Wesseling – Joachim Held ist ganz in seinem Element. Er wuselt in alle Richtungen, stapelt große Bleche neben sich auf, knetet den Teig auf der mehligen Arbeitsfläche und formt Brötchen, normale und mit Körnern.
„Die reifen jetzt über Nacht gut durch und sind dann morgen früh bereit zum Aufbacken“, sagt er. In der Backstube im hinteren Bereich des Cafés lässt noch nicht viel darauf schließen, dass Held die Türen seiner Bäckerei und Konditorei in einigen Tagen für immer schließen wird.
Betrieb mit langer Familientradition
Helds Café ist ein fester Bestandteil der Wesselinger Innenstadt. Und er ist hier zu Hause. Kurz vor dem Zweiten Weltkrieg, im Jahr 1932, hatten seine Großeltern das Haus gebaut, in dem heute die Bäckerei zu finden ist. Helds Vater eröffnete den Laden 1957. Doch im Gegensatz zu seinem Vater wollte Joachim Held kein Bäckermeister werden, sondern entschied sich für eine Lehre zum Konditormeister. „Ich wollte damals nicht so früh aufstehen“, sagt er und lacht. Nun fange er jeden morgen um 3 Uhr früh an.
Die Entscheidung, das Geschäft nach mehr als 60 Jahren zu schließen, sei ihm nicht leicht gefallen. Aber seine Zeit sei einfach vorbei, erklärt der Konditormeister. „Ich bin 63 Jahre alt und habe Arthrose im Sprunggelenk.“ Schon seit Jahren suche er nach einem Nachfolger, aber bei solch einem Betrieb sei das schwierig. „Es ist zu groß. Wir machen hier alles, von siebenstöckigen Hochzeitstorten bis zum Schwarzbrot. Das ist heute im Lebensmittelhandel nicht mehr so üblich“, erläutert Held.
Es sei oft entweder nur das eine oder das andere, und den Teig für die Brötchen stelle auch kaum noch ein Bäcker selbst her. Seinen Kindern wolle er das Geschäft in diesen Zeiten auch nicht einfach so überlassen, so Held. Das Haus sei bereits verkauft. Neue Mieter gebe es jedoch noch nicht.
Joachim Held fällt der Abschied nicht leicht
„Am 1. August muss hier alles besenrein sein“, sagt Held und deutet mit einer ausladenden Handbewegung auf die Gerätschaften in der Backstube. Da tummeln sich Ofen, Arbeitstresen, Tablettwagen und etliches Zubehör. Es wirkt nicht so, als könne Held mit seiner Arbeit einfach so aufhören.
Was ihm fehlen werde, wenn der Laden zu ist? „Das weiß ich noch nicht. Und deshalb bin ich ein bisschen nervös.“ Als Selbstständiger habe er bisher immer etwas zu tun gehabt, und zur Ruhe zu kommen sei kein Thema gewesen. Das werde sich wohl auch nicht wirklich ändern, vermutet der Konditormeister. Zurzeit versuche er, alles im Laden zu verkaufen. Zudem renoviere er das Haus seiner Eltern. „Dort will ich mich dann zur Unruhe setzen“, sagt Held und lächelt.
Held: "Die Gäste werden mir fehlen."
„Die Gäste werden mir fehlen“, sagt er dann doch noch, der Kontakt, die Gespräche. „Ich bin ja auch so ’ne Labertasche.“ Da muss Ali Hissary schmunzeln. Der 22-Jährige war in der Bäckerei Auszubildender und wurde dann Angestellter. „Ich habe immer auch ausgebildet“, erzählt Held, während er weiter den Teig für die Brötchen vorbereitet, mit Handbewegungen, die an ein Uhrwerk erinnern.
Während der besten Jahre im Geschäft seien immer alle Ausbildungsplätze besetzt gewesen. Auch Praktikanten habe es reichlich gegeben. So habe er manch einen auf die richtige Bahn bringen können, der als „schwer vermittelbar“ gegolten habe, erinnert sich Held.
Der Laden sei ein Teil von ihm. „Ich hatte immer eine feste Struktur, war immer hier und habe gearbeitet.“ Seine Kinder seien hier aufgewachsen. Was jetzt werde, wisse er gar nicht so genau. „Die Backstube war immer eine Konstante für mich.“ Die Brötchen sind nun geformt und auf die Bleche verteilt. Am nächsten Morgen werden sie wie immer in der Auslage auf die Kunden warten.