Im Sommer schließt die Caritas-Möbelwelt. Was heißt das für Gummersbach?
Schließung im SommerCaritas-Möbelwelt: Das wird Gummersbach verlieren

Peter Rothausen, Birgit Pfister, Andreas Rostalski und Markus Augsburger (v.li.) berichteten beim Termin in Mühlenseßmar, dass die Möbelwelt so viel mehr als ein Geschäft ist, in dem es Betten, Stühle oder Schränke gibt.
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Das Aus für die Möbelwelt der Caritas in Gummersbach-Mühlenseßmar Ende Juni wird nur noch abzuwenden sein, wenn ein kleines Wunder passiert. Wie berichtet ist eine drastische Mittelstreichung für das Jobcenter in Oberberg der Grund dafür. Was sich auf den ersten Blick wie die Schließung eines x-beliebigen Einzelhandelsgeschäfts anhört, bei dem Menschen ihren Job verlieren und zum „Arbeitsamt“ gehen, ist bei genauerer Betrachtung weitaus mehr. Gummersbach und die Region würden weitaus mehr verlieren. Das sagen Caritas-Direktor Peter Rothausen, sein Vize Andreas Rostalski, Fachbereichsleiterin Birgit Pfister und Fachkoordinator Markus Augsburger bei einem Treffen in der Möbelwelt. Möbelwelt und das Sozialkaufhaus in der Innenstadt seien beispielsweise auch eine Art Eingangstür zurück in den ersten Arbeitsmarkt zurück zu kommen.
Rabattplakate in der Caritas-Möbelwelt
Im Möbelhaus der Caritas sind Rabattplakate und Hinweisschilder auf die anstehende Schließung schon jetzt unübersehbar und der Mietvertrag bereits gekündigt. Aus der Werkstatt, in der Möbel wieder flott gemacht wurden, sind die ersten Maschinen bereits verkauft worden, weil sie langfristig nicht mehr gebraucht werden. Aber es gibt noch immer ein großes Angebot an Couchen, Schränken, Tischen und Sesseln, das noch an Mann und Frau gebracht werden will. Hinzu kommt Porzellan, das so manche Festtafel noch gut schmücken würde. Ein Besuch lohnt sich also immer noch.
Alles das wird es demnächst nicht mehr geben. Also eine Anlaufstelle für die unterschiedlichsten Bedürfnisse. Seien es Flüchtlinge, die ihre Bleibe einrichten wollen, junge Mensachen, die ihre erste eigene Wohnung haben, oder auf der anderen Seite Menschen, die ihre Wohn ung, ihr Haus auflösen und ihr Mobiliar gerne spenden, wenn es noch weiter verwendet werden kann. „Diese Sachen komme jetzt auf den Sperrmüll“, sagt Rostalski und findet, dass das alles andere als nachhaltig ist. Allein im Jahr 2024 kamen über die Möbelwelt 800 Artikel zu einem neuen Eigentümer.
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Seit 17 Jahren am Standort Mühlenseßmar
Doch was wird jetzt aus den Menschen, die in der Möbelwelt beschäftigt sind? Nach 17 Jahren in Mühlenseßmar ist am 30. Juni also Feierabend dort. Alte Gummersbacher kennen das 600 Quadratmeter messende Geschäft noch aus der Zeit von Möbel Hahne an diesem Ort. 14 Menschen – so genannte AGH-ler (Arbeitsgelegenheiten) – sind aktuell in der Möbelwelt. Hinzu kommen drei Vollzeitkräfte und eine geringfügig Beschäftigte. Für die AGH-ler ist nach Auslauf ihrer Maßnahme definitiv Schluss, was sie danach machen, ist ungewiss. Dabei seien die Maßnahmen auf dem Weg in den ersten Arbeitsmarkt unglaublich wichtig, sagt Augsburger und zählt pünktliches Erscheinen oder den Kontakt mit Kunden auf, die vermittelt worden seien. Aber auch die Zukunft der Vollzeitkräfte sei noch nicht geklärt, sagt Birgit Pfister.
Sie beklagt einen immer weiter erkennbaren Sozialabbau im Land und fragt, wo die Leute noch hin sollen, wenn man die Stellen wie in der Möbelwelt nicht mehr finanzieren könne. Pfister fürchtet daher auch, dass das soziale Klima im Land noch rauher werde. Und Rostalski ergänzt, dass es ja nicht nur im Möbel gehe, sondern um das Netz, um die Leitplanke, die den Menschen geboten worden sei. Bei aller Traurigkeit geht der Blick der Caritas aber nach vorne und hier in Richtung Sozialkaufhaus, das schon jetzt niederschwellige Anlaufstelle für viele Anliegen ist. Sei es für Schwangere, überschuldete Menschen, oder jene, die ein Suchtproblem haben. Was die bauliche Situation in der Wilhelmstraße angeht, so sollen die zweite und dritte Ebene des Sozialkaufhauses demnächst umziehen in die aktuell leer stehenden Räume rechts daneben (früher Porzellan Bremicker).
Erklärtes Ziel der Caritas ist es, das Sozialkaufhaus und die angedockten Bereiche dort auf alle Fälle zu erhalten. Und geplant ist auch in der Nachbarschaft zum Seniorenheim der Caritas am Wehrenbeul in der Wilhelmstraße gleich gegenüber eine Tagespflege zu installieren. Die Machbarkeit werde aktuell geprüft, sagt Rothausen, der in wenigen Wochen nach 37 Jahren bei der Caritas in den Ruhestand geht. Dass mit seinem Ausscheiden die Möbelwelt stirbt, schmerzt ihn hörbar.
Das sagen die Bundestagsabgeordneten
Carsten Brodesser (CDU) hat seine für den Haushaltsausschuss zuständige Kollegin Silke Launert (CSU) angesprochen, was es mit den Kürzungen auf sich hat. Launert ist für die Union zuständig für den Etat Arbeit und Soziales. Brodesser hofft, dass man mit Blick auf die ausstehenden Haushaltsberatungen am Etat für das Jobcenter noch etwas ändern kann im Sinne von Gummersbach. „Doch versprechen kann ich da rein gar nichts.“
Jan Köstering, neuer oberbergischer Bundestagsabgeordneter der Linken, sagt nach Gesprächen mit mehreren Kollegen in der Bundeshauptstadt Berlin, dass man ein Stück weit „ratlos“ darüber sei, warum ausgerechnet das Jobcenter in Gummersbach im Vergleich zu vielen anderen diese drastische Mittelstreichung hinnehmen soll, sodass in der Folge bei sozialen Trägern wie der Caritas in der Möbelwelt Feierabend sei.