Sie war eines der Gesichter aus der Region gegen die Rodung des Hambacher Forstes. Seit Mai 2022 ist Antje Grothus Landtagsabgeordnete der Grünen.
Grüne „zwischen den Fronten“„Es gibt hinter Lützerath noch Flächen, die RWE noch nicht gehören“
Antje Grothus steht unweit des Tunnels unter Lützerath, in dem sich Demonstranten verschanzt haben, um die Räumung des von Baggern bedrohten Ortes so lange zu verzögern, wie es irgend geht. Es stürmt. Die Landtagsabgeordnete der Grünen wünscht sich, der Sturm um Lützerath würde sich legen – in jeder Hinsicht.
Die Buirerin, die die Interessen der Braunkohlegegner in der Kohlekommission des Bundes vertrat, wiederholt im Gespräch ihre jüngste Forderung nach einem Stopp der Räumung von Lützerath. Dafür führt sie zwei Gründe ins Feld: „Es gibt hinter Lützerath noch Flächen, die RWE noch nicht gehören.“ Die Eigentümer wollten aber nicht verkaufen. Grothus sagt deshalb: „Keiner soll mehr für Kohle, Sand oder Kies enteignet werden.“
Grothus will Stopp der Räumungsarbeiten
Der zweite Grund, warum sie um einen Stopp der Räumungsarbeiten bittet, ist: „Die Entscheidung, Lützerath abzubaggern zu dürfen, fällte das OVG Münster im April 2022. Vor dem Hintergrund großer Unsicherheit wegen des Kriegs in der Ukraine und der daraus resultierenden Gaskrise wurden letztes Jahr viele Kohlekraftwerke reaktiviert. Damals konnte doch noch niemand sagen, welche Auswirkungen der Krieg auf die Energieversorgung Deutschlands haben würde.“
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Inzwischen aber wisse man in ganz Deutschland, dass es genug Gas und andere Energie für den aktuellen Winter gebe. „Deshalb ist es besser, wenn hier die Kohle im Boden bleibt.“ Niemand wisse, ob man die Kohle unter Lützerath überhaupt noch brauche.
Auf die Frage, ob sie sich als alte Hambi-Schützerin jetzt auf er falschen Seite fühle, sagt sie: „Natürlich stehe ich zwischen den Fronten. Ich habe mich immer für den Erhalt des Hambacher Waldes, aber auch der bedrohten Dörfer und der landwirtschaftlichen Flächen eingesetzt. Aber ich bin auch dankbar, dass fünf Dörfer und drei Höfe erhalten bleiben und die Menschen dort ihre Zukunft selber weiterentwickeln können.“
Sie sei sehr traurig, dass der letzte Bauer von Lützerath, Eckardt Heukamp, den Kampf gegen die Inanspruchnahme seines Hofes durch RWE verloren habe und verkaufen musste, sagt Grothus: „Er wird der Letzte sein, der für Kohle enteignet wird. Daran werde ich arbeiten.“
Grothus findet Initiativen wie die von Bedburgs Bürgermeister Solbach richtig
Für sie sei die Aufgabe als Landtagsabgeordnete eine Gratwanderung und Herausforderung. Das wüssten auch ihre Kollegen bei den Grünen. Ihr Hauptaugenmerk liege darauf, die „fossilen Strukturen“ in Deutschland zu verändern: „Es ist doch heute für einen Wirtschaftsminister genehmigungstechnisch einfacher, ein Gasterminal auf See zu bauen als einen Windpark.“
Konzerne wie RWE hätten zu viel Macht, sagt sie. Das sei die „Hauptursache des Übels“ und daran müsse etwas getan werden: „Die Politik muss daran arbeiten, weniger erpressbar von den großen Konzernen zu sein.“
Deshalb findet Grothus Initiativen wie die von Bedburgs Bürgermeister Sascha Solbach richtig und wichtig: „Erneuerbare Energien müssen ausgebaut werden, aber mehr in Bürgerhand, in Genossenschaften in Kooperationen mit den Menschen vor Ort.“
Das gilt nach Grothus’ Meinung nicht nur für die Energie: „Auch die Wasserversorgung und andere Grundversorgungen müssen wir wieder mehr in staatliche Hände geben, damit es nicht mehr nur um Shareholder Value geht, sondern um die Menschen vor Ort.“
Auch aus dem Kreistag kommen kritische Stimmen. Die Fraktion Die Linke kritisiert CDU und Grüne und unterstützt die Aktivisten in Lützerath: „Wir protestieren gegen den Polizeieinsatz als unnötige und politisch schädliche staatliche Machtdemonstration und rufen auf, an der friedlichen Demonstration am Samstag teilzunehmen“, sagt Fraktionschef Hans Decruppe.