Er war kleiner als früher, aber dafür karnevalistisch-intensiv: der Wiesdorfer Sonntagszug 2024
Mit BildergalerieWiesdorfer Jecke trecke durch die Stadt – Rheinkadetten mit Kostümgag
Die Kostüm-Punktlandung zum Zugmotto ‚Mer k„Lev“e am Fasteleer‘ macht die Fußgruppe der Wiesdorfer Rheinkadetten: Sie gehen als knallgelbe UHU-Tuben verkleidet, mit schwarzen Zylindern als Verschlusskappe. Auch die Familiengruppe der Roten Funken hat sich mottogetreu verkleidet – zuckrig-bunt und bonbonfarben. Auch solche Süßigkeiten können ja kleben wie die Hölle.
Prinz Mally seht in der Kanzel seines Prinzenwagens und lässt auf der Friedrich-Ebert-Straße seinen Wiesdorfer Zoch vorbeiziehen. Sein Wagen reiht sich erst am Ende ein. Für einen Leverkusener Prinzen ist es aber nicht mit einem Zug getan, er ist am Rosenmontag in Opladen erneut dabei. Das sind anstrengende Tage: Mally schwächelt aber nicht, „vielleicht die Stimme ein bisschen“, sagt er, seine körperliche Fitness schätzt er als gut ein.
Die Lichstraße, in die der Zug zuerst einbiegt, hat zwar keine richtige Karnevalskneipe mehr zu bieten, aber es ist dort schön eng, irgendwie großstädtisch. Die Mädchen von den Tanzgruppen der Roten Funken sind am Anfang des Zugs noch nicht ganz warm, aber ihre erste Hebefigur, drei Mädchen heben eins hoch, gelingt aber bravourös. Kamelle fliegen hier schon ordentlich.
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So richtig in Fahrt sind die 1030 Teilnehmer meist etwas weiter hinten am Zugweg, in der Kurve zwischen der Christuskirche und der „Leverkusener Anzeiger“-Redaktion zum Beispiel. Die Gemeinde hält erst Gottesdienst, baut dann auf dem Vorplatz eine Musikanlage auf, Gruppen werden begrüßt mit Wiesdorf Alaaf – Christuskirche Alaaf.
Wiesdorfer Zoch: Komprimiert, intensiv, wenig politisch
In früheren Jahren standen hier die Jecken in Zehnerreihen, heute ist es etwas lichter geworden; auch der Zug ist kürzer. Er ist jetzt eben etwas schneller durch, dafür komprimiert und intensiver. Hier in der Kurve gibt es etwas Platz, hier heben und werfen die Tanzoffiziere der großen Tanzgruppen die Frauen hoch, die Rheinflotte, die Manforter. Sie alle ernten fantastischen Applaus. Ganz viele Handys werden gezückt, als die Cheerleader der Bayer-Giants hauteng und knallrot gekleidet, mit ihren Puscheln wedelnd lächelnd durch die Straßen marschieren.
Der Wiesdorfer Zug war in den vergangenen 20 Jahren nie besonders politisch. In diesem Jahr sucht man Späße oder Nachdenkliches zu aktuellen Dingen vergeblich, es gibt sie nicht: Vielleicht können die Leverkusener Jecken die Mega-Autobahn, die neue Brücke, die Müllverbrennung, die Nazis und Trump in diesem Jahr einfach nicht mit Humor zu nehmen.
Einzig Peter Odenthal, der bei der KG Steckepääd mitgeht, hat sich ein Herz mit dem Slogan „Sei a Mensch“ an den Hut getackert, ein anrührendes jiddisches Zitat des jüdischen Vaters des früheren Sportreporters Marcel Reif, der jüngst zum Holocaust-Gedenktag im Bundestag sprach.
Elf Vereine und 15 Fußgruppen sind in Wiesdorf dabei
Elf Leverkusener Vereine, sechs Fremdgruppen, drei Musikkapellen, dafür 19 Prunk- und Mottowagen und 15 Fußgruppen dürfen mitgehen und -fahren. Tiere gibt es in Wiesdorf im Zug nicht, nur Holzpferde an den Prunkwagen. Im Hintergrund und drumherum sorgen 188 Ordner für Absperrungen und halten die Autos aus der Stadt heraus.