Oberberg – Nahezu im Minutentakt verlässt Ware das Geschäft, Florian Leckebusch und Robin Hannes sind mächtig im Stress, wieder mal. Denn bei Zweiradmeister in Waldbröl ist Abholtag: Ein E-Bike nach dem anderen geht auf die Reise zu einem Pedalrecken, der lieber ein Elektro-Motörchen sirren lässt als hart zu strampeln.
Die Fahrrad-Saison 2022 ist also angebrochen. „Und mehr geht eigentlich kaum“, überlegt Geschäftsführer Leckebusch mit Blick auf die Verkaufszahlen: 30 Räder werden am Raabeweg an einem solchen Tag fertig gemacht für eine neue Besitzerin oder einen neuen Besitzer. „600 Stück in allen Größen und Ausführungen haben wir derzeit noch auf Lager“, berichtet Kollege Hannes und ergänzt: „Seit 2016 verkaufen wir nur E-Bikes – und keine anderen Räder mehr.“
Mutig in die Selbstständigkeit
Mitten in der Pandemie, im August 2020, hat dagegen Ersin Atac den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt und in Gummersbach-Niederseßmar seinen Handel Bike-Atac eröffnet. „Die neue Saison läuft – volle Möhre“, sagt Atac. In den vergangenen zwei Wochen habe er mehr E-Bikes verkauft als in den drei Monaten zuvor. Gute 3000 Euro investiere die Kundschaft gern, um künftig unter Strom durch Oberberg zu kurven, auf 3500 bis 3900 Euro beziffern dagegen die Waldbröler Berater Leckebusch und Hannes die Summen, die bei ihnen in der Kasse landen.
Wer indes so viel Geld ausgeben möchte, der muss sich zuvor Gedanken machen, welches Pedelec das richtige ist. Bernhard Werheid, Sprecher der Regionalgruppe Rhein-Berg/Oberberg im Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC), wird nicht müde, das zu betonen. „Man muss sich gewiss sein, welche Strecken man fahren will“, betont er und denkt an das Bergige im Bergischen. Wer dort cruisen will, der brauche ein Rad, das nicht nur Straße kann, sondern auch Hügel und mehr. „Mit Eröffnung des Panoramasteigs hat der E-Bike-Boom in der Region begonnen. Und ein Ende ist nicht abzusehen.“ Dazu trage auch die Pandemie bei: „Tagsüber Home-Office, abends frische Luft im Fahrradsattel“, bringt es der Bergisch Gladbacher auf den Punkt.
ADFC steht zur Beratung bereit
Gerne helfe der ADFC bei der Wahl des Zweirads, ergänzt Werheid und rät zudem zur Teilnahme an Sicherheitstrainings, „weil bei einem E-Bike ganz andere Kräfte wirken und sich ein solches Rad auch ganz anders fährt“.
Anderthalb Stunden planen die insgesamt vier Berater bei Zweiradmeister für Verkaufsgespräche ein. Für 70 bis 90 Kilometer reiche der Akku an einem Pedelec heute, sagt Robin Hannes. Er erklärt sich den Boom des Bikes auch damit, dass die Oberbergerinnen und Oberberger immer noch zögerten, wenn es um den Urlaub gehe: „Die Ferien zu Hause sind weiterhin der Anlass für Touren durch die Natur.“
Mindestens ein Rad pro Tag bringt derweil Ersin Atac nach eigener Auskunft auf die Straße. Und nur noch eins von zehn Rädern sei eines ohne Motor: „Nur noch echte Mountainbikes sind als Rad ohne Antrieb gefragt.“ Für Oberberg sei bei den Pedelecs das elektrische Trekking-Modell das richtige – eines, das sich auf Straßen ebenso gut fahren lasse wie etwa auf Waldwegen. Der Gummersbacher ist selbst begeisterter Mountainbiker, auch er fährt mit Motor.
„Anhöhen waren früher eine üble Anstrengung, da bist du mit deinem Bike vielleicht einmal, zweimal hochgefahren, um den Spaß bei der Abfahrt zu erleben“, blickt Atac zurück. „Mit einem elektrischen Mountainbike aber fährst du nun fünf-, sechsmal runter, hast also mehr Spaß.“ Wer solche Strecken suche, der könne mit einer Akku-Ladung rund 60 Kilometer zurücklegen, schildert Ersin Atac.