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Absurde Auswirkung von AutobahnausbauA3 soll dieses Doppelhaus halbieren

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Die rechte Hälfte des Doppelhauses am Ende der Alsenstraße wird abgerissen, damit die Autobahn breiter werden kann.

Leverkusen – Das kann noch ziemlich brutal werden beim Autobahn-Ausbau im Leverkusener Stadtgebiet. Zum Beispiel bei der vom Bundesverkehrsministerium geplanten Verbreiterung der A3 zwischen dem Leverkusener Kreuz und der Autobahnausfahrt am Willy-Brandt-Ring. Nachdem der skandalumwitterte Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) die Entscheidung für eine Verbreiterung der Autobahn in der bisherigen Lage hat treffen lassen und keinerlei Bereitschaft erkennen lässt, die gegenteilige Meinung der Stadt Leverkusen anhören zu wollen, hat der Leverkusener Stadtrat einmütig den Entschluss gefasst, sich quer zu stellen: Um sich gegen die Autobahnpläne zu wehren, soll jedwede Zusammenarbeit mit den Bundesbehörden bei der Umsetzung verweigert und sollen alle rechtlichen Möglichkeiten dagegen ausgeschöpft werden.

Doch diese Möglichkeit, sich als staatliche Behörde gegen staatliches Handeln zu stellen, scheint doch sehr eingeschränkt zu sein. Ein verhältnismäßig kleines, aber dramatisches Beispiel führt das vor Augen. Es geht um den Abriss einer Doppelhaushälfte am Ende der Alsenstraße, unmittelbar vor der Lärmschutzwand der A3. Die ragt an dieser Stelle, hinter den Parkplätze für die Berufsschulen an der Bismarckstraße, sechs Meter in die Höhe. Unmittelbar daneben steht noch eine Garage – und ein Doppelhaus. Das soll weichen, wenn die Autobahn an dieser Stelle eine weitere Fahrspur in Richtung Frankfurt bekommen soll. Jedenfalls zur Hälfte: Nur das Haus Nummer 19 soll abgerissen werden.

Es droht schon 20 Jahre

Seit fast zwei Jahrzehnten droht diese Verdrängung. Die Anwohner, tagtäglich an das Brausen des Verkehrs gewöhnt, waren darauf gefasst. Sie haben das Feld längst geräumt. Das Haus Alsenstraße 19, 1936 gebaut, ist von der bundeseigenen Autobahn GmbH gekauft worden. Es steht leer und ist eingezäunt. „Betreten der Baustelle verboten“ ist angeschlagen. Mitte März hat die Autobahn GmbH die Stadt Leverkusen über den Hauserwerb informiert und darüber, dass es im Sommer abgerissen werden soll.

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Geht gar nicht, meinte die Stadt erst einmal in dem Gremium, in dem sich vor allem Politik und Verwaltung mit dem Autobahnausbau befassen: „Der Projektbeirat spricht sich dafür aus, keine Abbruchgenehmigung für das Objekt Alsenstraße 19 zu erteilen, sofern ein entsprechender Antrag gestellt wird.“

Doch so einfach wie der Projektbeirat sich den Widerstand gegen den Bund vorstellt, ist die Sache nicht, wie das Leverkusener Bauaufsichtsamt eingestehen muss: „Von Seiten der Bauaufsichtsbehörde gibt es hinsichtlich der geplanten Beseitigung des Gebäudes Alsenstraße 19 zur Vorbereitung des Ausbaus der BAB 3 wenig Steuerungsmöglichkeiten. Nach § 62 Absatz 3 der Bauordnung NRW 2018 ist die Beseitigung von Anlagen nicht baugenehmigungspflichtig. In bestimmten Fällen ist der Durchführung der Maßnahme lediglich ein Anzeigeverfahren vorgeschaltet. Dies ist für den Abbruch der hier in Rede stehenden Doppelhaushälfte der Fall. Der Eigentümer hat mindestens vier Wochen vor der beabsichtigten Maßnahme die Beseitigung des Gebäudes anzuzeigen. Ist die Anzeige –wie beschrieben –vollständig und ohne Mängel, bestätigt die Bauaufsichtsbehörde den Eingang.“

Das Fazit der städtischen Baubehörde ist ernüchternd: „Da weder ein Abbruchantrag durch die Autobahn GmbH noch eine Genehmigung des Abbruchs durch den Fachbereich Bauaufsicht erforderlich sind, kann der Beschlussempfehlung des Projektbeirates an den Rat nicht gefolgt werden. Die Bauaufsichtsbehörde hat die Anzeige der Beseitigungsmaßnahmeumgehend nach Eingang bzw. Erhalt der nachgeforderten Unterlagen zu erteilen.“ Sollte ein politisches Gremium in Leverkusen eine andere Entscheidung treffen, müsste diese sogar – weil rechtswidrig – umgehend beanstandet werden.

Lebendig begraben

Dem Abriss der östlichen Haushälfte steht damit rechtlich nichts mehr im Wege. Wie die Menschen im anderen Teil des Hauses weiter wohnen sollen, das dann abgestützt und stabilisiert neben einer bedrohlich näher gerückten Lärmschutzwand an der Autobahn stehen würde, steht auf einem ganz anderen Blatt. Schon jetzt wirft die Betonwand morgens ihren Schatten auf das Gebäude. „Wenn die näher kommt, sind wir hier lebendig begraben, so dunkel wird es“, sagte eine frühere Bewohnerin schon vor ein paar Jahren. 15 Jahre später erscheint dies als ausgemachte Sache.