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„Politische Sturzgeburt”: Kritik an neuen Bürgertest-Regeln

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Düsseldorf/Dortmund – Teststellenbetreiber und die Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) in Nordrhein-Westfalen hadern mit den neuen Regeln zu Corona-„Bürgertests”. Leider sei die Verordnung eine politische „Sturzgeburt”, teilte die KV Nordrhein am Donnerstag mit. Mit Blick auf die Erfahrungen aus zwei Pandemie-Jahren habe man erwartet, derart grundlegende gesetzliche Neuerungen zum Testen würden nicht wieder extrem kurzfristig beschlossen. Auf die Teststellen kommen geringere Einnahmen sowie organisatorischer Aufwand zu, die Betreiber schimpfen zudem über ungenaue Regelungen.

Seit Donnerstag haben nur noch Gruppen wie Kinder unter fünf Jahren, Schwangere oder Besucher von Krankenhäusern Anspruch auf einen kostenlosen Test. Will man eine Veranstaltung besuchen oder hat eine rote Corona-Warn-App, muss man drei Euro Eigenanteil leisten, den Rest zahlt der Staat. Wer sich ohne Grund testen lassen will, muss komplett selbst bezahlen. Den Preis bestimmt in diesem Fall das Testzentrum. Die Regelungen wurden erst am Mittwoch im Bundesanzeiger veröffentlicht - wenige Stunden vor Inkrafttreten.

So sei das bei allen bisherigen Änderungen der Testverordnung gewesen, teilte ein Sprecher der KV Westfalen-Lippe mit. „Dies stellt alle Beteiligten regelmäßig vor große Herausforderungen.” Auch NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) hatte die „auf den letzten Drücker” beschlossenen Vorgaben kritisiert.

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Am Donnerstag habe erstmal „komplettes Chaos” geherrscht, schimpfte Sven Teschner, der in Werl ein Testzentrum betreibt. Bis in die Nacht zum Donnerstag habe man an der Umsetzung gearbeitet. „Wir waren kurz am Überlegen, ob wir den Laden nicht einfach dichtmachen”, sagte er.

Es sei schwierig, 16 Mitarbeitende über Nacht zu schulen und etwa in die neue Nachweispflicht einzuweisen, sagte Emil Riggelsen, Betreiber einer Teststelle in Arnsberg. Es gebe keine klaren Anweisungen, der Interpretationsspielraum der Verordnungen sei enorm hoch. Schwierigkeiten bereiten etwa Nachweise für den Anspruch auf einen kostenlosen Test: Ist das Kind jünger als sechs Jahre? Ist die Frau schwanger? Pflegt die Person daheim einen Angehörigen?

Auch die KV bemängelten die Regelungen als ungenau, sie fordern Nachschärfungen vom Gesetzgeber. Besonders die Zuzahlungsregelung von drei Euro bei bestimmten Konstellationen könne zu Missverständnissen in Teststellen führen, fürchtete die KV Nordrhein.

„Letztlich kann jedes Zusammenkommen von Menschen als „Veranstaltung” verstanden werden”, teilte die KV Nordrhein mit. Auch werde sich in der Praxis nicht belastbar prüfen lassen, ob der oder die Getestete eine Person mit erhöhtem Risiko an Covid zu erkranken besuchen wolle.

„Die Regelungen zu den Bürgertestungen sind Bundesrecht”, teilte das nordrhein-westfälische Gesundheitsministerium mit. Zuständig sei das Bundesgesundheitsministerium.

Betreiber berichteten von ohnehin sinkenden Testzahlen. Nun können sie pro Test auch noch weniger Geld abrechnen: Bei Tests von Menschen mit Anspruch auf einen kostenlosen Test gibt es künftig 9,50 statt 11,50 Euro. Bei Tests mit Selbstbeteiligung bekommen sie die 3 Euro Eigenanteil zusätzlich zu 6,50 Euro vom Staat.

Einige Teststellen in NRW verzichten aber zunächst auf diese drei Euro. Bei acht Stellen in Münster gilt das sogar für den ganzen Juli, dort sind in der Zeit Tests für alle Gruppen kostenlos: Man wolle versuchen, sich im Sommer bei „plus minus Null” zu halten und hoffe dann wieder auf mehr Testpersonen im Herbst und Winter, sagte Lou Hülswitt von der Betreiberfirma Triple A.

Bei den KV ist diese Übernahme auf eigene Faust nicht so gern gesehen: „Ein Verzicht auf den Eigenanteil durch die Teststelle ist nicht vorgesehen. Nur das Land darf einen Teil des Eigenanteils übernehmen”, teilte die KV Westfalen-Lippe mit. „Eine solche Kostenübernahme ist seitens des Landes nicht geplant”, hieß es allerdings vom NRW-Gesundheitsministerium.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte Tests als wertvoll bezeichnet, allerdings seien die Kosten für die Steuerzahler für die bisher kostenlosen Tests zu hoch.

© dpa-infocom, dpa:220630-99-863881/3 (dpa/lnw)