Seit Mittwoch fließt der Rotbach bei Friesheim nicht mehr schnurgerade, sondern schlängelt sich. Am Ufer soll ein Auwald entstehen.
Umzug ins neue BettRotbach bei Friesheim ist renaturiert
Der große Moment geht ganz unspektakulär über die Bühne. Ein Bagger schaufelt das Erdreich zur Seite, das das alte Bett des Rotbachs vom neuen trennt, und schon sucht sich das Wasser seinen Weg. Allerdings fließt es in die falsche Richtung, flussaufwärts gewissermaßen. Das muss so sein, beruhigt Dr. Daniel Bittner vom Erftverband. Denn kurz darauf wird die Umleitungsstrecke auch von der anderen Seite geöffnet.
Damit der Rotbach dann nicht mit zu viel Tempo in die Kurven geht, bremst ihn der Gegenstrom. Im Februar hatte der Erftverband mit der Renaturierung des Rotbachs südlich von Friesheim begonnen. Am Mittwochmorgen wurde nun das letzte Stück des neuen, gewundenen Bachbettes geflutet.
An den Stellen, an denen das Wasser schon länger umgeleitet ist, kann man sehen, wie schnell sich Leben einfindet. Pflanzen auf dem Grund des Baches wiegen sich sanft in der Strömung, winzige Fische flitzen hin und her. Damit auch die Bachbewohner, die das menschliche Auge nicht wahrnimmt, rasch den neuen Lebensraum besiedeln, wird Material von der Sohle des alten, schnurgeraden Bachbetts herübergebracht und der neue Lauf damit gewissermaßen geimpft.
Alles zum Thema Erftverband
- Hochwasserschutz Wasser kann künftig in den Zülpicher See abgeleitet werden
- Doch kein Luxushotel Warum an den Jahnshöfen in Erftstadt Ernüchterung eingekehrt ist
- Umweltsünde wird beseitigt Schwermetalle aus Mechernich noch in Rotterdam nachweisbar
- Flutkatastrophe Blessemer fürchten, dass der Ort beim nächsten Hochwasser wieder absäuft
- Hochwasserschutz Der Wettlauf gegen die nächste Katastrophe
- Hochwasserschutz Bau eines Rückhaltebeckens in Bad Münstereifel beginnt frühestens 2029
- Keine Verletzten Heißluftballon gerät nach Landung bei Zülpich in Stromleitung und fängt Feuer
Es geht nur um 300 Meter Rotbach, die durch die Mäander um 170 Meter verlängert werden. „Aber die ökologische Aufwertung des Gewässers und seines Umfeldes ist beispielhaft“, sagt Jens Hoffesommer, Leiter des Erftstädter Umweltamtes.
Die Fläche zwischen Rotbach und Ortsrand gehört der Stadt, die sie umgestalten wird. Hoffesommer ist optimistisch, dass dort ein Weichholzauwald entsteht, in dem Weiden und Erlen gedeihen. Er will eng mit der Biologischen Station Bonn/Rhein- Erft zusammenarbeiten, um die Auswirkungen der Renaturierung auf die Tier- und Pflanzenwelt zu beobachten.
Bei Hochwasser soll das Areal überschwemmt werden, ohne dass irgendein Schaden entsteht. Der Erdwall, der noch dort liegt, wird zu einem Damm umgeformt. Er wird 14 Meter breit und 70 Zentimeter hoch und soll im Gelände gar nicht als Deich wahrgenommen werden.
Die Renaturierung von Bächen und Flüssen ist immer auch Hochwasserschutz. Bittner dämpft aber zu hochgesteckte Erwartungen: Vor einer großen Flut werde das kleine Projekt nicht schützen. „Wir nehmen dem Fluss etwas von seiner Energie“, beschreibt der Fachmann die Wirkung. Und viele kleine Schritte ergäben letztlich einen großen.
Er wusste auch Neues zur Renaturierung der Erft nahe der Gymnicher Mühle zu berichten. Das Projekt hatte gestockt, wie Bittner erklärte, vor allem wegen der nahegelegenen Kiesgrube seien Pläne überarbeitet worden. Doch im kommenden Jahr sollen dort die Arbeiten endlich beginnen.