Erhard Georg prangert die Zerstörung von Vegetation in Kerpen an – Deutsche Bahn begründet Rodung mit gefährdeter Sicherheit.
Gleise nahe HambachBürger empört über Rodungen der Deutschen Bahn am Bahndamm bei Kerpen
Erhard Georg ist sauer. Auf einer Länge von mehr als zwei Kilometern wurden am Bahndamm zwischen Geilrath und Manheim Gehölze gerodet. „Wir sprechen über die Zerstörung von Regenwald“, sagt Georg. „Und hier wird die Vegetation fahrlässig zerstört.“
Der Buirer nutzt den Weg parallel der Gleisanlage Köln-Aachen, wenn er mit dem Fahrrad nach Kerpen oder Sindorf fährt. Als Georg nach seinem Urlaub wieder mit dem Rad Richtung Kerpen fuhr, machte er eine unschöne Entdeckung: Die Büsche, Bäumchen und andere Pflanzen, die dort etwa zwischen Geilrath und Deponie Forster Feld standen, sind weg.
„Dieser Vorfall hat mich dermaßen schockiert, dass ich Anzeige bei der Unteren Naturschutzbehörde gestellt habe“, berichtet Erhard Georg. Das begründet er zum einen auf der „Verwüstung wildlebender Pflanzen“ und der „Zerstörung von Lebensstätten wildlebender Pflanzen und Tiere“ – beides „ohne vernünftigen Grund“.
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Landwirt aus Geilrath über Rodung verärgert: „Kein Schallschutz mehr“
Ein dritter Grund ist für Erhard Georg die Rodung anstelle von schonenden Form- und Pflegeschnitten. Es hätten am Bahndamm auch keine Bäume, sondern Gebüsch und Gehölze gestanden. Die seien besonders für die Tierwelt wichtig: Sie seien Unterschlupf etwa für Haselmäuse, Eidechsen oder Vögel, die dort auch nisten und brüten würden.
Auch der ortsansässige Landwirt Peter Wilkens ärgert sich massiv. „Es ist eine Unverschämtheit, dass die uns den Schallschutz wegnehmen.“ Jetzt höre man die Bahnen, schildert der Geilrather. Die Deutsche Bahn selbst bestätigte auf Nachfrage dieser Zeitung, dass sie in Kerpen Vegetationsarbeiten am Bahndamm vorgenommen hat. Dabei hätten Fachexpertinnen und -experten das Gehölz nicht entfernt, sondern zurückgeschnitten, teilte eine Sprecherin der Deutschen Bahn mit.
Das Unternehmen: „Das dort wachsende Buschwerk ist zum einem teilweise bis an die Gleise sowie an spannungsführende Teile entlang der Bahnstrecke herangewachsen.“ Zum anderen verlaufe entlang der Strecke ein notwendiger Entwässerungsgraben. Durch den Bewuchs sei eine ordnungsmäßige Entwässerung nicht mehr möglich gewesen.
Gleisanlage Köln-Aachen: Etwa Hälfte der Rodung an Abstellgleis
Weiter würde mindestens sechs Meter rechts und links der Gleise eine Rückschnittzone ganzjährig von Bewuchs frei gehalten. Erhard Georg räumt ein: „Es ist für mich nachvollziehbar, wenn Gehölze im Schotterbett entfernt werden, aber hier wurde die Vegetation zerstört.“
Was ihn aber noch mehr schockiert: Etwa die Hälfte der zerstörten Strecke läuft an einem Abstellgleis entlang. Damit sei der Skandal noch größer. Denn dort gebe es noch weniger Grund für die Rodung. Sie könne nicht mit der „Sicherung des fahrenden Eisenbahnbetriebs“ begründet werden.
Das Zurückschneiden der Gehölze begründet die Deutsche Bahn darüber hinaus mit „der langfristigen Verjüngung der Bestände“. So verblieben die Wurzelstöcke im Boden und das bestehende Buschwerk könne in der nächsten Wachstumsperiode neue Triebe bilden. Die Belange des Natur- und Umweltschutzes würden umfassend berücksichtigt, versichert eine Sprecherin.
BUND-Ortsgruppe Kerpen: „Totale Vernichtung der Vegetation“
Erhard Georg vermutet, dass es ein Schlegelmulcher im Einsatz gewesen ist. Dieses Gerät sei höchstens für krautige Flächen geeignet. Die Pflanzen würden regelrecht zerfetzt. Und nicht nur das: „In die verletzte Oberfläche dringen Sporen, Pilze und Bakterien ein, die zerstören das, was von dem Holz noch übrig ist.“ Die Pflanzen gingen nach drei bis vier Vegetationsperioden kaputt.
„Die totale Vernichtung von Vegetation“, ist diese Art des Zurückschneidens für Jutta Schnütgen-Weber von der Kerpener Ortsgruppe des BUND. Brutflächen seien zerstört worden und es gebe keine Rückzugsmöglichkeiten mehr für die Vogelwelt im Sommer oder für Tiere, die überwinterten. „Die Bahn macht sauber, und das ist ein falsches Sauberkeitsverständnis“, betont Schnütgen-Weber.
Die Position des Naturschutzes sei wiederum, dass so wenig wie möglich und schonend zurückgeschnitten werde sowie in Abschnitten, um Tieren weiter Rückzugsmöglichkeiten zu lassen. Schnütgen-Weber spricht sich auch für einen abschnittsweisen Rückschnitt von Hecken aus. So hätten Tiere noch Refugien und es blieben intakte Stücke der Hecke erhalten.