Bergisch Gladbach – Sie halten dicht. Darin sind sie Experten. Auf die Technik und Produktion von Dichtungen nach Maß hat sich das Unternehmen PJ Schulz spezialisiert. Schon Jahrzehnte liefert der Kölner Betrieb seine Produkte an namhafte Industriekonzerne. Eine lang geplante Erweiterung hat das Unternehmen in Bergisch Gladbach-Bensberg inzwischen realisiert.
Wie vielfältig der Einsatz von Dichtungen ist, erzählt Martin Schulz bei einem Betriebsrundgang eher beiläufig: „Das Museum der Deutschen Bahn fragte bei uns an. Dort steht ein Nachbau der Dampflok Adler – die erste Dampflok Deutschlands. Sie muss jährlich gewartet werden. Wir haben das Problem mit der Dichtung lösen können und werden seitdem vom Museum regelmäßig angefragt.“ Maschinen, Fahrzeuge oder Schiffe – Dichtungen seien weltweit gefragt. Schulz: „Wir liefern für den Schiffsbau bis zu den Marschallinseln im Südpazifik.“
Start in der Kölner Südstadt
Das Unternehmen trägt die Initialen seines Gründers Peter Josef Schulz, Großvater der heutigen Inhaber. Martin und Herbert Schulz führen gemeinsam mit ihrer Schwester Regine Scheifarth die Firma in der dritten Generation.
1938 ist PJ Schulz mit einem kleinen Handel an Sanitärbedarf und Pressluftschläuchen in der Kölner Südstadt gestartet. Mit dem Eintritt der Enkel ins Unternehmen in den 80er Jahren richtet sich der Blick verstärkt auf Dichtungen aus eigener Produktion.
PJ Schulz hat individuelle Lösungen erarbeitet für Konzerne der chemischen und der petrochemischen Industrie, in den Branchen Lebensmittel und Pharmazie sowie Maschinenbau und Forschung. „Wir entwickeln uns stetig weiter und bauen eigene Maschinen für unsere neuen Techniken“, erklärt der Geschäftsführer. Aktuell werde an einer besonderen Veredlung von Dichtungen gearbeitet. Schulz: „Eine Dichtung mit Metalleinfassung.“
Mit der Weiterentwicklung haben sich längst auch die Aufgaben und Tätigkeiten der Mitarbeiter spezialisiert. Unentwegt sind die Schneidemaschinen in der Fertigung im Einsatz. An den Maschinen werden Zeichnungen von Dichtungen auf verschiedene Materialien projiziert und dann selbstständig mechanisch ausgeschnitten. Schulz: „Unsere technischen Mitarbeiter bearbeiten die Zeichnungen und setzen sie danach an der Maschine um. Dafür gibt es noch gar keine Berufsbezeichnung.“ Die Inhaber sind stolz auf die vielen langjährig Beschäftigten, die auch in zweiter Generation dort arbeiten.
Lernen an der eigenen Maschine
Erstmals geht das Unternehmen PJ Schulz einen neuen Ausbildungsweg an: Um sich den Nachwuchs in der Fertigung spezieller Dichtungen zu sichern, werden ab September zwei junge Menschen im Beruf des Maschinenführers ausgebildet. „Sie lernen an den eigens von uns entwickelten Maschinen. Das ist Premiere“, erklärt die Unternehmerin Regine Scheifarth. Die Ausbildung umfasse unter anderem die Fachrichtung Mechatronik. Außerdem werden zwei weitere Jugendliche im kaufmännischen Bereich ihre Ausbildung im September beginnen. Dann sind acht Lehrlinge in verschiedenen Ausbildungsjahren bei PJ Schulz beschäftigt. „Trotz Corona ist es wichtig in die Zukunft zu blicken. Zudem haben wir die Verantwortung als Unternehmer, jungen Menschen eine berufliche Perspektive zu bieten“, betont Scheifarth. (dr)
„Unseren ersten Mitarbeiter haben wir 1987 eingestellt. Sein Sohn leitet heute unsere IT-Abteilung“, erzählt Regine Scheifarth. Sie ist für die Finanzen des Betriebes zuständig. 45 Beschäftigte sind aktuell bei PJ Schulz tätig. Unter ihnen vier Auszubildende, die die Berufe Industriekauffrau/mann sowie Groß- und Einzelhandelskaufmann/frau erlernen. „Wir könnten hier in einem Beruf ausbilden, der sich in unserem Unternehmen erst entwickelt hat und den es so noch gar nicht gibt“, schildert Regine Scheifarth (s. Infokasten). Wegen der Corona-Schutzregeln und um die Produktion nicht zu gefährden, arbeitet die Belegschaft in zwei Teams und auch in Schichten.
In den 6,5 Meter hohen Regalen in der Fertigung lagern bis zu 1000 verschiedene Qualitäten für die jeweiligen Dichtungen – mal Graphit, mal Elastomere. Hinzu kommt das Lager mit unzähligen Kleinteilen, die für Schlauch- und Amaturentechnik sowie Sonderprodukte benötigt werden. Scheifarth: „Innovation ist uns immer wichtig gewesen. Wenn man schläft, geht es nicht weiter.“
So viel Platz wie in Bensberg hatte das Unternehmen am alten Standort im Gewerbegebiet Rath/Heumar längst nicht. „Ein Firmenumzug mit Erweiterung scheitert oft an den Möglichkeiten“, weiß Regine Scheifarth jetzt aus Erfahrung. Denn in Köln hätten sie vergeblich eine neue Immobilie gesucht. Von der Stadt habe es keine Unterstützung gegeben, etliche Gewerbeflächen seien zu teuer. Zuerst interessierten sich die Firmeninhaber für eine Fläche im Bergisch Gladbacher Gewerbegebiet Obereschbach. „Doch dort konnten wir wegen der Hanglage nicht groß genug bauen.“ Die geforderten Auflagen an die Gestaltung des Grundstücks ließ die Geschwister zögern. Dann entdeckten sie das rund 5000 Quadratmeter große Grundstück mit leerstehender Halle von Oerlikon, früher Interatom, in Bensberg. Ende 2019 ist PJ Schulz dort eingezogen. Der Rest ist Geschichte.