verboten, dass wir uns verkleiden. Aber dagegen haben wir Unterschriften gesammelt und uns letztendlich durchgesetzt“, sagte eine. Verboten seien aber weiterhin militärische Verkleidungen.

„Das finde ich richtig“, so die andere. Die Stimmung in der Schule war aufgrund der Ereignisse in der Ukraine angespannt. „Wir haben im Unterricht viel darüber diskutiert“, erzählte die Schülerin. „Ich finde es aber in Ordnung heute Karneval zu feiern. Wir können an der Situation ja nichts ändern.“

Das könnte Sie auch interessieren:

In den Kneipen geschunkelt wurde in Opladen auch – zumindest in der Stadtschänke hatten sich einige Karnevalisten versammelt und zu kölschen Musikklassikern gefeiert. Danila Röben freute sich über die ausgelassene Stimmung. „Das ist meine Stammkneipe, deswegen unterstütze ich die heute natürlich gerne.“ Mit Test und Impfung fühle sie sich in der brechend vollen Stadtschänke sicher.

Betreiber Robert Rademacher freute sich ebenfalls über das bunte Treiben. „Wir haben heute morgen wegen den Ereignissen in der Ukraine schon überlegt, ob wir aufmachen sollen. Aber die Leute haben nach zwei Jahren einfach große Lust auf Karneval und die kann man ihnen nicht nehmen. Die können ja auch nichts dafür.“

Ob die Leverkusener Karnevalisten auch in den nächsten Tagen noch ausgelassen Karneval feiern können, ist aktuell nicht klar. In Köln wurde der Rosenmontagszug schon abgesagt. Thomas Lingenauber, Präsident des Festausschuss Leverkusener Karneval, kündigte gegenüber dem „Leverkusener Anzeiger“ an, dass am Donnerstagabend ein Krisentreffen mit den Karnevalsgesellschaften ansteht. Ob etwa die geplante Open-Air-Party am Samstag wie geplant stattfindet, ist unklar.