Die Verteidigung will die komplette Beweisaufnahme noch einmal auf Anfang stellen. Das Gericht hat den Antrag abgelehnt.
Thallium-Prozess in KölnAngeklagter aus Hürth beteuert gegenüber seiner Mutter seine Unschuld

Seit September 2022 muss sich der Hygienefachwirt aus Hürth vor dem Landgericht verantworten.
Copyright: Harriet Drack
Im Prozess gegen einen wegen mehrfachen Mordes angeklagten Krankenpfleger aus Hürth hat der bisher schweigende Angeklagte vor dem Kölner Landgericht erstmals Stellung genommen, wenn auch indirekt.
In einem Brief an seine Mutter, den er Anfang dieses Jahres verfasste und der dann beschlagnahmt wurde, ließ er keinen Zweifel an seiner Unschuld: „Ich habe das nicht getan, was man mir vorwirft, Du brauchst Dir also keine Schuld geben."
Laut Anklage soll der Hygienefachwirt seine Ehefrau, seine schwangere Freundin und deren Großmutter mit Thallium vergiftet haben. Zwei Frauen starben.
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Zu seiner Hochzeit 2017 hatte er seine Eltern eingeladen
In seinem Brief ging er auf die Aussage seiner Mutter ein, die sich im Ermittlungsverfahren schwere Vorwürfe gemacht hatte, nicht schon viel früher auf ihren Sohn zugegangen zu sein und sich deshalb als mit verantwortlich für das Geschehen sah. Der Hürther hatte vor mehr als zehn Jahren den Kontakt zu seinen Eltern abgebrochen, ihnen jedoch anlässlich seiner Hochzeit 2017 eine Einladung geschickt. Diese Geste war von den Eltern ignoriert worden.
Der Brief war auf Antrag der Verteidigung im Prozess verlesen worden
Geht es nach dem Willen der Verteidigung, müsste die komplette Beweisaufnahme noch einmal zurück auf Anfang. Der Grund: Der Austausch der psychiatrischen Sachverständigen. Die beauftragte Gutachterin, die ihre vorläufige Expertise dem Gericht bereits vorgelegt, aber noch nicht vorgetragen hat, ist akut so schwer erkrankt, dass das Gericht Philip Massing als Ersatzgutachter beauftragt hat.
Nach Auffassung der Anwälte sei es nicht ausreichend, dem Sachverständigen lediglich eine Zusammenfassung der bisherigen Beweisaufnahme zukommen zu lassen. Es sei vielmehr bei der jeweiligen Zeugenvernehmung die persönliche Beobachtung des Angeklagten erforderlich, um sich ein umfassendes Bild zu machen.
Prozessbeteiligte sehen einen möglichen Revisionsgrund darin
Ein bloßes Aktenstudium würde wissenschaftlichen Standards nicht genügen. Ebenfalls monierte die Verteidigung, nicht rechtzeitig über den neuen Gutachter informiert worden zu sein, um eine entsprechende Stellungnahme abgeben zu können.
Da sich der Krankenpfleger während der gesamten Beweisaufnahme seit September 2022 weder zur Person noch zur Sache geäußert habe, sei eine ständige Anwesenheit eines Sachverständigen nach dem Gesetz nicht erforderlich, lehnte Staatsanwalt Rene Gilles den Antrag der Verteidigung ab. Das Gericht sah das genauso. Obwohl einige Prozessbeteiligte hinter vorgehaltener Hand den Antrag der Verteidigung für nachvollziehbar halten, da es einen Revisionsgrund bedeuten könnte.
Allerdings konnte Gutachter Philip Massing aufgrund eines Trauerfalles in der Familie am 19. Verhandlungstag das gestellte Gutachten nicht vortragen. Das soll jetzt am Donnerstag, 23. Februar, dem nächsten Verhandlungstag, vor dem Landgericht, geschehen.