- Dr. Thomas Schwabach ist der neue Stadtarchivar in Bergisch Gladbach.
- Die Zukunft liege vor allem in der Digitalisierung.
- Denn: „Geschichte ist zum Verständnis unserer Gegenwart sehr wichtig“, sagt der studierte Historiker.
Bergisch Gladbach – Dass ein Archiv weit mehr ist als eine Sammlung verstaubter Akten, weiß Dr. Thomas Schwabach nicht erst, seitdem er in den vergangenen 13 Jahren das Archiv der Universität im schweizerischen St. Gallen geleitet und dort spannende Geschichte(n) aus dem Archiv sogar in Youtube-Videos aufbereitet und so „zum Sprechen“ gebracht hat.
Das vor allem zu Papier gewordene Gedächtnis von Menschen fasziniert den neuen Leiter des Stadtarchivs Bergisch Gladbach schon seit jungen Jahren – und geht es nach ihm, soll es keineswegs allein bei gut erfassten und sicher gelagerten Archivalien bleiben.
Ohne Geschichte kein Verständnis für die Gegenwart
„Geschichte ist zum Verständnis unserer Gegenwart sehr wichtig“, sagt der promovierte Historiker mit dem zweiten Staatsexamen als Archivar, der sich vorgenommen hat, die archivalischen Schätze der Kreisstadt noch stärker digital aufzubereiten, um sie noch mehr Nutzern zugänglich zu machen. Und das müssen keineswegs allein Historiker oder Geschichtsforscher sein.
Auch Schüler könnten für Geschichtsarbeiten – wie dies in der Vergangenheit bereits bei Arbeiten für den Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten erfolgreich der Fall gewesen ist – digital noch viel leichter auf Akten, Urkunden, historische Fotos und Dokumente zugreifen. Und auch andere Interessierte könnten sich ohne großen Aufwand über die Geschichte Gladbachs informieren.
Die Zukunft liege in der Digitalisierung
„Die Zukunft liegt ganz klar in der Digitalisierung“, sagt der neue Stadtarchivar. Und: „In Zeiten des Internets und Social media genügt es nicht mehr, Archivgut ausschließlich im Archiv zugänglich zu machen.“ Sein Ziel: „Mit den Quellen quasi zu den Menschen ins Wohnzimmer kommen.“ Bereits während seiner Schulzeit hat der heute 47-Jährige im Pfarrarchiv seines Heimatortes Zons geforscht und teils Benutzeranfragen beantwortet, womit er quasi archivische Aufgaben übernommen hat.
In Neuss geboren, wuchs Schwabach in der historischen Stadt Zons auf, die seit der Kommunalen Neugliederung ein Stadtteil von Dormagen ist. Nach der Grundschule besuchte er das Bettina-von-Arnim-Gymnasiums in Dormagen, beschäftigte sich mit der Zonser Lokalgeschichte, ging der Geschichte der Ziegelherstellung in seiner Heimatregion nach und engagierte sich in der Freizeit neben dem örtlichen Pfarr- auch im Dormagener Stadtarchiv.
Studium der Geschichte und Soziologie
Nach dem Abitur und dem Zivildienst studierte Thomas Schwabach Geschichte und Soziologie und schloss sein Studium an der Düsseldorfer Heinrich-Heine-Universität als Magister Artium ab. Im Anschluss promovierte er bei Professor Dr. Hansgeorg Molitor in Rheinischer Landesgeschichte und Neuerer Geschichte. In seiner Doktorarbeit behandelte er die Geschichte des Zieglergewerbes – mit besonderem Fokus auf Zons.
Auch während des Studiums war der Historiker als Studentischer und später Wissenschaftlicher Mitarbeiter an unterschiedlichen Historischen Seminaren der Uni sowie im Universitätsarchiv Düsseldorf tätig.
Von Düsseldorf nach Weinstadt bei Stuttgart
„Vom Archivbenutzer bin ich schon früh auf die andere Seite gewechselt“, erinnert sich der 47-Jährige. Von der Tätigkeit im Düsseldorfer Universitätsarchiv wechselte er in die Leitung eines Stadtarchivs – in Weinstadt bei Stuttgart. „Eine interessante Tätigkeit, weil sie sehr vielfältig war“, resümiert Schwabach. Neben den städtischen Archivbeständen war er für das örtliche Bauernkriegsmuseum sowie drei Heimatmuseen im Stadtgebiet zuständig.
2004 kehrte Thomas Schwabach zum ersten Mal nach Nordrhein-Westfalen zurück, absolvierte das Archivreferendariat beim Land und arbeitete auch nach dem Staatsexamen an der Archivschule Marburg zunächst weiter beim Landesarchiv Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf, bevor er 2007 Leiter des Archivs der Universität St. Gallen wurde.
Das Stadtarchiv
1900
Laufmeter umfasst ungefähr das Archivgut, für das Thomas Schwabach mit seinen vier Mitarbeitern seit drei Wochen zuständig ist. Und sie haben es in sich: Quellen zur frühneuzeitlichen Kriminalitätsgeschichte finden sich darin ebenso wie Dokumente zur Industriegeschichte der Stadt Bergisch Gladbach, Zeitungen aus mehreren Jahrhunderten und Tausende Fotos aus der facettenreichen Geschichte der Kreisstadt.
Als historisches Informationszentrum verwahrt das Stadtarchiv Akten, Bücher und Zeitschriften, Fotos, Pläne, Plakate, Sammlungen und Zeitungen zur Stadtgeschichte. Auch die Protokolle des Bensberger und Gladbacher Stadtrates seit 1846 liegen im Stadtarchiv, dessen ältesten Bestände bis ins 16. Jahrhundert zurückgehen.
Geöffnet ist das Stadtarchiv im Gustav-Lübbe-Haus an der Scheidtbachstraße 23 im Stadtteil Heidkamp grundsätzlich montags bis freitags von 9 bis 12 Uhr sowie zusätzlich montags bis mittwochs von 14 bis 16 Uhr sowie donnerstags von 14 bis 18 Uhr. Aufgrund der aktuellen Lage sind Besuche zurzeit nur nach vorheriger Absprache möglich. Weitere Information auch zu den Beständen gibt es telefonisch unter (0 22 02) 14 22 08 und im Internet. (wg)
Als dann in diesem Jahr mit der Pensionierung von Gladbachs Stadtarchivar Dr. Albert Eßer die Archivleitungsstelle in der rheinisch-bergischen Kreisstadt frei wurde, bewarb sich Schwabach. „Ich bin Rheinländer, mag die Art der Menschen hier sehr und kenne eine Vielzahl der auch für Bergisch Gladbach wichtigen Archivalienarten bereits aus vorherigen Tätigkeiten hier im Rheinland“, erzählt der Archivar, der mit dem beruflichen Wechsel nach Bergisch Gladbach-Herkenrath gezogen ist.
„Das Bergisch Gladbacher Stadtarchiv ist ein großes Archiv mit spannenden Beständen und einer sehr großen Bandbreite“, sagt Schwabach. Sein Interesse geweckt hat bereits das Thema Hexenverfolgung in der Frühen Neuzeit, das sich auch in den Archivquellen spiegelt. Die Kooperationen des Stadtarchivs, etwa mit der Universität zu Köln bei der Quellenedition, mit der Denkmal- und Bodendenkmalpflege, möchte der neue Archivleiter gerne fortsetzen und wo möglich intensivieren.
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Die Archäologie ist ebenfalls ein Faible von ihm. In der Schweiz hatte er die Genehmigung zum Sondengehen, fand als freiwilliger Unterstützer des Amtes für Archäologe mit seinem Metalldetektor ebenso eine Bleibulle von Papst Johannes XXIII., der am berühmten Konstanzer Konzil teilgenommen hat, wie auch zahlreiche römische Münzen.
„Ein wunderbares und spannendes Hobby“, sagt der Wissenschaftler, der sich auch für Kunst interessiert. Und das nicht allein als Rezipient. Die Wände seines frisch bezogenen Büros im Stadtarchiv zieren eigene Bilder, Acryl auf Leinwand, inspiriert vom Stil Gerhard Richters, aber mit deutlichen Bezügen zu Schwabachs Arbeit: „Dieses Muster heißt römischer Verband“, sagt er lächelnd und deutet auf eins seiner Werke an der Wand.
„An den ordentlich und sauber gesetzten Kanten kann man vielleicht den Archivar erkennen, der sehr ordentlich und strukturiert arbeiten und die Dokumente ablegen muss.“ Keine Frage, mit Elan und Kreativität freut sich Schwabach auf seine neuen Aufgaben.