Karl Lauterbach und Nyke Slawik fordern in einem Brief an Bundesverkehrsminister Volker Wissing, sich an der Finanzierung eines Tunnels zu beteiligen.
Autobahn 1Letzter Versuch, Leverkusen vor der Megastelze zu bewahren
Es ist der letzte Versuch, einen „Dinosaurier der Verkehrsplanung“ noch zu verhindern. Die Bundestagsabgeordneten Nyke Slawik (Grüne) und Karl Lauterbach (SPD) haben am Dienstag einen Brief an Bundesverkehrsminister Volker Wissing und seine Staatssekretärin Susanne Henckel in die Post gegeben. Darin bitten sie darum, die Megastelze im Zuge der A 1 zwischen Rheinbrücke und Leverkusener Kreuz noch einmal zu überdenken und „eine finanzielle Beteiligung des Bundes an der Troglösung wohlwollend zu prüfen“.
Das wäre eine Wende: Mit Schreiben vom 16. Januar hatte Henckel Oberbürgermeister Uwe Richrath wissen lassen, dass die Autobahn 1 auch in Zukunft in Hochlage durch die Stadt führen soll. Allerdings wird sie etwa doppelt so breit ausfallen und mit ihren hohen Lärmschutzwänden absehbar auch eine städtebauliche Schandtat sein.
Der von Richrath, dem Stadtrat und vielen Bürgern seit Jahren geforderte kurze Tunnel werde den prognostizierten Verkehrsanforderungen zwar auch gerecht. Aber die Mehrkosten dafür müsse die Stadt Leverkusen tragen, so die Nachricht aus Berlin. „Das kann sich die Stadt nicht leisten“, so Lauterbach in seinem Wiesdorfer Wahlkreisbüro. Er sprach von 1,3 Milliarden Euro Differenz.
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Es geht auf Kosten der Gesundheit
Ihm und Slawik geht es aber allenfalls in zweiter Linie um städtebauliche Aspekte. Den Bundesgesundheitsminister treiben die Schadstoff- und Lärm-Emissionen um. Die seien bei einer aufgebohrten Stelze wesentlich größer als bei einem Tunnel. Was ihn zu der Aussage führt: „Es ist nicht hinnehmbar, dass die Gesundheit der Menschen – insbesondere derjenigen, die in unmittelbarer Nähe zu den Verkehrsachsen leben – weiter aufs Spiel gesetzt wird.“ Der Sozialdemokrat nannte Feinstaub, Mikroplastik und Lärm, die von täglich rund 120.000 Autos allein an der A 1 in die Umwelt gebracht werden. Mit Blick auf eine Megastelze bedeute das: „Die Menschen leben in Leverkusen viel ungesünder als sie könnten.“ Es könne aber nicht sein, dass reiche Städte die Gesundheit ihre Bürgerinnen und Bürger besser schützen könnten als arme. „Weil Ihr arm seid, müsst Ihr früher sterben“ – das sei zynisch.
Lauterbach wie Slawik fordern, dass Autobahnprojekte anders berechnet werden. Umwelt- und Gesundheitsaspekte müsse man berücksichtigen. Dafür gebe es in anderen europäischen Ländern Vorbilder. Lauterbach nannte die Niederlande, Slawik Österreich: Dort habe ein Klimacheck für Straßenbauten „die Planungen stark verändert“, berichtete die stellvertretende Vorsitzende des Verkehrsausschusses im Deutschen Bundestag. Der zuletzt 2016 erneuerte deutsche Bundesverkehrswegeplan ist „eine Wünsch-Dir-was-Liste“, die allein mangels Geld niemals umgesetzt werden könne. Der Plan müsse ohnehin überprüft werden – egal, wer nach dem 23. Februar die Regierung stelle, betonten Slawik wie Lauterbach. Sollte jedoch nach der Wahl das Bundesverkehrsministerium wieder an die CSU fallen, „sieht es schlecht aus“, räumte Lauterbach ein. Auch deshalb habe man nun einen letzten Versuch gestartet, die Mega-Stelze noch zu verhindern. „Ich werde bei Volker Wissing im Kabinett dafür werben“, kündigte der Bundesgesundheitsminister an.
Slawik kritisierte den Flächenfraß, der mit einer Vergrößerung der 900 Meter langen Stelze einhergehe, und das mitten in der Stadt. Mit Blick auf die Probleme, überhaupt irgendwo in Leverkusen noch Gebäude zu errichten, wie sie sich jetzt bei der Feuerwache Nord auftun, sagte sie: „Wir können uns nicht leisten, weiteren Raum an den Straßenbau zu verlieren.“ Ein Tunnel zwischen Rheinbrücke und dem Leverkusener Kreuz biete im Gegenteil die Chance, Flächen zurückzugewinnen.
Noch gebe es die Möglichkeit, die Stadt vor einer Megastelze zu bewahren. Gelinge das nicht, werde in Leverkusen sicherlich „das letzte Bauwerk dieser Art“ in Deutschland errichtet. Eine Besonderheit, auf die weder er noch Slawik Wert legen.