Leverkusener AmtsgerichtWenn der Nachbar ins Küchenfenster glotzt

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Akten im Amtsgericht Leverkusen. Foto: Ralf Krieger

Akten auf einem Richtertisch im Amtsgericht Leverkusen (Archivbild)

Ein Nachbar terrorisierte eine Steinbücheler Familie. Es ist vielleicht einfach Pech: Man gerät an einen Menschen, der einen nicht in Ruhe leben lässt.

Für seine Nachbarn scheint der Mann eine wahre Plage gewesen zu sein.  Beleidigungen aller Art, oft sexualisiert, als Geste und in jeder Stärke durch den kleinen 58-jährigen Mann waren wohl nicht selten. Sonst stand er auch gerne vorm Küchenfenster und glotzte hinein. Seine Taten gipfelten schließlich in Todesdrohungen und Sachbeschädigungen am Auto. Bei der Polizei soll er eine falsche Anzeige gestellt haben. Es war so schlimm, dass er sich jetzt dafür vorm Leverkusener Amtsgericht dafür verantworten musste.

Begonnen haben soll der Terror, als die Familie dem Mann gesagt haben soll, er solle seinen Hund nicht in den Vorgarten kacken lassen. Das war anscheinend zu viel, ab dem Tag sei es losgegangen, sagte eine Frau aus der Familie, die in Steinbüchel in der Straße Am Thelenhof lebt.

Die Staatsanwältin trägt die Liste der Straftaten vor: Ständig habe der Mann in den Tagen im Winter 2019 vorm Küchenfenster gestanden, manchmal einfach nur hineingeguckt, dann Masturbationsgesten gemacht. Einmal habe er einen Jungen mit einem Stock vor dem Haus bedroht. Irgendwann habe die Familie damit begonnen, alles aufzuschreiben und für die Staatsanwaltschaft zu dokumentieren.

„Ich mach Dich fertig“; „ich schieß Dir den Kopf weg“; „ich steche Dich ab“, soll der Angeklagte gesagt haben und das waren noch nicht die heftigsten Verbalattacken. Auch andere Nachbarn wurden genervt und gepiesackt, einen Mann soll er geschlagen und ihm das Motorrad umgeworfen haben.

Die Liste war lang, die die Staatsanwältin im Gericht verlas; Nachstellung nennt die Justiz diese Art „Stalking“, die hier garniert mit vielen verbotenen Beschimpfungen, Bedrohungen und Beleidigungen war. Auf dem Gerichtsflur warteten derweil mehrere Zeugen der Anklage, wie sie später sagten, hätten sie alle nur zu gerne gegen den Mann ausgesagt.

Staatsanwältin: Freispruch ist keine Option

Dazu kam es aber nicht. Richter Oliver Fröhlich wollte die Sache schneller im Rechtsgespräch vom Tisch bekommen, wie es schien, auch, weil der Mann, der die Familie belagert hatte, inzwischen aus Steinbüchel in ein anderes Stadtviertel gezogen ist. An dieser „Front“ Am Thelenhof herrscht mittlerweile Ruhe. Außerdem soll der Frührentner zwar eine gehörige psychische Störung haben, aber laut Gutachten soll er vollkommen schuldfähig sei, er wusste und weiß also, was er tut und getan hat. Inzwischen sei er mit Medikamenten besser eingestellt, berichtete sein Verteidiger.

Auf den Vorschlag des Verteidigers, das Verfahren einzustellen, ging die Staatsanwältin nicht ein: „Das sind alles keine Kleinigkeiten“, sagte sie. Auch der Richter war nicht einverstanden. Richter und Staatsanwältin hatten womöglich auch im Hinterkopf, dass sich der 58-Jährige offenbar neue Opfer sucht, nachdem er nach Schlebusch umgezogen ist: Einer Frau soll er Pflanzengift ins Gesicht gesprüht haben, dazu wird es eine eigene Verhandlung geben. 

Der Richter verurteilte den Mann zu einer für ihn empfindlichen Strafe in Höhe von 4000 Euro.