Der Kalte Krieg fand offenbar auch in der Steinheide statt.
Davon geht LVR-Archäologe Martin Grünewald aus, seines Zeichens Archäologe beim Landschaftsverband Rheinland (LVR).
Sein Team hat am Tagebau Hambach ein sowjetisches Funkgerät aus den 80er Jahren gefunden.
Kerpen/Elsdorf – Üblicherweise suchen die Archäologen nach Villen, Abdrücken von Holzständerhäusern, Brunnen, Gräbern, Haushaltsgegenständen, Münzen oder Schmuck aus der Römer- oder Frankenzeit. Mit einem Funkgerät hatte Grünewald jedoch nicht gerechnet.
Es lag frostsicher in gut einem halben Meter Tiefe in der weiteren Umgebung des inzwischen abgerissenen Hauses Bochheim zwischen Kerpen-Manheim und Elsdorf-Heppendorf auf Elsdorfer Stadtgebiet. Aufbewahrt in einer Vakuumverpackung hat das fabrikneue Gerät aus den 80er-Jahren die Zeit unbeschadet überstanden. „Das Vakuum hat bis jetzt gehalten. Es hat gezischt beim Öffnen“, berichtet Grünewald.
Schmallippige Zeitzeugen
Danach hat er sich auf Spurensuche begeben. „Die möglichen Zeitzeugen und Spionagedienste sind sehr schmallippig und wollen nicht verraten, was sich damals abspielte“, sagt der Archäologe. Bekannt ist, dass in Nörvenich atombombenfähige Pershing-Raketen stationiert waren. In der Steinheide, östlich der Kartbahn, gab es darüber hinaus drei Übungsstände im damaligen militärischen Sperrgebiet.
„Die haben die gleiche Form, wie die Anlagen in Wegberg-Arsbeck, wo ebenfalls Pershing-Raketen der US-Army stationiert waren“, hat er herausgefunden. Auch die Bewachung mit Panzern und Flugabwehrkanonen, von der Anwohner Grünewald berichteten, lässt darauf schließen, dass die Amerikaner in der Steinheide mehr als Übungsstände betrieben.
Sender konnte Signale bis Warschau senden
Dazu passen Informationen, die Anfang der 1990er-Jahre im Zuge des Ramstein/Nörvenich-Untersuchungsausschusses des Bundestages bekannt wurden: Demnach sollen in Nörvenich stationierte Atombomben außerhalb des Flughafengeländes in Grüften gelagert worden sein.
Heute ist das Areal in der Steinheide frei zugänglich. Auf drei Lichtungen sind lediglich noch ringförmige Erdwälle zu sehen und ein gemauertes Wachhäuschen. Nach „zugespielten Informationen“ und der Lektüre von Fachpublikationen geht Grünewald davon aus, dass russische Agenten, möglicherweise Soldaten in deutschen oder amerikanischen Diensten, hier tätig waren.
Gerätetyp wurde nicht in der DDR genutzt
„Sie sollten den Geheimdiensten in den sozialistischen Ländern mitteilen, wenn eine Pershing aufsteigt oder kontrollieren, ob die Abrüstung wie vereinbart durchgeführt werde.“ Die UdSSR und die USA hatten 1987 vereinbart, Kurz- und Mittelstrecken-Raketen zu vernichten und so das Ende des Kalten Krieges eingeleitet.
Der Sender verfügt über eine Reichweite von rund 1200 Kilometern und kann somit Signale bis Warschau senden. Es sei üblich gewesen, dass ein Funkgerät stets einsatzbereit gewesen sei und ein zweites als Ersatz in einem Konservierungsdepot sicher gelagert worden sei, so Grünewald. Das Funkgerät wurde 1987 in der UdSSR gebaut.
„Einige Gummidichtungen sind mit kyrillische Buchstaben gekennzeichnet. Ansonsten ist die Beschriftung in Englisch angebracht“. Das könne Tarnung sein. Wahrscheinlicher als Grund für die englische Sprache sei aber, dass westliche Sowjet-Agenten die kyrillische Schrift nicht hätten lesen können. Seine Recherchen haben ergeben, dass der Gerätetyp in der ehemaligen DDR nicht benutzt wurde.
Der außergewöhnliche Fund wurde in die Bonner Sammlung des LVR-Amtes für Bodendenkmalpflege aufgenommen.