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Serie „Unser Wasser“Wie in Hürth aus der braunen Brühe wieder klares Wasser wird

Lesezeit 5 Minuten
Ein Mann im kurzärmeligen Hemd an einem Schieber vor dem sprudelndem Wasser im Klärbecken.

Abteilungsleiter Kai Wapenhans vor einem der biologischen Klärbecken, die das Herzstück der Anlage sind.

Eine Kapazität von 530 Litern Abwasser in der Sekunde hat die Kläranlage in Hürth. Dort machen sich auch Bakterien über die Schadstoffe her.

Beim Wasser sind die Hürther Selbstversorger: Ihr Trinkwasser fördern die Stadtwerke im eigenen Wasserwerk in Efferen, aber auch am anderen Ende des Wasserkreislaufs ist das kommunale Tochterunternehmen aktiv. Was in Hürther Abflüssen, Toiletten und Gullys verschwindet, taucht in der kommunalen Kläranlage in Stotzheim wieder auf. Dort wird in einer Kaskade aus Reinigungsstufen aus einer braunen Brühe wieder klares Wasser. „Im Notfall würde ich es trinken“, sagt Betriebsleiter Stefan Breidenbach über sein Produkt.

Bis Ende der 70er-Jahre gab es in Hürth sogar ein halbes Dutzend Kläranlagen über das Stadtgebiet verteilt, die größte davon in Hermülheim. Davon zeugt dort noch der Straßenname „Am alten Klärwerk“. Schließlich beschloss der Rat, die vielen kleinen durch eine große Kläranlage in Stotzheim zu ersetzen, die über den südlichen Randkanal in den Rhein entwässert. Das habe technische, aber auch organisatorische Vorteile gehabt, etwa beim Personaleinsatz, erklärt Kai Wapenhans, Abteilungsleiter Wasser/Abwasser bei den Stadtwerken.

Klärwerk löste in Hürth ein halbes Dutzend kleinerer Anlagen ab

In den Jahren 1980/81 wurde die neue Kläranlage auf einer Fläche von etwa sechs Fußballfeldern zwischen den Äckern errichtet. Viele Bauwerke der Anlage wie Klärbecken und die markanten Faultürme für den Klärschlamm stammen noch aus dieser Zeit. Doch die Technik wird immer wieder auf den neuesten Stand gebracht. „Eine Kläranlage ist eine Dauerbaustelle“, sagt Abteilungsleiter Wapenhans. Allein in diesem Jahr investieren die Stadtwerke vier Millionen Euro unter anderem in neue Gas- und Faulbehälter, Pumpen, einen neuen Treppenturm und neue Stromleitungen.

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Bis zu 530 Liter Abwasser in der Sekunde kann die Kläranlage aufnehmen. Bei trockenem Wetter ist es etwa die Hälfte, die tatsächlich aus dem 235 Kilometer langen Kanalnetz mit 13.500 Hausanschlüssen und rund 7800 Straßeneinläufen im Schmutzwassertrog eingangs der Kläranlage einläuft. Von dort aus wird das Schmutzwasser über große Schneckenpumpen in die Anlage gehoben und durchläuft zunächst Grob- und Feinrechen. Dort wird grober Schmutz wie Toilettenpapier herausgefischt.

Ein Mann sitzt vor drei Computerbildschirmen, auf denen die Prozesse in der Kläranlage abgebildet sind. Im Hintergrund eine alte Schalttafel.

Betriebsleiter Stefan Breidenbach steuert die Kläranlage vor Computerbildschirmen. Die alte Schalttafel im Hintergrund ist längst außer Betrieb.

Anschließend wird im Sandfang der Sand aus dem Abwasser geholt. Dazu wird in zwei 25 Meter langen und sechs Meter breiten Becken Luft in das Wasser geblasen. Der Sand wird aufgewirbelt und auf einer bestimmten Höhe abgepumpt. Danach läuft das Abwasser durch zwei parallel verlaufende, 45 Meter lange und zusammen zehn Meter breite Vorklärbecken. Innerhalb von anderthalb Stunden setzt sich durch die verringerte Fließgeschwindigkeit der Schlamm in Trichtern am Boden ab.

Der Klärschlamm wird dann abgepumpt, eingedickt, in zwei Zentrifugen entwässert und in die Faultürme gepumpt. In den Faulbehältern mit einem Volumen von 4500 Kubikmetern zersetzen Bakterien die noch vorhandenen organischen Bestandteile.

Hürther Kläranlage kann sich selbst mit Energie versorgen

Mit dem beim Ausfaulen des Klärschlamms entstehende Methangas befeuern die Stadtwerke zwei Blockheizkraftwerke. „Wir decken die Hälfte unseres Strombedarfs selbst“, berichtet Wapenhans von der Nachhaltigkeit der Kläranlage. Die Wärme wird ins Fernwärmenetz eingespeist, übers Jahr gesehen deckt sie den Wärmebedarf des Klärwerks. Auch der übrig bleibende Klärschlamm – 5000 Tonnen im Jahr – wird energetisch verwertet und in den Braunkohlekraftwerken von RWE Power auf dem Knapsacker Hügel mit verbrannt.

Für das Abwasser folgt die nächste Klärstufe. Die Kaskade aus acht Becken, in denen das Wasser mal mit großen Rührwerken verquirlt, mal mit Luftsprudlern wie in einem Whirlpool aufgewirbelt wird, ist laut Wapenhans das „Herzstück“ der Kläranlage. Dort machen sich verschiedene Bakterien abwechselnd über schädliche Stickstoffverbindungen her – und danach über sich selbst. „Moderner Kannibalismus“, scherzt Wapenhans. Der Prozess erfordere mal viel, mal wenig Sauerstoff im Abwasser und sei fein abgestimmt; die Kunst sei, ständig nachzujustieren.

Das Foto zeigt die markanten Faulbehälter hinter einem Betriebsgebäude.

In den Faultürmen beseitigen Bakterien die letzten organischen Stoffe aus dem Klärschlamm.

In der Nachklärung mit vier jeweils 50 Meter langen und 7,50 Meter breiten Längsbecken sowie zwei Rundbecken mit 30 Metern Durchmesser setzt sich dann der Restschlamm ab, der ebenfalls abgepumpt wird. Dort ist das Wasser bereits so sauber, dass Enten darauf schwimmen. „Denen scheint das nicht schlecht zu bekommen“, sagt Kai Wapenhans lachend. Doch darauf verlässt man sich natürlich nicht bei der Bemessung der Wassergüte. Täglich werden Wasserproben genommen und im Labor analysiert. Bis zu 30 Parameter werden überprüft und Kennzahlen erfasst.

Zu guter Letzt wird das gereinigte Wasser unweit der Kläranlage auf Höhe der Kreuzung Kölner Straße/Horbeller Straße in den südlichen Randkanal gepumpt, wo es in Richtung Rhein abfließt. Rund acht Stunden lang wurde es zuvor in der Kläranlage gereinigt.

Früher waren die Leute viel draußen auf der Anlage unterwegs und haben Schieber auf- und zugeschoben. Heute ist das meiste automatisiert
Kai Wapenhans, Abteilungsleiter Wasser/Abwasser

17 Mitarbeitende und zwei Auszubildende sind auf der Kläranlage in Hürth beschäftigt, die an 365 Tagen rund um die Uhr in Betrieb ist. Die Arbeit habe sich über die Jahre sehr verändert, sagt Wapenhans. „Früher waren die Leute viel draußen auf der Anlage unterwegs und haben Schieber auf- und zugeschoben. Heute ist das meiste automatisiert, die Leute sitzen vor allem am Computer.“ Die Leitstelle der Kläranlage müsse auch nicht mehr rund um die Uhr besetzt sein. An Sonn- und Feiertagen bekommt der Notdienst eventuelle Störmeldungen aufs Handy geschickt.

Doch es gibt durchaus noch unangenehme Tätigkeiten. Etwa, wenn die Rechengutpresse überläuft. „Dann muss einer schippen“, sagt Abwassermeister Stefan Breidenbach. „Das ist kein schöner Job.“ Außerdem verstopft verklumptes feuchtes Toilettenpapier bisweilen die Pumpen, die dann gereinigt werden müssen. Breidenbachs Appell: „So etwas gehört nicht in die Toilette!“

Der 35-Jährige hat Automatisierungstechnik gelernt und den Abwassermeister gemacht. Breidenbach ist seit 18 Jahren auf der Kläranlage beschäftigt und wirbt für seinen Beruf. Das ist auch nötig. Nachwuchs sei schwer zu finden, zuletzt konnten die Stadtwerke Ausbildungsstellen auf der Kläranlage nicht besetzen. Für 2025 werden drei Auszubildende zum Automatisierungstechniker gesucht.