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Strafprozess20-Jähriger raste mit bis zu 140 Stundenkilometern durch Leverkusen

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Auf einem Straßenschild vor einem großen Gebäude steht: „Am Justizzentrum“.

Am Landgericht Köln fand am vergangenen Dienstag das Berufungsverfahren statt. (Symbolfoto)

Das Amtsgericht Leverkusen hatte bereits im September geurteilt. Die Verteidigung sah die Strafe aber als zu hart an.

Dass sich Mehmet E. (Name geändert) wegen eines verbotenen Kraftfahrzeugrennens strafbar gemacht hat und deswegen, weil er Heranwachsender ist, nach Jugendstrafrecht verwarnt wurde, muss erklärt werden: Denn an einem klassischen Rennen, wo es darum geht, über eine bestimmte Strecke schneller als die Konkurrenten ans Ziel zu gelangen, nahm der 20-Jährige nicht teil.

Vielmehr fuhr er in der Neujahrsnacht 2024 gegen 1 Uhr mit einem BMW über die Campusallee in Opladen, um zu „cruisen und zu plaudern“. Als er das Fahrzeug, in dem auch seine damalige Freundin saß, zu schnell in eine Kurve lenkte, soll der Wagen ins Schleudern und auf die Gegenfahrbahn geraten sein. Daraufhin nahm eine Polizeistreife die Verfolgung auf.

Leverkusen: Panikreaktion führte zu Raserfahrt

Was danach geschah, beschreiben sowohl Verteidiger Christian Demuth als auch sein Mandant als Panikreaktion: Mit einer Geschwindigkeit von bis zu 140 Stundenkilometern fuhr Mehmet E. über mehrere rote Ampeln, darunter auch solche, die an stark befahrenen Straßen wie der Kreuzung Quettinger Straße/Borsigstraße liegen. Zu Schaden kam glücklicherweise niemand.

Laut einem Bericht des Bundestagsausschusses für Recht und Verbraucherschutz aus dem Jahr 2017, der sich einer Gesetzesänderung zur wirksamen Bekämpfung von Raserei und illegalen Autorennen widmete, werden im Strafrecht auch die Fälle erfasst, „in denen nur ein einziges Fahrzeug objektiv und subjektiv ein Kraftfahrzeugrennen nachstellt“. Eine bloße Geschwindigkeitsüberschreitung reiche hingegen nicht aus.

Richterin: „Total ‚Schwein‘ gehabt“

Laut Strafgesetzbuch muss sich der Kraftfahrzeugführer „mit nicht angepasster Geschwindigkeit“ sowie „grob verkehrswidrig und rücksichtslos“ fortbewegen, „um eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen“. Für die Vorsitzende Richterin der Sechsten kleinen Jugendkammer am Landgericht Köln, Dorothea Pfitzner, ein eindeutiger Fall: „Sie haben einfach total ‚Schwein‘ gehabt“, betonte sie gegenüber dem nunmehr Verurteilten.

Weil es Neujahr war, sei auf den Straßen, wie auf Kameraaufnahmen zu erkennen, „noch ordentlich was los“ gewesen. Bei mehr als 100 Kilometern pro Stunde in Tempo-30- beziehungsweise Tempo-50-Zonen sei es eine glückliche Fügung, dass in dem Prozess nicht über „ganz andere Dinge“ gesprochen werde, stellte Pfitzner klar.

Ich habe auf gut Deutsch Scheiße gebaut
Mehmet E. (Name geändert)

Es sei „verdrehtes Kopfkino“ gewesen, beschrieb der aktuell Führerscheinlose rückblickend die Situation - obgleich er eigentlich nichts zu verbergen gehabt und auch nicht unter Drogeneinfluss gestanden habe. Er sei sich dessen voll bewusst, dass er „auf gut Deutsch Scheiße gebaut“ habe und wünsche sich jeden Tag, die Zeit zurückdrehen zu können.

Um zu untermauern, dass dies nicht nur eine hohle Phrase ist, habe sich Mehmet E. einer verkehrspsychologischen Schulung unterzogen, wie Rechtsanwalt Demuth ausführte. Diese sei zu dem Schluss gekommen, dass sein Mandant grundsätzlich wieder dazu geeignet sei, als Autofahrer am Straßenverkehr teilzunehmen. Neben der Herausgabe der sichergestellten BMW-Limousine bitte er darum, von der Entziehung der Fahrerlaubnis abzusehen.

Pfitzner entschied sich wegen der Gefährlichkeit der Tat und der Gewichtigkeit der Verkehrsverstöße dazu, die Sperrfrist zur Wiedererlangung der Fahrerlaubnis auf drei Monate zu verkürzen. „Sie müssen aber einmal durch die MPU“, bemerkte die Richterin gegenüber dem Verurteilten. Den BMW könne er wieder haben, dennoch halte sie es für ratsam, sich ein weniger leistungsstarkes Auto zuzulegen.