Nümbrecht/Ründeroth – Hendrik Wüst oder Thomas Kutschaty – wer hat sich beim NRW-Duell im WDR am Donnerstagabend besser verkauft? Für Bodo Löttgen, Chef der CDU-Landtagsfraktion, ist die Sache klar: „Hendrik Wüst hat einen prima Job gemacht, weil er die Fragen klar beantwortet hat, weil er in seinen Antworten eindeutig war. Man hatte doch häufig das Gefühl, dass Thomas Kutschaty nicht richtig im Thema ist.“ CDU-Südkreis-Kandidat Löttgen schaute sich die Übertragung im Rahmen einer Mitgliederversammlung seines Nümbrechter CDU-Ortsverbandes im Park-Hotel an.
Einige Kilometer weiter in Ründeroth sah Löttgens Gegenkandidat Tobias Schneider (SPD). Auf die Frage, wie es denn aus seiner Sicht ausgegangen sei, sagte er schmunzelnd: „4:2 für Kutschaty.“ Während im Park-Hotel rund 30 Christdemokraten die TV-Übertragung in einem Konferenzsaal verfolgten, hatten sich Schneider, Nordkreis-Kandidat Thorben Peping und der Kreisvorsitzende Thorsten Konzelmann in der Geschäftsstelle der SPD mit ebenfalls etwa 30 Genossinnen und Genossen zum Grillen draußen im Hof getroffen.
TV-Duell wird in Oberberg konzentriert verfolgt
Eigentlich hatte es hier sogar noch ein oberbergisches WDR-Vorprogramm geben sollen: „Heute läuft in der Lokalzeit ein Beitrag über mich, für den ein Reporter uns in den vergangenen Wochen begleitet hat“, erzählt Peping, mit seinen 23 Jahren einer der jüngsten Kandidaten landesweit. Aber? Peping lacht und sagt: „Unsere Lokalzeit bekomme ich hier über den Internetstream für die Leinwand nicht rein.“ Und so dauert es in Ründeroth wie in Nümbrecht bis 20.15 Uhr, ehe das Fernsehprogramm die ungeteilte Aufmerksamkeit bekam.
Die politisch interessierten Oberberger – egal, ob sie CDU oder SPD bevorzugen – zeigen sich in den folgenden 75 Minuten weniger wie Fußball-Fans in der Stadionkurve, sondern eher wie ein Theaterpublikum: Konzentriert und ohne größere Gefühlsausbrüche verfolgen sie den Schlagabtausch.
Zwischendurch wird die Zustimmung aber dann doch an beiden Schauplätzen deutlich. Es ist – um im sportlichen Bild zu bleiben – in Ründeroth die Anfangsphase des Matches, als Kutschaty Wüst freundlich darauf hinweist, dass der von diesem zuvor gefeierte Rückgang der Kriminalität erstens nicht nur in NRW bemerkbar sei und auch etwas mit der Corona-Pandemie und den Lockdowns zu tun haben könnte: „Wenn zum Beispiel die Läden zu sind, gibt es nun mal auch keine Ladendiebstähle.“ Ein Satz, der in Ründeroth laute Zustimmung auslöst.
Im Parkhotel wiederum schlagen die Emotionen erst später hoch: Die Kandidaten sind aufgefordert, sich zu Aussagen anderer Parteien zu äußern, unter anderem zur FDP-Forderung „Schuldenbremse soll bleiben“. Während Ministerpräsident Wüst sofort den Daumen hebt und zustimmt, gerät Herausforderer Kutschaty ins Rudern: „Grundsätzlich ja, aber es gibt ja Ausnahmen, deswegen ist das jetzt schwierig.“
Das Zaudern ruft bei den Nümbrechter Christdemokraten vehementen Protest hervor, es kommt ihnen vor wie ein Offenbarungseid des SPD-Mannes. Denn wie die SPD ihre Forderungen eigentlich finanzieren will, hatten sich die CDU-Mitglieder schon vorher mehrfach gefragt. Als Kutschaty etwa sagte, die Chance auf ein einheitliches Einstiegsgehalt für Lehrer aller Schulformen habe es mehrfach gegeben – die CDU habe aber entsprechende SPD-Anträge nicht unterstützt. Da hatte Löttgen sofort protestiert. Nicht in der Sache, sondern weil „wie bei fast allem, was Herr Kutschaty gesagt hat, die haushalterische Hinterlegung mit echtem Geld fehlt“.
Um diese emotionalen Ausschläge herum verläuft das TV-Duell für die oberbergischen Beobachter allerdings ruhig. Fast schon zu ruhig: Mancher in Ründeroth hätte sich den eigenen Kandidaten, der ja schließlich als Herausforderer ins Rennen geht, etwas angriffslustiger gewünscht. „Er macht das eben sehr sachlich“, sagt Kandidat Schneider dazu.
Aussagen aus Wahlprogramm-Spiel sei wenig hilfreich für Wähler
Einig ist man sich in Nümbrecht und Ründeroth, dass auch das Format des WDR seinen Teil zur Ruhe beiträgt. Natürlich wird das Spiel, bei dem Wüst und Kutschaty immer wieder raten müssen, aus wessen Parteiprogramm eine Aussage stammt, spannender, wenn es von beiden sein könnte. Irgendwann ärgert das Thorben Peping aber doch: „Das sieht ja am Ende so aus, als wenn es egal wäre, wen von uns man wählt.“ Und Bodo Löttgen meint: „Diese speziellen Formulierungen rauszupicken, fand ich für die Wählerinnen und Wähler wenig hilfreich.“
Und so gibt es am Ende für die Zuschauer in Oberberg trotzdem zwei Sieger: einen namens Kutschaty für die Genossen in Ründeroth, einen namens Wüst für die Christdemokraten. Eine Siegesfeier wird es aber trotzdem erst Sonntagabend geben.