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Kulturrückblick2022 gab es in Leverkusen eine Museumsrevolution

Lesezeit 3 Minuten
Kuratorin Thekla Zell, Künstlerin Andrea Wolfensberger, Museumsdirektor Jörg van den Berg, Kurator Fritz Emslander (v.r.) vor der von Wolfensberger gefertigten Tisch-Skulptur im Spiegelsaal von Schloss Mosbroich .

Sie haben und gewähren einen neuen Blick auf das Museum: Kuratorin Thekla Zell, Künstlerin Andrea Wolfensberger, Direktor Jörg van den Berg und Kurator Fritz Emslander (v.r.).

In einem ereignisreichen Kulturjahr 2022 stellten die ersten zwölf Monate des Museumsbetriebes unter neuem Konzept in Morsbroich die wohl wichtigste Entwicklung des Jahres dar.

Die Fragezeichen waren groß. Die Erwartungen ebenfalls. Und die gewichtige Historie des Hauses bedeutet ohnehin immer und jederzeit die Verpflichtung zu Höchstleistungen.

Kurzum: Als Jörg van den Berg im August 2021 den Posten als Direktor des Museums Morsbroich antrat, war klar, dass das folgende Jahr 2022 wichtig werden und die Weichen stelle würde für einen Zukunft, in der das erste Museum für zeitgenössische Kunst des Landes entweder neuen Glanz entfachen oder – der Bürde der vergangenen Jahre entsprechend – womöglich Geld, Publikum, Relevanz, Existenz verlieren würde.

Neue Blüte in Morsbroich

Am Ende von 2022 bleibt festzuhalten: Es sieht eher nach einer neuen Blüte aus. Denn Jörg van den Berg und sein Team um die Kuratorin Thekla Zell und Kurator Fritz Emslander brachten ein neues Konzept auf den Weg, das radikal und überraschend und zum Versprechen an alle geriet: In Morsbroich wird nicht mehr Ausstellung auf Ausstellung folgen. Es wird kein, neudeutsch, Name-Dropping von durch ihre jeweiligen Werke in den Räumen des Schlosses präsentierten Künstlerinnen und Künstler mehr geben.

Nein: Morsbroich wird zu einem Labor, einem Experimentierkasten, einem für alle Menschen geöffneten Haus der Kunst. Viele und wechselnde Künstlerinnen und Künstler nehmen sich einzelner Räume an und zeigen dort nicht nur, wie sie arbeiten. Sie lassen die Gäste auch mitarbeiten - etwa im so genannten „Parklabyr“ von Margot Czenki und Christoph Schäfer, in dem Besucherinnen und Besucher ihre eigenen Ideen und Anregungen für das Museum und dessen Drumherum aus Schlosspark und nächster Nachbarschaft zu Papier bringen und diskutieren lassen können.

Tonwellen-Tisch und Hexenhaus

Im Spiegelsaal , der den Menschen seit Jahren eher als edle Stube für Hochzeiten und andere Feierlichkeiten denn als Herz eines Hauses der international bedeutsamen Kunst bekannt ist, wird plötzlich auch Kunst gezeigt und in Form eines von Andrea Wolfensberger gefertigten Tisches, der die Tonwellen der Wörter „Ja“ und „Nein“ – bei einer Trauung die Wörter, auf dies es ankommt - optisch abbildet.

Im Park lädt das Hexenhäuschen des US-amerikanischen Künstler Mark Dion mittlerweile zum Spielen, Bewundern und Nachdenken über Kunst ein.

Anti-elitäres Museum als Alleinstellungsmerkmal

Und nach und nach wird Morsbroich auf Jörg van den Bergs Bestreben hin somit zum erlebbaren, zum anti-elitären Museum für eine Stadtgesellschaft in ihrer Gänze. Niemand wird mehr per se ausgeschlossen. Der symbolische Elfenbeinturm der Hochkultur ist abgerissen. An seiner statt steht da jetzt ein zwar ebenfalls symbolisches aber eben auch irgendwie greifbares Wohnzimmer für alle.

Das ist in einer Stadt wie Leverkusen –trotz der Jazztage, der Bayer-Kultur, der städtischen Kultur oder einer nach wie vor umtriebigen freien Szene – nicht weniger als das Alleinstellungsmerkmal schlechthin. Eines. das sich 2022 offenbarte und nun – 2023 ff. – beweisen kann, dass es auf einem wirklich nachhaltigen Konzept fusst.