Hennef – Die vermeintlich unscheinbarste Szene fiel Sascha Glatzel am meisten ins Auge. Als der Trainer des Fußball-Mittelrheinligisten FC Hennef 05 das achtminütige Bewerbungsvideo von Yutaro Fujimoto studierte, gab erst die letzte Sequenz den Ausschlag für den späteren Transfer. Sie zeigte den Linksfuß im Trikot der japanischen Ritsumeikan-Universität bei einem energischen Flankenlauf. Nicht mehr und nicht weniger. Die vorangegangenen Zusammenschnitte waren deutlich spektakulärer gewesen, doch es gab einen Haken: Sie zeigten Fujimoto als Torjäger, Passgeber und Strippenzieher im Mittelfeld. Dabei suchte der FCH dringend einen Linksverteidiger.
Spontane Umschulung
„Das Video hat mich von Anfang an gepackt“, sagt Glatzel. „Aber im Mittelfeld hatten wir nun mal schon alle Positionen besetzt. Als ich den letzten Clip gesehen habe, war für mich klar: Wir dürfen Yutaro nicht gehen lassen, wir müssen ihn einfach nur umschulen.“ Fujimoto brauchte nur zwei Übungseinheiten, um die Verantwortlichen auch von seinem Talent als Linksverteidiger zu überzeugen.
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Den Fahrdienst von Düren zum Probetraining übernahm Harry Neumann. Er und seine Frau Ute betreiben eine eigene Firma, die vor allem japanische Fußballer nach Deutschland holt und sie dort betreut. Behördengänge, Unterkünfte, Vereinsvermittlung – all das leistet das Dürener Ehepaar. Fujimoto, der im Februar eingereist war, bot man in Hennef an. Und dort sollte der 23-Jährige auch letztlich unterschreiben.
Duell zweier Japaner
Mittlerweile wohnt der Japaner in Köln-Ossendorf und auch beim FCH ist er längst angekommen. „Yutaros Verpflichtung war ein Volltreffer“, betont Sportchef Dirk Hager. In Eilendorf (5:0) glänzte der Zugang als Assistgeber und Torschütze. Seine bislang beste Leistung lieferte er allerdings im jüngsten Derby beim Siegburger SV 04 (0:0) ab. Schließlich hielt er seinen Landsmann Masahiro Fujiwara in Schach. „Masa ist einer der besten Flügelangreifer der Liga“, sagt Glatzel, „aber Yutaro hat ihn kaltgestellt.“ Selbst der gegnerische Trainer Bünyamin Kilic urteilte hinterher: „Er war der beste Mann auf dem Platz.“ Ein Lob, das Außenverteidiger nur in den seltensten Fällen zu hören bekommen.
Dabei taucht Fujimoto auch häufig im Zentrum auf, um Angreifer Ernesto Carratala-Jimenez noch mehr Raum auf dem linken Flügel zu verschaffen. Auch von dort aus initiiert der Japaner gefährliche Angriffe. Glatzel schätzt nicht nur die Variabilität seines Zugangs, sondern auch die Lernbereitschaft: „Wenn ich ihm vor dem Spiel einen Auftrag gebe, kann ich mir zu 100 Prozent sicher sein: Er wird ihn umsetzen. Yutaro lernt viel und verdammt schnell.“ Das gilt auch für die deutsche Sprache. Fujimotos einziges Manko fällt derweil in die Kategorie Luxusproblem. „Seine ersten Einwürfe waren allesamt falsch“, so Glatzel. „Es ist besser geworden, aber ein Einwurfspezialist wird nicht mehr aus ihm.“
Knifflige Aufgabe
Der Siegburger SV 04 will auch im fünften Saisonspiel ungeschlagen bleiben. Im Duell beim FC Hürth erwartet Trainer Bünyamin Kilic eine „Top-Mannschaft, die seit Jahren oben mitspielt. Dieser Gegner vereint fußballerische Klasse mit starker Physis.“ Die jüngste 0:5-Niederlage des Rivalen bei Viktoria Arnoldsweiler mache die Aufgabe „nicht unbedingt einfacher für uns“.
Angreifer Dennis Eck (30) drängt nach überstandener Zerrung zwar wieder in die Siegburger Startelf, doch ein Einsatz des Routiniers von Beginn an kommt am Sonntag wohl noch zu früh. Ohnehin gibt es laut Kilic derzeit „gar keinen Grund, etwas an der Aufstellung zu verändern“. (tim)
Größere Sorgen macht man sich im Lager der 05er um das Personal. Neben Jimmy Mbiyavanga, Hannes Viehweger (beide erkrankt) und Michael Hasemann (beruflicher DFB-Einsatz) fällt auch Tiziano Lo Iacono für das Spiel gegen Wesseling-Urfeld (So., 15 Uhr) aus. Letzterer bekam nach seiner Roten Karte in Eilendorf eine Sperre von zehn (!) Spielen aufgebrummt. „Das Urteil ist eine Farce“, schimpft Glatzel. Hager pflichtet ihm bei: „Es war eine grobe Unsportlichkeit, ja. Aber zehn Spiele Sperre? Das ist völlig unangemessen.“ Ein Eilendorfer Akteur hatte Lo Iacono erst gefoult und dann festgehalten. Daraufhin fuhr der Hennefer Zugang den Arm nach hinten aus und traf seinen Gegenspieler. Das Verbandsgericht wertete die Aktion als „tätlichen Angriff“. Da der FCH Berufung einlegte, übernimmt nun die Spruchkammer des Westdeutschen Fußballverbands den Fall.
Kampf gegen den Abstieg
Hitzige Duelle sind auch am Sonntag zu erwarten, auch wenn „Heißmacher“ Josef Farkas (FC BW Friesdorf) mittlerweile nicht mehr auf der Wesselinger Trainerbank sitzt. Doch auch mit ihrem neuen Coach Arif Cinar legte die SpVg zuletzt einen temperamentvollen Auftritt gegen Fortuna Köln II (3:1) hin. „Die Wesselinger werden zwar als Abstiegskandidat Nummer eins gehandelt, aber das kann ich nicht unterschreiben“, sagt Glatzel. „Sie werden vermutlich gegen den Abstieg kämpfen, aber das mit aller Vehemenz.“