Rund 100 Besucher folgten der Einladung des Bundestagsabgeordneten Roger Beckamp ins Bürgerzentrum.
AfD-„Bürgerdialog“Rechte Politiker zeigen sich in Eitorf von ihrer zahmen Seite
„Das hat mit mir überhaupt nichts zu tun.“ Wenig beeindruckt zeigte sich Eugen Schmidt, AfD-Bundestagsabgeordneter und „Beauftragter für Russlanddeutsche“, von der durchaus bemerkenswerten Zahl von rund 3000 Teilnehmern einer Gegendemonstration am Dienstagabend in Eitorf. Die zogen gerade vor dem Bürgerzentrum vorbei. Etwa 250 meist junge Leute waren auf den Parkplatz abgebogen und riefen Sprüche wie „Nazis raus“ oder „Ganz Eitorf will euch nicht“.
Die Besucher des Bürgerdialogs mussten sich zwar an den Demonstrierenden vorbei zwängen, belästigt wurde aber niemand. Immer wieder wurden Rufe laut, dass Eitorf bunt bleibe. Als sich Roger Beckamp mit einem Megafon an die Menge wenden wollte, wurde er gnadenlos ausgepfiffen und niedergeschrien. Er selbst sagte, er wolle „mit den Menschen ins Gespräch kommen“, viele empfanden dies jedoch als allzu offensichtliches Bestreben, zu provozieren.
AfD-Politikerin Irmhild Boßdorf aus Königswinter gibt zu, mit der Identitären Bewegung zu sprechen
„Wir sind keine Nazis, wir haben keine nationalistischen Ziele“, erklärte Bundestagsmitglied Schmidt gegen die von draußen zu hörenden Vorwürfe. Aber dennoch müssten Hunderttausende zurück in ihre Herkunftsländer gehen, so der Sprecher des AfD-Kreisverbands Rhein-Erft, der in der Vergangenheit mit Aussagen wie „Es gibt keine Demokratie in Deutschland“ auffiel.
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„Ich bin ja kein Nazi“, meinte auch Irmhild Boßdorf aus Königswinter, die AfD-Kandidatin für das Europaparlament. „Es perlt tatsächlich an mir ab.“ Auf die Frage, wo sie ihre persönliche Grenze für eine Zusammenarbeit ziehe, nannte sie die Nachfolgeorganisationen der NSDAP. Mit der vom Verfassungsschutz beobachteten rechtsextremen Identitären Bewegung allerdings rede sie.
Boßdorf sprach sich für Abschiebung aus, nannte das vom Recherchezentrum Correctiv aufgedeckte Geheimtreffen Rechtsextremer mit hochrangigen AfD-Vertretern in Potsdam, bei dem ein Masterplan für massenhafte Abschiebungen aus Deutschland vorgestellt wurde, „Wannseekonferenz 2.0“.
Zuwanderungsstopp war ein zentrales Thema bei der AfD-Veranstaltung in Eitorf
Die Aufregung darum nannte Gastgeber Roger Beckamp, Bundestagsabgeordneter aus Windeck, einen von der Zeitung „Die Zeit“ „und Konsorten inszenierten Medienskandal“. Immerhin brachte ihm das einen vollen Saal und erhebliches Medieninteresse ein. Die gescholtene „Zeit“ war ebenso dabei, wie Fernsehteams aus Deutschland und den Niederlanden.
Das war wohl einer der Gründe, warum die Töne bei den Reden der rechtspopulistischen Abgeordneten vergleichsweise zahm blieben. Sicher noch einer der akzentuiertesten Redner war Rüdiger Lucassen, verteidigungspolitischer Sprecher der Partei im Bundestag und stellvertretender Vorsitzender des AfD-Kreisverbands Euskirchen und Vorsitzender des nordrhein-westfälischen Landesverbandes der AfD. Nach einem Scherz meinte er: „Die, die nicht gelacht haben, habe ich auch im Blick.“
Die Bundesregierung habe die Bundeswehr und damit die Verteidigungsbereitschaft geschwächt, kritisiere der ehemalige Oberst der Bundeswehr, der 2022 die atomare Bewaffnung Deutschlands gefordert hatte. An der Ampel ließ er kein gutes Haar, sprach von „ideologischen Verzahnungen“ im Haushalt.
Er forderte einen Migrationstopp, betonte aber auch: „Wir haben nie von Deportation gesprochen.“ Scharf kritisierte Lucassen Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD), der zum Protest gegen die AfD aufgerufen habe. Bravorufe und Applaus kassierte er für seine markige Ansage: „Wir lieben unser Land. Nur wer sein Land liebt, kann auch sein Land regieren.“
Beckamp konzentrierte sich in seiner Rede auf den Wohnungsmarkt. Durch die Zuwanderung verknappe sich das Angebot, Mieten würden teurer, also müsse der Zuzug reduziert werden. Denn das Angebot lasse sich nicht so schnell erhöhen. Nicht schlimm finde er, dass Unterkünfte für Geflüchtete geringeren Baustandards entsprächen, das solle ja nur vorübergehend sei, bevor die Menschen zurückkehrten in ihre Heimatländer.
AfD-Bundestagsabgeordneter Roger Beckamp skizzierte Horrorszenarien
Er scheue nicht vor der sogenannten „Ruanda-Option“ zurück: Die Idee, Geflüchtete in das afrikanische Land zu fliegen, wo sie das Asylverfahren durchlaufen sollten. Beckamp skizzierte Horrorszenarien, wie sich viele Menschen aus Afrika auf den Weg nach Europa und Deutschland machten.
NRW-Landtagsabgeordneter Carlos Clemens aus Bergisch Gladbach, Sprecher der AfD-Fraktion im Ausschuss für Schule und Bildung, ließ sich über die seiner Ansicht nach „ideologische Bildungspolitik“ in Nordrhein-Westfalen aus, erklärte aber auch, dass es ein Riesenproblem mit Masseneinwanderung gebe.
Die werde nicht gebraucht, versicherten die vier Redner in der anschließenden Fragerunde. „Das System ist richtig, die Menschen, die es ausgestalten, sind die Falschen“, meinte Lucassen zur Regierungsfähigkeit der AfD. Kernforderungen werde die AfD aber nicht aufgeben, man wolle keine Regierungsbeteiligung um jeden Preis. Seine Haltung machte er mit Blick auf die Bauernproteste deutlich: „Da habe ich wieder gesunde, gestandene, bodenständige Männer und Frauen gesehen.“