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„Man nimmt uns die Arbeit“Leverkusener Bauamts-Mitarbeiter demonstrieren gegen CDU-Pläne

Lesezeit 4 Minuten
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter empfingen die Verwaltungsspitze um OB Uwe Richrath vor dem Forum.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter empfingen die Verwaltungsspitze um OB Uwe Richrath vor dem Forum.

Die CDU will Schulen und Kitas nicht mehr vom Bauamt, sondern von der Stadttochter SWM bauen lassen.

Es rumort im Rathaus Leverkusen. Nachdem die CDU am Dienstag vorgeschlagen hat, demnächst neue Schulen und Kitas nicht mehr von der Stadt, sondern von der Stadttochter SWM (Stadtteilentwicklungsgesellschaft Wiesdorf/Manfort) bauen zu lassen, demonstrierten am Donnerstagmittag zahlreiche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der städtischen Gebäudewirtschaft vor einer Personalratsversammlung am Forum.

Dutzende waren eine halbe Stunde vor der Versammlung gekommen, trugen weiße Helme und laminierte Plakate, auf denen Bauprojekte abgebildet waren, um die sie sich in den vergangenen Jahren gekümmert hatten. „Der Antrag greift massiv in unseren Arbeitsbereich ein“, sagt eine leitende Mitarbeiterin, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte.

Die Mitarbeiter der Gebäudewirtschaft fürchten um ihre Jobs.

Die Mitarbeiter der Gebäudewirtschaft fürchten um ihre Jobs.

Mit dem Antrag meint sie einen Vorstoß der Leverkusener Christdemokraten. Die CDU hatte am Dienstag nicht nur bekanntgegeben, ebenfalls die Task Force auflösen zu wollen, sondern auch den Vorschlag gemacht, „Neubauten und große Sanierungen von Schulen und Kitas künftig unter dem Dach der Stadtteilentwicklungsgesellschaft Wiesdorf/Manfort (zukünftig: Stadtentwicklungsgesellschaft) umzusetzen“. Außerdem soll die Stadt nicht mehr die Trägerschaft für neue Kitas übernehmen, stattdessen will man ausnahmslos auf freie Träger setzen, die Kitas in der Regel wirtschaftlicher betreiben könnten, so die CDU.

„Wir sind voll in Schwung, für die Stadt wäre das eine Katastrophe“, sagt die Mitarbeiterin weiter. Denn das, was die CDU vorhabe, so die einhellige Meinung unter den Anwesenden funktioniere nicht. „Die Kompetenz ist hier“, sagt ein anderer Mitarbeiter und zeigt auf seine Kolleginnen und Kollegen. „Die andere Gesellschaft (die SWM, Anm. d. Red.) hat selbst noch keinen Stein gesetzt“, sagt er weiter. Und Schulbauten seien komplex, das mache man nicht mal eben einfach so.

Die SWM steht in der Kritik bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

Die SWM steht in der Kritik bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

„Es geht auch um die Art und Weise“, beschreibt die andere Angestellte weiter. Man habe von dem Antrag aus der Zeitung erfahren. „Das hat die Leute auf die Palme gebracht.“ Sehr kurzfristig habe man also diese Protestveranstaltung organisiert. Das Baudezernat um Leiterin Andrea Deppe war in der Vergangenheit häufiger in die Kritik geraten. Die Mitarbeiter verteidigen aber ihre Arbeit: „Wir haben noch nie so viel verbaut wie in diesem Jahr“, sagt einer. Hochwasser, Unterbringung von Geflüchteten – all das haben man noch zusätzlich gemeistert.

220 Menschen arbeiten in der städtischen Gebäudewirtschaft, sagt deren Fachbereichsleiterin Maria Kümmel. Sie fragt sich, wie es weitergehe, wenn so ein Antrag einmal beschlossen und die Zuständigkeiten an die SWM vergeben seien. Gingen die 47 Grundstücke für Schulen und Kitas dann auch an die Gesellschaft, was passiere mit Mitarbeitern, die nicht unmittelbar mit dem Bau zu tun hätten. Mit Hausmeistern zum Beispiel. „Bei 80 Prozent unserer Arbeit geht es um Kitas und Schulen“, so Kümmel.

Maria Kümmel ist die Fachbereichsleiterin der Gebäudewirtschaft.

Maria Kümmel ist die Fachbereichsleiterin der Gebäudewirtschaft.

„Man nimmt uns die Arbeit“, wird eine Mitarbeiterin sehr deutlich. In der freien Wirtschaft würden die Ingenieure sicher schnell einen Job finden. Die würde man dann verlieren, glaubt sie.

Als die Verwaltungsspitze den Platz vor dem Forum betritt, halten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Schilder besonders hoch. Die Stimmung ist absolut friedlich, von Feindseligkeit keine Spur. Der Protest der Leute richtet sich auch nicht gegen die Verwaltung, sondern den CDU-Antrag, das macht Maria Kümmel deutlich, als sie mit den Dezernenten Andrea Deppe, Alexander Lünenbach und OB Uwe Richrath ins Gespräch kommt.

„Es ist gut, dass das so dargestellt wird“, sagt Baudezernentin Deppe. „Um zu zeigen, was das mit den Menschen macht.“ OB Richrath sagt: „Das ist ein Schlag gegen ihre Arbeit.“ Die Mitarbeiter leisteten seit Jahrzehnten gute Arbeit in der Gebäudewirtschaft, sagt er.

Fachbereichsleiterin Maria Kümmel im Gespräch mit dem OB. Auch die Dezernenten Alexander Lünenbach und Andrea Deppe gingen mit den Demonstrierenden ins Gespräch.

Fachbereichsleiterin Maria Kümmel im Gespräch mit dem OB. Auch die Dezernenten Alexander Lünenbach und Andrea Deppe gingen mit den Demonstrierenden ins Gespräch.

CDU-Fraktionsvorsitzender Stefan Hebbel, der auch im Aufsichtsrat der SWM sitzt, teilt auf Anfrage des „Leverkusener Anzeiger“ mit: „Wir nehmen die Sorgen und Befürchtungen der Menschen natürlich ernst. Und ich stehe auch gern für Gespräche bereit.“ Er würde sich gern die Argumente der städtischen Mitarbeiter anhören und seine darlegen.

Er betont, dass es bei dem CDU-Antrag nicht um die Qualität der geleisteten Arbeit gehe. Die hätten die Angestellten immer bewiesen. „Aber wir müssen gucken, wie wir in Zukunft überhaupt noch Schulen und Kitas bauen können, ohne dass uns der Haushalt um die Ohren fliegt“, sagt er.

Letztlich geht es also darum, die Schul- und Kitbauten aus der Bilanz rauszuhalten. Hebbel nennt ein Beispiel aus der Vergangenheit zum Vergleich. Als man 2010 oder 2011 den U3-Anspruch sicherstellen musste, habe auch die WGL die ersten Kitas gebaut.

Die Stadtteilentwicklungsgesellschaft Wiesdorf/Manfort betreut als 100-prozentige Stadttochter bislang fünf Projekte: die Umgestaltung der City C, das Bahnhofsquartier, den Berufsschulcampus an der Bismarckstraße, das „Businessquartier“ an der Niederfeldstraße und „Corner 82“, das ehemalige Kaufhof-Gebäude.

Interessant dürfte auch die Rolle von Stadtkämmerer Michael Molitor werden. Der ist nicht nur Teil des Verwaltungsvorstands, sondern auch einer der beiden Geschäftsführer der SWM. Molitor suchte während der Demo nicht das Gespräch mit den Mitarbeitern, sondern ging gleich ins Forum.