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Brandbrief zum Kita-NotstandLeverkusens OB sendet Forderungen an Familienministerin

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Uwe Richrath unterhält sich bei einer Demonstration gegen den Kitanotstand mit

Uwe Richrath unterhält sich bei einer Demonstration gegen den Kitanotstand mit Eltern.

Die Stadtoberen machen konkrete Vorschläge und stoßen mit einer Formulierung Elternvertreter vor den Kopf.

Oberbürgermeister Uwe Richrath und Stadtdirektor Marc Adomat haben einen Brief an Bundesfamilienministerin Lisa Paus geschrieben. Es ist ein Hilferuf mit konkreten Forderungen, um die Notlage in der Kinderbetreuung zu mildern.

Drei Forderungen stehen dabei im Zentrum. Als Erstes solle die Bundesregierung die Umsetzung des „Aachener Modell“ erlauben. Dies sieht vor, dass mehr Menschen, die keine gelernten Erzieherinnen oder Erzieher sind, in den Kitas eingesetzt werden dürfen, etwa zur Hilfe beim An- und Ausziehen, beim Essen oder für Verwaltungsaufgaben.

Kinderpflegerinnen mehr einbeziehen

Außerdem wünschen sich die Stadtoberen, dass Kinderpflegerinnen zumindest in Notsituationen analog zu Erzieherinnen eingesetzt werden dürfen. „Diese Kinderpflegerinnen haben durchaus die Fähigkeiten, in schwierigen Situationen gemeinsam mit den Erzieherinnen den Betrieb eines Kindergartens problemlos aufrechtzuerhalten“, schreibt Richrath. Der Arbeitsmarkt gebe aktuell mehr Möglichkeiten her, Kinderpfleger einzustellen, während Erzieher kaum zu bekommen sind. „Wir sind zutiefst davon überzeugt, dass diese Lösung wirklich allen Kommunen am Ende des Tages helfen wird, um den von den Eltern zu Recht eingeforderten Betreuungsbedarf erfüllen zu können.“

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Abkehr von der Vollzeitbetreuung

Als dritte Maßnahme fordern Richrath und Adomat, dass die Regierung entweder selbst Regeln vorgibt oder der Kommune das Recht einräumt, für die Vergabe von personalintensiven 45-Stunden-Betreuungsplätzen Nachweise über den Umfang der Berufstätigkeit einfordern zu dürfen. „Aktuell können alle Eltern jeden Stundenumfang in einer Kita buchen und seitens der Verwaltung kann hier kein Veto eingelegt werden“, klagen sie.

Hier geht es zum Teil um existenzielle Probleme, die bis hin zum Verlust des Arbeitsplatzes gehen könnten
Uwe Richrath und Marc Adomat in ihrem Brief an die Familienministerin

Um ihre Forderungen zu untermauern, schickt die Stadtverwaltung Beschwerdeschreiben von Eltern im Anhang mit. „Hier geht es zum Teil um existenzielle Probleme, die bis hin zum Verlust des Arbeitsplatzes gehen könnten“, heißt es in dem Brief. Diese Frustration gehe auch zulasten der Mitarbeitenden. Außerdem schildern die Verantwortlichen, was sie in Leverkusen bereits getan haben, um die Situation zu verbessern, etwa die Höhergruppierung aller Erzieherinnen in städtischen Kitas. „Mit dieser Maßnahme erhoffen wir uns, dass wir die vorhandenen Erzieherinnen dauerhaft halten können.“ Zusätzlich biete die Stadt eine Qualifizierung für Kinderpflegerinnen an, sodass diese im Anschluss auf Fachkraftstellen eingesetzt werden könnten.

„Mit diesen Maßnahmen ist allerdings noch keine abschließende Lösung für extreme Problemsituationen gefunden.“ Hinzu komme, dass Betreuungseinschränkungen sich auch auf den Fachkräftemangel in anderen Berufszweigen auswirken. „Daher müssen wir hier gemeinsam zwingend Anstrengungen unternehmen, um die Situation durch improvisierte Maßnahmen zumindest für eine Übergangszeit in den Griff zu bekommen.“

Ärger beim Stadtelternrat

Einige Formulierungen in dem Brief allerdings haben für Unmut beim Stadtelternrat (SER) gesorgt. In Bezug auf den Anspruch auf einen 45-Stunden-Platz, schreibt die Stadt: „Die Frage nach einer Solidarität untereinander haben wir bereits mehrfach aufgeworfen, stellen aber fest, dass diese gewünschte Solidarität bei den Eltern naturgemäß nicht existiert.“

Der Stadtelternrat weise „diese Unterstellungen auf das Entschiedenste zurück“, entgegnet die Vorsitzende Anja Brandl. „In den letzten Monaten haben wir immer wieder große Solidarität unter den Eltern erlebt, wenn es darum ging, sich bei Betreuungsausfällen gegenseitig zu unterstützen.“ Was die Betreuungsplätze anbelangt, stünden Eltern hingegen häufig vor der Wahl, entweder einen 45-Stunden-Platz anzunehmen oder schlichtweg gar keinen Kitaplatz zu bekommen, da zwei Drittel aller Kitaplätze in Leverkusen mit einem Betreuungsumfang von 45 Stunden angeboten würden.

Alle Eltern unter Generalverdacht zu stellen, sie würden auf Kosten anderer bei beitragsbefreiten Kitaplätzen besonders viele Stunden belegen, ist mehr als schlechter Stil
Anja Brandl, Vorsitzende Stadtelternrat

Die Stadt schreibt auch, dass die beiden kostenfreien Vorschuljahre dazu beitragen würden, dass Eltern unabhängig vom Bedarf den größtmöglichen Betreuungsumfang wählen und fordert stattdessen kostenfreie 25-Stunden-Plätze. „Alle Eltern unter Generalverdacht zu stellen, sie würden auf Kosten anderer bei beitragsbefreiten Kitaplätzen besonders viele Stunden belegen, ist mehr als schlechter Stil“, kritisiert Vera Reichel die Unterzeichner des Briefes. Um einen Gesamtüberblick über die tatsächlichen Betreuungsbedarfe zu erhalten, hat der SER kürzlich eine Elternumfrage durchgeführt, deren Ergebnisse in den nächsten Wochen vorgestellt werden sollen. Und vom Oberbürgermeister fordert er eine „Richtigstellung zu den vorgebrachten Vorwürfen gegenüber der Elternschaft.“

Die Stadtoberen enden ihren Brief an Ministerin Paus mit dem Angebot, Leverkusen für einen Pilotversuch mit den vorgeschlagenen Maßnahmen zur Verfügung zu stellen. „Es muss uns in der kommunalen Familie mit Ihnen als Ministerin gemeinsam gelingen, den Eltern wieder eine Garantie für eine sichere Betreuung und damit Sicherheit des Arbeitsplatzes zu geben.“