Die Freigabe der Autobahn fand mit geladenen Gästen statt, eine Demo gab es auf der Rheinallee.
Eröffnung der RheinbrückeKritiker des Autobahnausbaus machen ihrem Ärger in Leverkusen Luft
Bei jeder schwarzen gepanzerten Limousine, die an den Demonstranten vorbeifährt, gibt es ein kurzes Pfeifkonzert. Als NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst über die Rheinallee zum Festakt auf die gesperrte Autobahn chauffiert wird, ruft die Rednerin: „Herr Wüst, kommen Sie bitte hierher, wir tun nichts, wir wollen nur reden.“ Die etwa 150 Demonstranten wollen den Festakt zur Freigabe der Autobahnbrücke am Sonntagnachmittag nutzen, um gegen Ausbaupläne von Fernstraßen und für mehr Klimaschutz zu protestieren.
Die Gruppen kommen nicht nur aus Leverkusen, wo ein besonders großer Ausbau der Autobahnen 1 und 3 mitten in der Stadt bevorsteht. Andere, wegen des Fernstraßenausbaus geplagte Initiativen waren aus Bonn, aus Köln, aus Düsseldorf und Wülfrath, sogar aus Bergheim gekommen. In diesen Städten kämpfen Initiativen gegen die ihrer Meinung nach viel zu groß geratenen Autobahn- und Bundesstraßenausbaupläne der Bundesregierung.
Der Plan der Anmelderin Alice Werner von den Leverkusener „Parents for Future“, ihr Anliegen in den überregionalen Medien, im Fernsehen platzieren zu können, geht wohl nur zum Teil auf. Denn die Autobahn GmbH und die Polizei hatten die Demonstration nur auf der Rheinallee zugelassen, nicht auf dem riesigen Autobahn-Stück vor der Leverkusener Brücke, auf dem auch die Eröffnungsreden gehalten werden. Von dort kann man die Demonstration nicht sehen – und auch nicht filmen oder fotografieren.
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Forderung: Ein Moratorium der Autobahnausbauten
Die Gründe, gegen den Ausbau zu sein, sind vielfältig: Den „Parents for Future“ liegen der Klimawandel und die Folgen eines ungebremsten Verkehrswachstums im Magen. Alice Werner erinnert daran, dass der Verkehrsminister per Gesetz dazu verpflichtet sei, den Bundesverkehrswegeplan alle fünf Jahre zu überprüfen, das sei aber seit 2016 nicht geschehen.
Inzwischen gebe es neue Zahlen, die für den alten Plan angenommenen Steigerungen seien überholt. Ihre Forderung ist ein Moratorium beim Ausbau – genug zu tun gebe es für die Autobahn GmbH auch ohne Neubauten. „Die Konzepte für einen klimagerechteren Verkehr liegen auf dem Tisch“, sagt Alice Werner.
Von einer anderen Warte betrachtet der Leverkusener Lungenfacharzt Norbert Mülleneisen die Pläne, die Autobahnen in Leverkusen um das Doppelte auszuweiten. In seiner Praxis zeige sich, dass Leverkusen eine Besonderheit habe: Zwei- bis dreimal so oft müsse er lungenkranke Patienten ins Krankenhaus einweisen, wie seine fachärztlichen Kollegen in Nordrhein. Er habe gemeinsam mit Karl Lauterbach ausgerechnet, dass in Leverkusen jährlich 180 Personen wegen der Luftverschmutzung sterben würden.
Ein Ausbau aufs Doppelte sei eine Katastrophe, selbst wenn darauf irgendwann einmal mehr elektrisch gefahren werde. Mülleneisen redet und argumentiert seit Jahren dagegen. Sein Fazit: „Das interessiert außerhalb der Stadt niemanden, die Patienten sterben eben nicht bei spektakulären Unfällen, sondern leise in Betten.“ Leider habe niemand in der Auto-geplagten Stadt Einigkeit im Protest herstellen können, jetzt bekomme Leverkusen die Quittung dafür. Mülleneisen ist frustriert: „Wir sind es selbst schuld. Leverkusen ist ein guter Ort zum Sterben.“
Die Reden der anderen Initiativen aus dem Rheinland zeigten, dass die Probleme dort ähnlich sind: In Bonn soll die A 565 um mehrere Spuren erweitert werden, die Menschen in Köln-Rodenkirchen und Poll kämpfen gegen die verdoppelung ihrer Rheinbrücke, dabei sei die noch nicht einmal marode, sagt einer aus der Gruppe. Die Autobahn 3 im Norden von Leverkusen könnte in Naturschutzgebiete ausgeweitet werden.
Die Uneinigkeit Leverkusens wird am Sonntagnachmittag auch daran deutlich: Eigentlich befürwortet in der Stadt fast niemand die Ausbaupläne. Dennoch: Leverkusens Oberbürgermeister lässt sich nicht bei der Demonstration blicken, auch nicht Vertreter der großen Parteien SPD, CDU und Grüne. Alleine die Klimaliste ist vertreten. Die Autobahn-Asphaltfläche, auf der der Festakt stattfand, ist dort jetzt schon breiter als die Landebahn am Frankfurter Flughafen. Oberbürgermeister Uwe Richrath ist beeindruckt von der Aspaltfläche. Er sagt: „Ich glaube nicht mehr an die Verkehrszuwächse. Das ist überdimensioniert.“