Die Vorgänge nach dem Feuer in einem Abfallbunker zeigen: In der Sondermüllverbrennung liegt noch vieles im Argen.
Kommentar zum Brand in BürrigCurrenta lebt die geforderte Sicherheitskultur nicht
Viel war von einer neuen „Sicherheitskultur“ die Rede, die nach der Katastrophe vom Sommer 2021 bei Currenta in Bürrig „gelebt“ werden sollte. Ein neues Denken sollte, so hat es der Sicherheitsexperte Christian Jochum, immer wieder gesagt, Voraussetzung dafür sein, dass die Anlage, in der sieben Menschen ihr Leben verloren, wieder angefahren werden kann.
Mit Blick auf den 5. und 6. Januar muss man zweifeln, ob diese Bedingung erfüllt ist: Am Donnerstag bricht ein Feuer aus an dem Ofen, der seit vorigen Juni wieder in Betrieb ist. Ursache: bis heute ungeklärt. Am Freitag fährt Currenta einen zweiten Ofen an, in dem Abwässer verbrannt werden, die kein Klärwerk verkraftet. Erstaunlich schnell – nämlich nach nicht mal 24 Stunden – war nicht nur die Genehmigungsbehörde, sondern auch der selbsternannte Sicherheitsapologet Jochum mit dem Feuer fertig: hat mit dem zweiten Ofen nichts zu tun, der kann unverzüglich angefeuert werden.
Die Anlage muss als Ganzes betrachtet werden
Aus technischer Sicht mag dieses Urteil womöglich vertretbar sein. Sofern man die Teile der Bürriger Verbrennung für alle möglichen extrem gefährlichen Stoffe isoliert betrachtet und nicht die Anlage insgesamt. Wer sich aber an den Ablauf der Katastrophe vom 27. Juli 2021 erinnert, kommt nicht um die Erkenntnis herum, dass in dem Konglomerat aus Öfen, einem Klärwerk und einer Giftmülldeponie, die noch dazu auf einer gefährlichen alten Kippe direkt am Rhein liegt, im Unglücksfall vieles miteinander verquickt ist. Man denke nur an den tagelangen Ausfall der Pumpen, mit denen das giftige Deponie-Sickerwasser vom Rhein ferngehalten werden muss.
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Dazu kommt – wieder einmal –, dass Currenta sich kein bisschen um Aufklärung bemüht. Den detaillierten Ablauf des Feuers im Abfallbunker hat der Betreiber bis heute nicht zugänglich gemacht. Bürger, die etwas wissen wollen, sind bei der Bezirksregierung besser aufgehoben. Wie der Chempark-Betreiber mit Störfällen in Bürrig umgeht, bleibt nicht nur bedenklich. Es ist völlig inakzeptabel im Licht der größten Chemie-Katastrophe seit mindestens dem Zweiten Weltkrieg.
Doch nicht nur Currentas Umgang mit dem Feuer vom 5. Januar zeigt, dass es mit der „gelebten Sicherheitskultur“ in Bürrig nicht weit her ist. Das auffallend schnelle Abhaken der Angelegenheit durch diejenigen, die dem Chempark-Betreiber auf die Finger schauen sollen, läuft dem immer wieder propagierten Ziel zuwider, Vertrauen bei den Anrainern wiederzugewinnen. Die erste Woche des Jahres war keine gute für die doch so notwendige „Industrieakzeptanz“ in Leverkusen.