„Ich halte das nicht noch eine Woche aus“, klagt Brigitte Lisse am Donnerstag. Die 65-jährige Leverkusenerin wohnt da seit einer guten Woche in einer 16 bis 17 Grad kalten Wohnung. Was für andere Menschen häufig bloß unangenehm ist, bedeutet für Lisse verkrampfte Muskeln und starke Schmerzen. Heizen kann sie da noch nicht. Die Zentralheizung in ihrem Wohnhaus in der Bensberger Straße am Rand der Waldsiedlung in Schlebusch ist noch ausgeschaltet.
Am Mittwoch, 14. September, sank die Temperatur in Brigitte Lisses Wohnung das erste Mal unter 18 Grad Celsius. Einen Tag später meldete sie das bei ihrem Vermieter Vivawest, berichtet sie. Lisse hat Multiple Sklerose (MS), eine entzündliche Erkrankung des Zentralen Nervensystems. Sie führt zu motorischen Einschränkungen. Sowohl Hitze als auch Kälte verstärken die Symptome.
Die 65-Jährige ist also auf eine Heizmöglichkeit angewiesen. Eine Woche nach ihrer Meldung an Vivawest, am Donnerstag, 22. September, sei ihre Heizung noch immer ausgeschaltet und die Wohnungstemperatur zum ersten Mal unter 15 Grad Celsius gesunken.
Seit ihrer ersten Beschwerde bei Vivawest sei sie ständig in Kontakt mit dem Wohnungsanbieter sowie dem beauftragten RHZ-Handwerkzentrum. Als Rückmeldung habe Lisse bekommen, dass das RHZ zu wenig Personal hätte, um sich pünktlich zu kümmern. Eine Antwort, die die Leverkusenerin nicht akzeptieren will.
Bundesregierung hat Bevölkerung im Sommer aufgerufen, Energie zu sparen
Bundesweit soll dieses Jahr das Heizen minimiert werden. Vermieter und Mieter sind von der Bundesregierung gebeten worden, auf ihren Energieverbrauch zu achten. Darauf verweist auch Vivawest auf Anfrage des „Leverkusener Anzeiger“. Das Wohnungsunternehmen habe auf die unsicher gewordene Energieversorgung mit einer schnellstmöglichen Sommerabschaltung geeigneter Gasheizungen reagiert. Betroffene Mieter seien davon informiert worden.
Doch ab einer Raumtemperatur von unter 18 Grad Celsius an drei aufeinanderfolgenden Tagen sind Vermieter verpflichtet, Zentralheizungen anzuschalten, haben Gerichte in der Vergangenheit geurteilt. Ab 15 Grad Celsius in den Räumen muss das sofort geschehen. Die Mieter sollen dann eigenständig einschätzen, ob geheizt werden muss. Eine triftige Begründung für das Heizen ist beispielsweise, wenn die Kälte gesundheitsschädigend ist. All das ist am Donnerstag bei Brigitte Lisse der Fall. Sie hat also Anrecht auf eine eingeschaltete Heizung. Doch sie wartet und wartet.
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Die Handwerker der Vivawest seien seit Mitte September unterwegs, um alle Zentralheizungen wieder in Betrieb zu nehmen, teilt Vivawest mit. Die Umsetzung erfolge laut dem Unternehmen „kurzfristig und schnellstmöglich bis Ende September“. Für Brigitte Lisses Wohnhaus sei eine Einschaltung der Zentralheizung für Mittwoch, 28. September, geplant, teilt das Unternehmen am Donnerstag mit. Das hieße, dass die Leverkusenerin noch eine weitere Woche in einer zu kalten Wohnung leben müsste. Eine weitere Woche, in der sie unter Schmerzen leiden müsste. „Das bringt mir doch nichts“, sagt die Leverkusenerin verzweifelt.
Plötzliche Reaktion der Vivawest nach Presseanfrage
Dann geht plötzlich doch alles ganz schnell. Am Freitagmorgen kommt die RHZ in die Bensberger Straße, meldet Brigitte Lisse anschließend. Die Zentralheizung in dem Wohnhaus wird eingeschaltet. Nun kann sie endlich heizen. Die Rentnerin sei erleichtert und freut sich, ihre Schmerzen lindern zu können, sagt sie. Die plötzliche Reaktion führt sie auf die Anfrage des „Leverkusener Anzeiger“ zurück.