Immer wieder werden die Bürriger aufgeschreckt: vor zwei Wochen durch ein Feuer an der Currenta-Anlage, am Wochenende durch ein rätselhaftes Geräusch.
ChemparkEin Feuer, ein Knall: Rund um Leverkusens Sondermüllofen herrscht Unruhe
Die Verunsicherung ist groß in Bürrig. Binnen knapp zwei Wochen gab es zwei Vorfälle, die mit Currentas Entsorgungszentrum in Zusammenhang gebracht werden. In der Nacht zu Sonntag habe ein Knall die Nachbarn aufgeschreckt, berichtet am Montag Benjamin Roth, der nicht weit von der vor zwei Jahren schwer havarierten Anlage wohnt. Er geht davon aus, dass im Umfeld des Ofens etwas passiert ist. Eine Anfrage bei Currenta blieb am Montagvormittag aber ohne Ergebnis; auch die städtische Feuerwehr hatte keinen Einsatz, heißt es auf Anfrage.
Vor knapp zwei Wochen war das anders: Am Dienstag, 20. Juni, rückte gegen Mittag Currentas Werkfeuerwehr aus. Vor dem Entsorgungszentrum sei ein „Kleinbrand“ an einer Böschung ausgebrochen, hieß es vom Chempark-Betreiber. Der Brand sei allerdings schon gelöscht worden, bevor die Einsatzkräfte dort angekommen waren, so die Darstellung. Das Gelände sei dann durch die Werkfeuerwehr wegen der herrschenden Hitze und Trockenheit „lediglich noch einmal vorsorglich gewässert“ worden. Das teilte Maximilian Laufer, Sprecher bei Currenta, Roth mit – allerdings erst mit gehöriger Verspätung.
Transparenz? Benjamin Roth sieht sie nicht
Es ist dieser Umgang mit Anfragen aus der Nachbarschaft, die Roth langsam verzweifeln lässt. Aus seiner Sicht ist die von Currenta nach der Katastrophe vom Juli 2021 Transparenz-Offensive nicht mehr als eine Behauptung. Im täglichen Umgang würden die Anwohner schlicht ignoriert und mit ihren Fragen allein gelassen.
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Roth steht mit seinem Unbehagen nicht allein da. Als Moderator der Facebook-Gruppe „Du weißt, dass Du aus Bürrig bist, wenn …“ macht er gelegentlich Umfragen. Stimmungstests, um zu überprüfen, ob er mit seinem Unbehagen womöglich allein da steht. Da die Gruppe inzwischen rund 860 Mitglieder hat, hat ihr Echo durchaus Gewicht.
Zuletzt ging es um Currentas Plan, eine Ausnahme zuzulassen von der Systematik, jeden Abfall in Bürrig zu beproben, bevor er im Ofen verbrannt wird. Die Kontrollmechanismen seien stark ausgeweitet worden, das betont der Chempark-Betreiber immer wieder: Sechs-Augen-Prinzip, und beim geringsten Zweifel wird der Chemie-Abfall nicht angenommen. Damit gehe man über die gesetzlichen Vorgaben hinaus.
Leverkusen: Geheimer Stoff wird nicht in Bürrig beprobt
Umso mehr fällt die Ausnahme auf: Ein Stoff, dessen Herkunft Currenta nicht nennt, soll nicht in Bürrig geprüft werden, sondern beim Erzeuger. Das wurde im März bekannt – und hat Besorgnis hervorgerufen. Auch, weil man davon ausgehen muss, dass der Erzeuger nicht wie Currenta über die gesetzlichen Vorgaben hinaus geht.
Das Ergebnis der Abstimmung auf der Bürriger Facebook-Seite zeigt das Unbehagen in der Nachbarschaft des gigantischen Entsorgungszentrums. Roth hat zwei Antworten vorgegeben: „Die Verantwortung für die Beprobung aller Stoffe sollte bei Currenta bleiben. Gegebenenfalls müssen Stoffe abgelehnt werden.“ Dieser Meinung waren 96 Prozent derer, die ihre Meinung kundtaten, insgesamt 51. Nur zwei Teilnehmer waren der Meinung, dass „die Verantwortung der Beprobung auch an den Kunden ausgelagert werden“ kann.
Die gleiche Umfrage auf Instagram habe ein ähnliches Ergebnis gehabt, ergänzt Roth. Insgesamt seien 87 Bürrigerinnen und Bürriger der Ansicht, dass es keine Ausnahme vom Prinzip der Beprobung am Eingang der Sondermüll-Verbrennungsanlage geben soll. Sechs fanden das nicht.