Weniger digital, mehr real: Das ist das Ziel des neuen LVR-Projektes im Morsbacher Kulturbahnhof.
Neues FormatIn Morsbach sollen Kunst und Musik die Sozialen Medien überflüssig machen
„Real Community – zeigen, was geht!“, ist der Name des Projektes im Kulturbahnhof Morsbach, das sich im Laufe des nächsten Dreivierteljahres der Diskrepanz zwischen digitalen Medien, beziehungsweise den Sozialen Netzwerken, und der realen Gemeinschaft widmen will. „Wir möchten zeigen, wie eine Rückkoppelung der sozialen Netzwerke im Internet hin zu realen Communitys in einer Gesellschaft funktionieren kann“, erläutert Nadja Schwendemann, Objektmanagerin des Kulturbahnhofs, als Initiatorin des vom Landschaftsverband Rheinland geförderten Projektes.
Morsbacher Projekt will bewussten Umgang mit Medien betonen
„In den Sozialen Medien hat sich eine sehr ungesund wirkende Streitkultur mit einem großen Potenzial zur Vermeidung entwickelt“, beschreibt die Organisatorin. „Blockieren“ gehe ganz einfach und schon scheine das Problem vom Tisch zu sein. Vieles werde aus dem Bewusstsein verdrängt: „Auf diese Weise werden die Nutzer der digitalen Medien aber auch steuerbar für Machtstrukturen, die oftmals vorwiegend von Profitstreben geprägt sind.“
Es sei nicht zu vermeiden, dass junge Menschen mit diesen Medien aufwachsen und in diese Muster hineingeraten: „Alles wird immer schneller, die Informationsflut steigt ins Uferlose und die Natur des Menschen kommt nicht mehr ausreichend hinterher.“ Schwendemann schildert, dass vorrangig zu lernen sei, mit diesen Medien umzugehen und sich bewusst zu machen, was dabei unbemerkt geschehe: „Wir möchten in diesem Projekt aufzeigen, wie sehr die Nutzung der digitalen Medien das menschliche Wahrnehmungsfeld, die Sinnesorgane und das Nervensystem, somit auch unsere Verhaltensmuster und unsere komplette innere Struktur beeinflussen und verändern.“
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Dabei soll auch versucht werden, ein Gegengewicht zu setzen, um wieder einen Zugang in ein reales Zeitgefühl, zum eigenen Körper und somit auch in ganz reale, natürliche zwischenmenschliche Beziehungen zu finden. Entscheidend sei etwa die Frage: „Wie können wir der menschlichen Natur noch genügend Raum geben?“ Zur Erörterung und dem Versuch einer Lösung dieser und anderer Problemstellungen sollen in von Künstlern und Kulturschaffenden durchgeführten Veranstaltungen und Workshops Themen künstlerisch aufgegriffen und dargestellt werden, die aus den Reihen einer interessierten Bevölkerung eingebracht werden.
Erste Gesprächsrunde mit sechs Künstlern in Morsbach
In einer ersten Gesprächsrunde am vergangenen Wochenende haben sich sechs Künstler aus der Region und Mitarbeiter der Ehrenamtsinitiative Weitblick getroffen, um sich gegenseitig kennenzulernen und Ideen auszutauschen, wie das Projekt umgesetzt werden könnte. Der Nümbrechter Multiinstrumentalist und Obertonsänger Christian Bollmann setzt etwa auf einfache Instrumente wie Trommel oder Klangschalen und den experimentellen Umgang mit der eigenen Stimme: „Das ist transverbale Kommunikation und fördert die Gemeinschaft.“
Die Modedesignerin Marianne Kappenstein betreibt vorwiegend Upcycling. Für einen nachhaltigen Umgang mit Ressourcen entwirft sie Bekleidung, die auch schon mal aus geflochtenen VHS-Videobändern, Vakuumverpackungen von Kaffee oder Kartoffelnetzen bestehen kann. Sie betont: „Jeder ist in der Lage, Kunstkleidung herzustellen.“ Zum Abschluss des Abends war sich die „Kreativ-Klause“, wie sich die Gruppe inzwischen nennt, einig, dass eine neue Ebene von Sinneswahrnehmungen notwendig sei, um den digitalen Medien etwas entgegenzusetzen.
Der Weg dahin funktioniere wahrscheinlich am besten durch eine Kombination mehrere Kunstrichtungen mit ihren jeweiligen Besonderheiten. Nadja Schwendemann beschreibt: „Mit unseren Gedanken betreten wir Neuland – wir lassen uns auf etwas ein, von dem wir noch nicht genau wissen, wie es sich entwickeln wird.“ Schwendemann lädt sowohl Künstler, die sich mit dieser Thematik auseinandersetzen wollen, als auch Bürger, die interessante Themenvorschläge haben, ein, sich an dem Projekt zu beteiligen.
Fragen beantwortet Schwendemann per Mail an nadja.schwendemann@gemeinde-morsbach.de oder unter der Telefonnummer (0 22 94) 69 93 37. Als erste Veranstaltung ist ein Konzert mit Christian Bollmann am 14. November um 19 Uhr im Kulturbahnhof geplant, bei dem das Publikum mit einbezogen wird, und am 21. November ab 18 Uhr ein dreistündiger Workshop mit Marianne Kappenstein.