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Wertschätzung für Leverkusener FluthelferMalteser mit Medaillen ausgezeichnet

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Justus Westermann und Janina Blättler gehören zu den jetzt mit der Medaille Ausgezeichneten, die in den Tagen und Wochen nach dem Hochwasser vollen Einsatz zeigten.

Leverkusen – Sie haben schon viel gesehen und erlebt, die Einsatzkräfte der Leverkusener Malteser. Doch diese Momente nach der Flutkatastrophe haben sich ihnen unauslöschlich eingebrannt. Das allmählich aufkommende Wissen um das Ausmaß des Schadens, die Angst um die Folgen, das Bangen um Menschenleben. „Da sahen wir im Krisenstab die ersten Aufnahmen von Drohnenflügen, sahen Autos, die auf der A1 bis zum Dach im Wasser standen, und wussten: Wenn da noch ein Mensch drin sitzt, dann ist er tot.“

Bis zur Erschöpfung

Wie Oliver Hinrichs, dem Stadtbeauftragten des Hilfsdienstes, erging es vielen hauptamtlichen wie ehrenamtlichen Einsatzkräften, die nach dem Wupperhochwasser infolge des Starkregens am 14. Juli 2021 fortan viele Tage und Wochen bis an die Grenze der Erschöpfung im Einsatz waren, an 12- bis 14-Stunden-Tagen in den Notgebieten in Opladen und in Schlebusch halfen, wo zu helfen war. Am Montagabend wurden rund 40 von ihnen im Malteser-Stützpunkt am Overfeldweg vom nordrhein-westfälischen Innenminister besonders geehrt.

Zwar hätten die eindrucksvollen Bilder aus dem Ahrtal, wo es auch viele Tote gegeben hatte, die Berichterstattung der Medien dominiert, erinnerte Hinrichs. Doch seien die Einsätze in Leverkusen auch nicht ohne gewesen, waren auch hier Leben in Gefahr, mussten Menschen notversorgt, Gebäude gesichert werden. Auch wenn in den Autos auf der A1 glücklicherweise niemand mehr gesessen hatte: In nicht wenigen Fällen war die Lage dramatisch.

14.270 Mahlzeiten geliefert

Insgesamt waren nach dem Hochwasser rund 800 Hilfskräfte im Einsatz, dazu 300 Angehörige der Bundeswehr. Für sie alle galt es Unterkunft und Verpflegung zu organisieren, woran die Malteser einen Hauptanteil hatten. Jasmin Blättler saß in diesen Tagen in der Führung der Koordinationsstelle, wo Versorgung und Fahrten geregelt wurden. In Zahlen waren das: 14.270 Mahlzeiten in den ersten sechs Tagen – und das rund um die Uhr, da nachts die Arbeiten weiterliefen. „Die Verpflegung musste konstant laufen, sonst hätten wir ein Problem mehr gehabt.“

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Ehrung der Fluthelferinnen und -helfer in der Malteserunterkunft am Overfeldweg.

1.300 Liter Kaffee und 9.400 Liter Kaltgetränke wurden dabei ausgeschenkt. Justus Westermann, Leiter des Einsatzdienstes, erinnert sich, wie bei den Bewohnerinnen und Bewohnern einer Schlebuscher Seniorenwohnanlagen die Tränen flossen, als sie nach Tagen ohne Strom den ersten warmen Kaffee bekamen. „In der Not werden die Menschen oft ganz bescheiden – und dankbar.“

Insgesamt 17.000 Kilometer waren die Leverkusener Einsatzfahrzeuge dafür unterwegs, 4.700 Stunden lang liefen die Notstromaggregate. Allein bei den Maltesern Leverkusen kamen 8.100 Helferstunden zusammen. Und viele Helfende mussten vor sich selbst geschützt und nach Hause geschickt werden, um noch Schlaf zu bekommen.

Riesenrespekt bezeugt

Das verdiene einen „Riesenrespekt“, so Innenminister Herbert Reul (CDU). Den hätten sich alle Einsatzkräfte, vor allem auch die vielen Ehrenamtler, ohne die das alles nicht gehe, hoch verdient, weil sie anpackten, wenn es darauf ankomme, aus Verantwortungsbewusstsein für die eigene Umgebung. Reul hatte für diesen Einsatz eigentlich „mit einem Riesenfest“ danken wollen, was aber wegen Corona nicht ging. So erfand sein Ministerium die „Katastrophenschutz-Einsatzmedaille“ als symbolische Auszeichnung, die er nun ganz persönlich bei den Maltesern überreichen wollte.

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Landesinnenminister Herbert Reul gratulierte den Einsatzkräften bei der Wupperflut und ließ sich deren jeweilige Aufgabe schildern.

Wobei er sich in jedem Fall per Handschlag bedankte, sich nach den jeweiligen Aufgaben im Fluteinsatz erkundigte und deutlich mehr zuhörte als selber redete. Was bei den so Ausgezeichneten sehr gut ankam. „Solche Wertschätzung ist die höchste Anerkennung, die wir erfahren können“, so eine junge Teilnehmerin nach Empfang von Medaille und Anstecknadel.

Mehr Katastrophenschutz

Aber es gab auch Anlass zur Selbstkritik. Der Katastrophenschutz sei von der Politik lange zu wenig beachtet und beinahe schon aufgegeben worden, so Reul. Das sei ein Riesenfehler, weil es an Vorsorge fehle, besonders für größere Notfälle. Seine Folgerung: „Wir brauchen für den Katastrophenschutz neue Strukturen, mehr Geld und neue Ausrüstung.“

Eine Sorge dagegen bestehe nach den Erfahrungen mit dem Fluteinsatz an Wupper und Dhünn etwas weniger: Die um den Nachwuchs im Ehrenamt. „Dieser absolute Einsatz hat den Zusammenhalt bei uns enorm gestärkt“, berichtet Justus Westermann nach der Erfahrung, dass sich all die Ausbildung im Hilfsdienst nun bewährt habe. „Und es hat viele neue junge Leute dazu motiviert, bei uns mitzumachen.“

Dennoch sind und bleiben die Malteser – wie auch andere Hilfsdienste – weiterhin enorm gefordert. In ihrem Fall hält die Krise seit Ausbruch der Corona-Pandemie an, in der sie sich mit Test- und Impfzentren engagiert haben und es weiterhin tun.

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Und nicht zu vergessen: Auch nach der Explosion im Entsorgungszentrum des Chemparks, die Tote forderte, waren sie ganz vorn mit im Einsatz. Zuletzt die Hilfstransporte in die Ukraine. Ein Krisenstab folgte also auf den nächsten, ein Einsatz dem anderen. Und Stadtbeauftragter Hinrichs betont: „Wir sind weiterhin im Einsatz. Da tut eine solche Wertschätzung wirklich gut.“