Leverkusen – Es ist eine drastische Tat, die in der Virchowstraße in Schlebusch begangen wurde: Eine junge Frau wurde Anfang Juli in ihrem Hausflur mit 31 teils tiefen Stichen erdolcht. Sie erlag noch am Tatort ihren Verletzungen. Der Tatverdächtige wurde am nächsten Tag gefasst und in die Justizvollzugsanstalt Köln verbracht. Am Freitag begann nun vor dem Kölner Landgericht die Verhandlung.
Der Angeklagte gestand die Tat zum Prozessbeginn. Evaluiert werden soll in den kommende fünf Verhandlungstagen, in welchem Geisteszustand er die Tat beging, und ob eine Mordabsicht vorlag. Bei der 22-jährigen Frau handelt es sich um die ehemalige Partnerin des Angeklagten, die dieser zu einer Heirat drängen wollte.
Exfrau übers Internet kennengelernt
Der zu dem Tatzeitpunkt 47-Jährige bekam den Prozess von einer Dolmetscherin übersetzt und ließ über seine Verteidigerin einen Kurzlebenslauf verlautbaren: Geboren 1973 in Eritrea, war er im Krieg gegen Äthiopien im medizinischen Bereich an der Front tätig. Er floh nach Israel, hat zur damaligen Lebensgefährtin und seinen drei Kindern kaum Kontakt gehabt.
Nach Deutschland kam der Angeklagte über seine vorige Exfrau, die er über das Internet kennenlernt hatte. Hier traf er nach seiner Scheidung die 22-Jährige, mit der er eine Beziehung einging. Die Schlebuscherin lehnte seinen Heiratsantrag jedoch ab, da er seine Scheidung nicht offiziell belegen konnte.
Nach Auflösung des Verhältnisses habe der Mann seine Expartnerin massiv bedroht, heißt es vor Gericht. Am 3. Juli 2020 schließlich suchte er ihren Wohnort auf, eine Nachbarin ließ ihn in den Hausflur. Der Angeklagte führte einen Dolch bei sich, mit dem er das spätere Opfer habe „überzeugen“ wollen, ihn zum Mann zu nehmen. Die Nacht zuvor habe er eine Flasche Whisky getrunken und dann morgens mit Bier weitergemacht.
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Als die Frau schließlich nach Hause kam, habe sie bei seinem Anblick sofort geschrien. „Da sind ihm die Sicherungen durchgebrannt, woraufhin er zugestochen hat wie ein Wilder“, formulierte Verteidigerin Monika Troll vor der Großen Strafkammer. Nach den bereits tödlichen Stichen setzte er mehrere weitere nach, mutmaßlich, um seinem Opfer größere Schmerzen zuzufügen.
Am Freitagvormittag wurden die ersten Zeugen zum Fall befragt: Nachbarn und Polizei- und Kriminalpolizeibeamte. Als Fotos des Opfers an die Wand projiziert werden, vergräbt der Angeklagte den Kopf in den Armen.Die Beamten schilderten vor Gericht die erste Tatortbegehung und die Festnahme des Verdächtigen. Nach der Tat sei der mittlerweile 48-Jährige in das anliegende Waldstück geflüchtet, wo er scheinbar versucht habe, sich per Erhängen umzubringen. Bei der Festnahme und der Fahrt im Streifenwagen sei er jedoch auffällig ruhig gewesen, schilderte eine Polizeibeamtin.
Nachbarn standen unter Schock
Weitere Zeugen berichteten am Freitagnachmittag von den Vorgängen, die sich zwischen 14 Uhr und 14.30 Uhr am 3. Juli in Schlebusch ereignet haben: Eine Nachbarin öffnete dem Unbekannten die Haustür, da sie annahm, es sei ihr Vater, der klingele. Im Flur konnte sie sowohl vor als auch nach der Tat einen Blick auf den Fremden erhaschen. Der Verdächtige habe auf dem Weg die Treppen hinab „erregt“ und wütend gewirkt. Einen betrunkenen Eindruck habe er jedoch nicht gemacht, sagt sie aus.
Zwei weitere Nachbarn und ein Freund eines Nachbarn befanden sich zur Tatzeit vor dem Haus. Die heimkehrende 22-Jährige hätten sie gegrüßt. Kurz darauf habe man mehrere Schreie vernehmen können und ein Mann habe eilig das Haus in entgegengesetzter Richtung verlassen.Daraufhin betraten alle drei nacheinander den Hausflur. Beim Anblick der Verletzten und der Blutlache schilderten alle Befragten Schockzustände, niemand leistete jedoch Erste Hilfe. Man rief die Polizei und einen Krankenwagen, als die Geschädigte möglicherweise noch am Leben war. Als die Einsatzkräfte eintrafen, war die Frau bereits verstorben.Gegen Ende des Prozesstages wirkt der Angeklagte erschöpft und resigniert. Die Verhandlung wird am Montag fortgesetzt.