Die Stadt will neben Alonso und Wenning zwei weiteren Offiziellen von Bayer 04 die höchste Leverkusener Ehrung zuteil werden lassen.
MeisterschaftXabi Alonso und Werner Wenning sollen Leverkusener Ehrenbürger werden
Die Nachricht kam um 13.17 Uhr, ziemlich exakt 18 Stunden, nachdem Bayer 04 Leverkusen mit seinem 5:0 gegen Werder Bremen erstmals in seiner 120-jährigen Geschichte Deutscher Fußballmeister wurde: Oberbürgermeister Uwe Richrath will Meister-Trainer Xabi Alonso, Werner Wenning, dem Vorsitzenden des Gesellschafterausschusses der Bayer 04 Leverkusen Fußball GmbH, Fernando Carro de Prada, dem Vorsitzenden der Geschäftsführung, Simon Rolfes, Geschäftsführer Sport, bei Bayer 04, die Ehrenbürgerwürde der Stadt verleihen. Eine entsprechende Vorlage für die Sitzung des Stadtrates am Montag, 6. Mai, ist in Vorbereitung.
Der Vorschlag Richraths, der die Voraussetzungen für die Verleihung schon früh habe prüfen lassen, wie es in der Mitteilung heißt, sei „Ausdruck des Stolzes und Dankes nach dem gestrigen Gewinn der Meisterschaft und in Anerkennung ihrer besonderen Verdienste“. Und damit nicht genug: Die Verwaltung prüft derzeit auch, ob eine Straße, ein Platz oder ein Weg in unmittelbarer Nähe zur Bay-Arena nach Xabi Alonso benannt werden könnte. Das Vorhaben allerdings dürfte einem Ratsbeschluss von 2017 widersprechen, nach dem in Leverkusen keine Straßen mehr nach Personen benannt werden sollen. Ausnahme: Straßen innerhalb eines bestehenden Themengebietes (z. B. Künstlerviertel). Man müsste also erstmal das Themengebiet „Fußball“ schaffen. Der Beschluss kam 2017 zustande, nachdem die Otto-Grimm-Straße umbenannt wurde, der sich im Nachhinein als Nazi herausgestellt hatte.
Mehrere Fans oder Fangruppen hatten Straßenschilder überklebt und so die inoffizielle „Xabi-Alonso-Allee“ aus der Taufe gehoben. Die Begründung für die Verleihung von vier Ehrenbürgerwürden auf einmal ist denkbar einfach: Bayer 04 habe eine sensationelle Saison gespielt: „Der 14. April 2024 geht als historisches Datum in die Geschichte der Stadt Leverkusen ein.“
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Stimmt der Stadtrat dem zu – und niemand hegt daran am Tag nach dem Meisterschaftsgewinn ernsthaft Zweifel – hätte das historische Datum auch kommunalpolitisch Historisches zur Folge. Noch nie in seiner 94-jährigen Geschichte hat die Stadt Leverkusen einem Quartett verdienter Bürger oder Bürgerinnen auf einmal die Ehrenbürgerwürde verliehen. Als bislang letztem verlieh Leverkusen sie dem damaligen Bürgermeister seiner Partnerstadt Nazareth-Illit, Menachem Ariav, im Jahr 1999. Ariav starb im Jahr 2017. Aktuell ist Leverkusen also ohne Ehrenbürger.
Die Ehrenbürgerwürde für Werner Wenning begründet Richrath zunächst mit seinem Wirken als Vorsitzender des Gesellschafterausschusses der Bayer 04 Leverkusen Fußball GmbH. Diese Funktion hat er am 3. Dezember 2010 übernommen. Der gebürtige Opladener ist aber schon viel länger ein begeisterter Anhänger des Fußballteams. Als Vertreter des großen Geldgebers des Vereins hat er ganz erheblichen Einfluss auf beinahe jede Entscheidung im Club. Am Sonntagabend ließ Wenning nicht nur ein Statement zur Meisterschaft verbreiten, sondern trat auch kurz auf den Balkon vor der Loge in der Bay-Arena zur Mannschaft. Dort sagte er ein paar Worte zu den feiernden Fans auf dem Rasen. Auch gegenüber den Medien äußerte sich der mächtige Mann im Hintergrund.
Wenning ist aber ja bei weitem mehr als ein dezenter Manager im Profi-Fußball. Von 2002 bis 2010 war er Vorstandschef der Bayer AG. In diese Zeit fällt die große, bei den betroffenen Beschäftigten höchst umstrittene Aufspaltung des Konzerns: Die Chemie wurde in die Lanxess ausgegliedert, die Standortdienste mündeten in der heutigen Currenta, auch weitere Bereiche wurde abgespalten, manches später verkauft. In Wennings Zeit als Aufsichtsratschef zwischen Oktober 2012 und April 2020 fällt die weitere Groß-Abspaltung: Die Kunststoff-Sparte kam unter dem Namen Covestro an die Börse. Trotzdem oder gerade deshalb wurde Wenning 2009 in der Kategorie Lebenswerk mit dem Innovationspreis des Landes Nordrhein-Westfalen ausgezeichnet.
18 Stunden vor der Ehrenbürger-Mail herrscht am Sonntagabend kurz nach dem Abpfiff auf den Straßen der Stadt einfach überschäumende Freude. Zum Beispiel auch in und vor der Gaststätte Treff an der Ecke Friedrich-Ebert-Straße/Dönhoffstraße. Das Spiel ist keine 20 Minuten vorbei, da rauscht auf der Friedrich-Ebert-Straße ein mit Bayer-04-Fahnen geschmückter Traktor mit beeindruckendem Tieftöner-Hupton heran.
Unter dem Jubel der Fans am Straßenrand dreht der Traktor eine Runde in der City und verschwindet wieder. Das Spektaktel wiederholt sich bald darauf im Viertelstunden-Rhythmus, dieses Mal dann mit Autos, die voller hupender Fans an der Kneipe vorbeifahren, die Kehre am Friedrich-Ebert-Platz nehmen und wieder verschwinden. Ein Stadtviertel weiter schickt die Energieversorgung Leverkusen meisterliche Grüße aus Bürrig in Richtung Bayer-04-Kicker: Am Wasserturm, schon in den vergangenen Wochen an Heimspieltagen knallrot angestrahlt, prangt in 65 Metern Höhe der Schriftzug: „EVL sagt DANKE Bayer 04“.
Selbst spät am Abend konnten sich offenbar eine Menge Fans nicht von der Stadionumgebung trennen. Auch um 22 Uhr war dort noch Betrieb. Viele zogen dann zum Konrad-Adenauer-Platz, wo Mitglieder der Gruppe Lev-Szene ’86 eine große öffentliche Feier und ein Public Viewing veranstaltet hatten. Viele wollten an diesem Abend nicht früh ins Bett.
Die Polizei meldet keine ernsthaften Störungen in der Nacht der Feier. Körperverletzungen, Gebrauch von Pyrotechnik und Sachbeschädigungen seien vorgefallen, aber das sei alles im normalen Rahmen einer Feier im Fußball-Umfeld geblieben, so eine Polizeisprecherin, gegen Mitternacht hätten sich die Straßen geleert.