Rhein-Berg – Die bundesweite Austrittswelle vor allem aus der katholischen Kirche hat jetzt auch den eher ländlich-konservativ strukturierten Südteil des Rheinisch-Bergischen Kreises, also das Verbreitungsgebiet dieser Zeitungsausgabe, erfasst, und der Trend geht weiterhin steil nach oben. Das zeigen die jüngsten Austrittszahlen, die die Direktorin des Gladbacher Amtsgerichts, Johanna Saul-Krickeberg, auf Anfrage mitteilte.
Hatten sich im Jahre 2019 „nur“ 895 Katholikinnen und Katholiken von ihrer Kirche losgesagt, so sank diese Zahl im Jahr 1 von Corona sogar wieder leicht auf 756, um dann 2021 zu explodieren: 1647 Gläubige aus Bergisch Gladbach, Rösrath, Overath, Odenthal und Kürten suchten das Amtsgericht auf, um ihren Austritt zu erklären.
Steigerung um 118 Prozent
Das sind 218 Prozent des Vorjahreswertes oder eine Steigerung in einem Jahr um 118 Prozent – damit liegt die Steigerung im katholisch geprägten Südkreis beinahe doppelt so hoch wie die Steigerung im Bundesdurchschnitt. Diese hatte die Katholische Bischofskonferenz am Montag für 2021 mit 60 Prozent angegeben.
In diesem Jahr haben bis zum 28. Juni, also praktisch bis Jahresmitte, bereits 1176 katholische Gläubige im Südkreis ihren Kirchenaustritt erklärt. Sollte sich der Trend fortsetzen, werden sich bis zum Jahresende mehr als 2350 katholische Gläubige von Papst Franziskus und Kardinal Rainer Maria Woelki lossagen, was einer Steigerung um 43 Prozent entspräche.
Im Vergleich dazu sehen die aktuellen Zahlen bei den Protestanten im Südkreis, die bereits in früheren Jahren mit Kirchenaustritten zu kämpfen hatten, weniger dramatisch aus (siehe Grafik). Im Mittelpunkt der Empörung steht seit Jahren der sexuelle Missbrauch von Kindern und Jugendliche durch kriminelle Straftäter im Gewand katholischer Priester und der Umgang der Amtskirche damit.
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Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Dr. Georg Bätzing, erklärte am Montag unter anderem: „Zu diesen Zahlen müssen wir die Erkenntnis hinzulegen, dass mittlerweile nicht nur die Menschen austreten, die zu ihrer Pfarrei schon über einen längeren Zeitraum wenig oder sogar keinen Kontakt hatten, sondern es mehren sich Rückmeldungen, dass Menschen diesen Schritt gehen, die bisher in den Pfarreien sehr engagiert waren.“ Die „Skandale“, die in erheblichem Maße selbst zu verantworten seien, zeigten sich in der Austrittszahl als Spiegelbild.