Steffen Franzkowski ist mit 30 Jahren zum Leiter des Fachbereichs Ordnung und Straßenverkehr in Leverkusen aufgestiegen.
Interview mit Leverkusener Ordnungsamtsleiter„Wir sind nicht die Bösen, die Strafen verteilen“
Herr Franzkowski, im Fachbereich Ordnung und Straßenverkehr bekommt man traditionell eher den Unmut der Bevölkerung zu spüren, als Dankbarkeit. Keiner bekommt gerne Knöllchen oder steht im Baustellenstau. Was motiviert einen jungen Mann wie Sie dazu, gerade dieses Amt zu führen?
Ich denke, es ist die Mischung: Zu Beginn meiner Tätigkeit hatte ich mehr mit den Straßen im Sinne der Verkehrslenkung zu tun, jetzt mehr mit den Menschen. Wir sind verantwortlich für Ordnungswidrigkeitsverfahren und Bußgelder, das ist für die Betroffenen natürlich immer unschön. Allerdings: Wenn jemand zum Beispiel bei einer illegalen Müllentsorgung ertappt wird, haben wir in der Regel mit uneinsichtigen Personen durchaus Ärger, aber letztendlich tun wir es ja für die Stadt und die Bürgerinnen und Bürger, damit hier eine gewisse Sicherheit und Sauberkeit herrscht. Genau das ist auch mein Anliegen, im öffentlichen Bewusstsein mehr dafür zu sorgen, dass wir nicht die Bösen sind, die Strafen verteilen, sondern die, die für Ordnung und Sicherheit für alle sorgen und für die Stadt einstehen.
Was verbindet Sie mit Leverkusen?
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Ich bin in Dormagen aufgewachsen und wohne jetzt in Düsseldorf. Aber wie schon die Bayer-04-Tasse auf meinem Schreibtisch zeigt, identifiziere ich mich sehr mit Leverkusen. Beruflich war ich immer in Leverkusen zu Hause, ich kenne wohl so ziemlich jede Straße. Ich fühle mich sehr wohl bei der Stadtverwaltung. Karrieretechnisch ist es für mich gut gelaufen und daher will ich einiges durch eine ordentliche Arbeitsleistung zurückzahlen.
Ordnung und Straßenverkehr war in Leverkusen über Jahrzehnte mit dem Namen Friedhelm Laufs verbunden. Wie groß sind seine Fußstapfen?
Natürlich sehr groß, alleine durch die enorme Erfahrung, die er in den Jahren entwickelt hat und seine detaillierte Kenntnis von Verwaltungsvorgängen. Aber ich bin gut eingearbeitet worden, er hat mir schon früh einzelne Aufgabenbereiche zur Verantwortung übergeben und ich fühle mich sehr gut vorbereitet. Ich habe 2012 meine Ausbildung bei der Stadt Leverkusen angefangen und seit 2015 fest in verschiedenen Positionen innerhalb des Fachbereichs gearbeitet. Ich wurde nicht ins kalte Wasser geworfen, sondern konnte meinen Erfahrungshorizont kontinuierlich erweitern.
Was wollen Sie als neuer Fachbereichsleiter verändern?
Der Personal- und Fachkräftemangel ist wie in vielen städtischen Bereichen ein großes Problem. Ich will durch Digitalisierung von Prozessen und Dienstleistungen dafür sorgen, dass in manchen Bereichen „der Gang zum Amt“ wegfallen kann und somit auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entlastet werden. Außerdem möchte ich die Sicherheit in Leverkusen weiter erhöhen durch den grundsätzlichen Ausbau des Kommunalen Ordnungsdienstes (KOD). Wichtig ist mir dafür ein entsprechendes Leitstellenverfahren: Damit Aufträge und Beschwerden aus der Bevölkerung gezielter an die Mitarbeitenden gesteuert werden können, und es auch einen besseren Überblick gibt – wo gibt es viele Beschwerden? – damit man Maßnahmen besser koordinieren kann. Durch verschiedene Sondereinsätze und Aktionen möchte ich das Sicherheitsgefühl in Leverkusen erhöhen und zeigen, dass wir genau hinschauen und auch konkret handeln.
Wie sicher ist Leverkusen denn?
Leverkusen ist dem Polizeipräsidium Köln angeschlossen und wird daher in Statistiken mit den Kölner Polizeiinspektionen verglichen. Und da steht Leverkusen im Vergleich immer sehr positiv da; und gilt in diesem Sinne als sicher. Aber natürlich ergeben sich daraus auch immer ortsbezogene Schwerpunkte, denen wir mit KOD und Polizei nachgehen.
Was haben Sie gedacht, als Sie von den Anschlagsplänen auf den Opladener Weihnachtsmarkt gehört haben?
Natürlich war ich erst einmal erschüttert und betroffen. Dann aber gleichzeitig auch froh, dass die Pläne frühzeitig festgestellt und verhindert werden konnten. Persönlich hätte ich nicht erwartet, dass jemand so etwas in Leverkusen plant. Dieser Fall hat uns jedoch gezeigt, dass so etwas eben nicht nur „woanders“ passieren kann. Die Bürgerinnen und Bürger können sicher sein, dass Stadt und Polizei sehr eng zusammenarbeiten und höchstes Augenmerk auf die Sicherheit in unserer Stadt haben, das gilt insbesondere auch für die Weihnachtsmärkte. Der KOD zeigte auf allen Leverkusener Weihnachtsmärkten eine verstärkte Präsenz.
Islamistischer Terror war in Leverkusen bislang kein großes Thema, Clankriminalität allerdings schon. Wie ist die Stadt hier mittlerweile aufgestellt?
Hierfür wurde in diesem Jahr eine eigene übergeordnete Stabsstelle zur Clan- und Bandenkriminalität eingerichtet. Natürlich arbeiten wir eng mit der Stabsstelle zusammen. Ich begrüße es auf jeden Fall, dass es diese Stabsstelle nun gibt, die federführend Projekte initiieren und die Fäden in der Hand halten kann.
In Ihren Aufgabenbereich fallen auch die Führerschein- und Zulassungsstelle, die zuletzt schwer in der Kritik standen.
Beschwerden über lange Wartezeiten in der Führerscheinstelle gab es zurecht. Dass die Situation in der Führerscheinstelle zu viel Unmut in der Bevölkerung geführt hat, ist verständlich. Das lag an Terminrückständen, die sich teilweise über Jahre aufgebaut haben. Die Zulassungsstelle sah da besser aus, da wurde alles termingerecht bearbeitet. Mein Ziel ist es, die Abteilung zukunftsorientiert auszurichten, so dass derartige Rückstände nicht mehr entstehen und die Bürgerinnen und Bürger zeitnah einen Termin finden.
Wie wollen Sie das erreichen?
Die Mitarbeitenden, die wir haben, machen einen tollen Job. In einigen Bereichen müssen wir uns aber organisatorisch besser aufstellen, auch langfristig, mit mehr Personal, nicht nur mit befristeten Verträgen. Außerdem möchte ich die Arbeitsbedingungen verbessern. Das Verwaltungsgebäude der Haus-Vorster Straße ist in die Jahre gekommen, hier könnte das Arbeitsumfeld für die Kolleginnen und Kollegen sicherlich verbessert werden. Man sagt ja manchmal, auf der Arbeit verbringt man mehr Zeit als zu Hause. Da möchte ich auch, dass die Mitarbeitenden gerne hierherkommen. Im Rahmen eines Projektes möchte ich gemeinsam mit den Mitarbeitenden verschiedene Verbesserungsmöglichkeiten angehen, damit sie sich auch mitgenommen fühlen.
Und damit der Fluktuation entgegenwirken?
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind unser wertvollstes Gut. Bei 170 Mitarbeitenden bleibt der persönliche Kontakt manchmal etwas auf der Strecke. Das zu ändern, ist mein Ziel für 2024. Ich möchte mehr persönlich ins Gespräch kommen. Wir bekommen viele Aufträge aus der Politik, die wir mit vergleichsweise wenig Personal umsetzen müssen. Dafür haben die Kolleginnen und Kollegen Wertschätzung verdient. Dankbarkeit kann man manchmal ja auch mit kleinen Gesten zeigen. Außerdem müssen die Arbeitsbedingungen stetig verbessert werden, etwa auch durch weitere Digitalisierung, welche zum Beispiel dann Homeoffice ermöglicht.
Wie kann das Ansehen des Amtes in der Öffentlichkeit aufpoliert werden?
Ich möchte durch verschiedene Projekte die Arbeit des Ordnungsamtes veranschaulichen und auch dadurch zum Umdenken anregen. Ein Beispiel: Ich habe eine Schwerpunktaktion gegen Falschparker auf Geh- und Radwegen initiiert. Das Ziel dabei ist, diese Themen stärker in die Öffentlichkeit zu bringen und Personen, die auf Geh- und Radwegen halten, darauf aufmerksam zu machen, dass das Fehlverhalten zu Gefährdungssituationen führt und die Ordnungswidrigkeit von uns konsequent geahndet wird. Das möchte ich den Bürgerinnen und Bürgern nahebringen und hier auch für mehr Einsicht werben. Denn gleichzeitig wollen wir als Ordnungsbehörde nahbar sein. Wir wollen immer gerne weiterhelfen, uns kann man auch nach dem Weg fragen.
Zum Abschluss haben Sie einen Wunsch für 2024 frei…
Dann wünsche ich mir mehr Rücksicht und gegenseitiges Verständnis füreinander. Das fängt für mich beim alltäglichen Miteinander an, beim Einkaufen, bei der Teilnahme am Straßenverkehr. Man weiß nie, was den Menschen gegenüber gerade beschäftigt, ob es ein Unglück in der Familie gegeben hat oder er gerade gestresst ist. Auch bei Kontakten zwischen städtischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und Bürgerinnen und Bürgern – mehr Rücksicht und Verständnis füreinander, das wäre wirklich mein Wunsch.
Zur Person
Steffen Franzkowski, 30 Jahre, ist Vater eines knapp zweijährigen Sohnes. 2012 hat er seine Ausbildung bei der Stadt Leverkusen begonnen, wurde dann 2015 als Sachbearbeiter in der Verkehrslenkung übernommen. 2017 aufgestiegen zum Gruppenleiter der Verkehrslenkung, 2018 zum Abteilungsleiter der zentralen Bußgeldstelle. Nach der Zusammenlegung des Fachbereichs Ordnung und Straßenverkehr wurde er zum stellvertretenden Fachbereichsleiter, seit November leitet er den Fachbereich.