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Alte JugendherbergeIn Morsbach trainiert die Polizei dort, wo andere einst schliefen

Lesezeit 4 Minuten
Seit mehr als sechs Jahren wird die Morsbacher Jugendherberge nicht mehr genutzt. Das Gelände verfällt seither. Doch jetzt darf es die Polizei für Übungen nutzen.

Seit mehr als sechs Jahren wird die Morsbacher Jugendherberge nicht mehr genutzt. Das Gelände verfällt seither. Doch jetzt darf es die Polizei für Übungen nutzen.

Jüngst hat die erste Großübung stattgefunden. Inzwischen verhandelt das Jugendherbergswerk aber auch mit einem Interessenten für das Gelände.

Ein Fahrzeug folgt dem anderen, die Obere Kirchstraße ist voll mit Polizei. Dicht an dicht stehen dort blau-weiße Einsatzwagen und prompt heißt es, in der alten Jugendherberge gebe es einen Großeinsatz – so wie am vergangenen Mittwoch. Doch die steht seit dem 31. Oktober 2018 leer, allein ungebetene (und unerwünschte) Gäste beziehen da heute bisweilen Quartier. Vor den Gebäuden wuchern die Gräser, auf den Wänden die Graffiti. Einen Einsatz gibt es nicht, aber eine Übung. Und daran, dass die Polizei in langer Kolonne dort vorfährt, muss man sich in Morsbach wohl gewöhnen.

Die Kooperation des Jugendherbergswerks mit der Polizei ist noch frisch in Morsbach

„Wir stellen der Polizei das Gelände bei Bedarf zur Verfügung“, sagt Annette Rath, Sprecherin des Landesverbandes Rheinland im Deutschen Jugendherbergswerk. Dem Verband gehören die höchstmaroden Immobilien noch heute. Wie oft die Polizei oberhalb der Morsbacher Mitte für den Ernstfall übt, das könne sie nicht sagen, ergänzt Rath. Denn die Kooperation mit der Polizei sei noch ganz frisch.

Diesmal ist es die Bundesbereitschaftspolizei, die Kurs genommen hat auf die einstige Herberge. „Unsere Einheiten trainieren dort bedarfsorientiert, sodass ich keine genaue Zahl solcher Übungen nennen kann“, berichtet auf Anfrage dieser Zeitung Dennis Goldbeck von der Stabsstelle Öffentlichkeitsarbeit der Direktion Bundesbereitschaftspolizei im hessischen Fuldatal (Landkreis Kassel).

Mehrere Hundertschaften haben in Morsbach den Ernstfall geprobt

Seinen Angaben zufolge sind am Mittwoch Einheiten aus Sankt Augustin im benachbarten Rhein-Sieg-Kreis angerückt. Wie viele Beamtinnen und Beamten es gewesen sind, was für Übungen sie in Morsbach absolviert haben – alles geheim. Aus „einsatztaktischen Gründen“ gebe es dazu keine Angaben, betont Goldbeck. Nur so viel: „Unter den Einheiten waren diesmal die Beweissicherungs- und Festnahmehundertschaft sowie die Technische Einsatzhundertschaft.“

Auch die Hauptschule in Wipperfürth steht verschiedenen Organisationen als Trainingsstätte derzeit zur Verfügung.

Auch die Hauptschule in Wipperfürth steht verschiedenen Organisationen als Trainingsstätte derzeit zur Verfügung.

Morsbachs Bürgermeister Jörg Bukowski hört das mit mäßiger Begeisterung. Denn noch immer würde die Gemeinde das Gelände und die Gebäude gerne kaufen, am liebsten zum symbolischen Preis von einem Euro, und dann das Jugendherbergswerk aus seinen Pflichten entlassen. „Nicht, dass da noch mehr zu Bruch geht bei den Übungen“, überlegt Bukowski – und Polizeisprecher Goldbeck beschwichtigt: „Grundsätzlich trainiert die Bundesbereitschaftspolizei so, dass möglichst keine Beschädigungen auftreten.“

Deutsches Jugendherbergswerk verhandelt mit möglichem Investor für Morsbach

Lieber hört der Rathauschef, dass es nach all den Jahren des Leerstands nun doch wieder einen möglichen Investor gibt, wie Verbandssprecherin Annette Rath verrät, und dass ihren Angaben zufolge die Verhandlungen über einen Verkauf bereits laufen: „Der Interessent kommt aus dem sozialen Bereich und ist in der Kinder- und Jugendhilfe tätig.“ Im vergangenen Juni hatte sich derweil der Siegener Verein „Lernen fürs Leben“ als möglicher Träger der Politik vorgestellt und Vorstandsmitglied Hans-Jürgen von Donop hatte Pläne skizziert, wie aus dem Ensemble eine Förderschule werden könnte.

„Morsbach hat der Verein immer noch im Blick, doch konzentriert er sich derzeit auf einen vielleicht besser geeigneten Standort in Reichshof“, bedauert Bürgermeister Bukowski, der auch gerne seine eigenen Ideen erneut ins Spiel bringen würde: Eine Feuerwehr-Jugendherberge, überlegt er, „könnte dem Jugendherbergswerk konstante Buchungen bescheren“.

Zum einen denkt er da an den Landesverband der Jugendfeuerwehren, der in Morsbach Kinder und Jugendliche an den Brandschutz heranführen könnte, und zum anderen an Schulen, deren Klassenfahrten dorthin führen und den Buchungskalender füllen. „Für Kinder ist das Thema Feuerwehr immer ein attraktives und reizvolles Abenteuer.“ Natürlich sei eine Sanierung notwendig. Die Kosten dafür hatte der Landesverband Rheinland nach der Schließung auf anderthalb bis zwei Millionen Euro geschätzt – und als nicht bezahlbar abgelehnt.

Oberbergs Polizei werde dort dagegen nicht üben, sagt zudem Polizeisprecher Marc Leporin auf Nachfrage: „Wir haben eigene Trainingsstätten. Und eröffnet im kommenden Jahr bei Rosenthal in Olpe das neue Trainingszentrum der Polizei, so fahren wir nur noch dorthin.“


Notfall-Übungen auch in Wipperfürther Schule

Auch in Wipperfürth nutzen die Polizei und der Zoll sowie andere Organisationen ein derzeit leerstehendes Gebäude, um darin zu üben – den 1970 errichteten Neubau an der Konrad-Adenauer-Hauptschule. Die Stadtverwaltung berichtet, dass zudem die Feuerwehr in der Immobilie wöchentlich Notfalleinsätze probe.

Auch konnte Ende August dort ein aufwendiger Großeinsatz der Feuerwehr, des Deutschen Roten Kreuzes und des Krisenstabs der Hansestadt Wipperfürth mit insgesamt rund 130 Beteiligten simuliert und trainiert werden.

Seit Anfang dieses Jahres, so die Stadt, kämen die Polizei und der Zoll mit ihren Hundestaffeln dorthin ebenfalls zum Training, auch das erfolge wöchentlich.