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Klima und LärmFlughafen-Chef spricht im Rhein-Berger Finanzausschuss

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Der Flughafen Köln/Bonn hat viele Gesichter: Tor zur Welt, Job-Motor, aber eben auch Lärmquelle in der Nacht.

Rhein-Berg – Der „Vortrag eines Vertreters des Flughafens“ war für die jüngste Sitzung des Kreis-Ausschusses für Finanzen, Wirtschaft und Beteiligungen angesagt, und der Vertreter, der dann am Abend tatsächlich im Bergischen Löwen vortrug, war kein Vertreter vom Chef, sondern der Chef persönlich. Johan Vanneste trug mit Charme und Humor vor, was der Airport in Sachen Umwelt- und Lärmschutz alles unternimmt. Jüngst erst hatte der Rheinisch-Bergische Kreis wie die übrigen Flughafeneigentümer zusätzliches Geld in den durch die Pandemie in Finanznot geratenen Airport gesteckt.

14 800 Menschen, laut Vanneste ein neuer Rekord, arbeiten an und auf CGN: 1850 bei der Flughafen GmbH unmittelbar, die übrigen bei 130 Firmen und Behörden. Größter Arbeitgeber ist Frachtkonzern UPS mit 3000 Menschen, gefolgt von Eurowings und dem Flughafen selbst – „obwohl wir die ganze Zeit Arbeitsplätze abgebaut haben, weil wir in einer Krise stecken.“ Dabei betrifft die Corona-Krise nur einen Teil des Geschäfts: Denn während die Zahl der Passagiere von 2019 auf 2020 um 75 Prozent auf 3,08 Millionen Menschen zurückging, gab es ein erhebliches Wachstum bei der Fracht: plus sechs Prozent auf 863 000 Tonnen, darunter übrigens auch in Belgien produzierte Pfizer-Impfstoffe.

Manchen Zuhörer überraschte Vanneste, der erst soebensein vorzeitiges Ausscheiden aus der Geschäftsführung angekündigt hat, mit dem Satz „Mehr Transportleistung bedeutet nicht mehr Verkehr.“ Der Trend gehe zu weniger Flügen, aber größerem Fluggerät. Die Zahl der „Verkehrseinheiten“ (100 Kilo Fracht oder ein Mensch) habe sich von 1995 bis vor Corona fast verdreifacht, die Zahl der Flugbewegungen sei weitgehend stabil geblieben. Zugleich würden die Maschinen leiser.

Wie alle Airports der Welt hat sich laut Vanneste auch Köln/Bonn das Ziel gesetzt, bis 2050 als Flughafen klimaneutral zu sein. Bis 2030 sollen die Verbrauchswerte halbiert werden. Dafür tun Vanneste und seine Mitarbeitenden einiges, von dem bereits erwähnten Holzkraftwerk über LED-Lampen und eine Wasserstoff-Tankstelle bis hin zu elektrisch betriebenen Schleppern und Palettentransportern auf dem Rollfeld.

Problemfall Windenergie

Insgesamt verfügt der Flughafen aktuell über mehr als hundert elektrisch betriebene Fahrzeuge. Fünf Photovoltaik-Anlagen auf 80 000 Quadratmetern liefern grünen Strom, außerdem startet der Flughafen ein Pilotprojekt mit Mikrowindrädern. „Als Flughafen darf man keine Hindernisse haben, sonst fliegen die Maschinen dagegen. Und das wollen wir auch nicht“, beschreibt Vanneste schmunzelnd die besonderen Rahmenbedingungen.

Und dann verweist er auf das Lärmminderungskonzept mit vier Säulen: lärmmindernde Flugverfahren, Steuerung über Gebühren und Entgelte, Zuschüsse für passiven Schallschutz (bisher 85 Millionen Euro) und „Transparenz und Information“. Über das Internet-Angebot „Travis“ könne jederzeit verfolgt werden, wer wo wie laut fliege. Das Gebühren- und Rabattmodell zeige Wirkung. So sei die Zahl der Flüge von Maschinen des Typs MD11 von 2381 in 2018 auf 1012 in 2020 gesunken, während die weitaus leiseren Boeing-777-Flüge von 2060 auf 2086 gestiegen seien. Die Modernisierung habe wirtschaftlichen Gründe, helfe aber bei der Lärmminderung.

Grünen-Chefin Ursula Ehren konfrontiert Vanneste mit der Wahrnehmung, dass es nachts lauter geworden sei. Dies hänge womöglich mit dem Wachstum bei der Fracht zusammen. Mittlerweile gebe es Lärmschutzproteste auch in Kürten. Vanneste verweist auf seine Betriebspflicht. Andererseits sei ein grenzenloses Wachstum aus Kapazitätsgründen ausgeschlossen. „Nachts benutzen wir nur eine Landebahn.“ Das große Wachstum habe nicht nachts, sondern am Tag stattgefunden. Der Umgang mit dem Lärmlasten sei auch eine politische Entscheidung „Sie haben uns Geld gegeben, um uns zu helfen. Aber wenn wir nachts schließen, betrifft das 7000 Jobs.“ Folge wäre, dass der Flughafen künftig jedes Jahr erneut seine Eigentümer, zu denen bekanntlich auch Rhein-Berg zählt, um finanzielle Hilfen bitten müsse.