Zwölf Studierende drehten, schnitten und schauten Dokumentarfilme im Kur-Theater.
Workshop in HennefDer lange Weg zum eigenen Dokumentarfilm
Es war ein Power-Programm, das sich Charlotte Wahlen und Helena Willeke auferlegt hatten. Die beiden Studierenden besuchten tagsüber den Dokumentarfilm-Workshop im Hennefer Generationenhaus, und an vier Abenden schauten sie sich ausgewählte, lange Formate im Kur-Theater an. „Das waren gefühlt nicht sieben Tage, sondern drei Wochen“, stellte Wahlen am Ende des Marathons fest.
Der Workshop ist Teil eines Pilotprogramms des Landes NRW
Die beiden waren zwei von zwölf Teilnehmern des Pilotprogramms des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen in Zusammenarbeit mit dem Netzwerk Filmkultur NRW. Lisa Glahn und Mirjam Leuze setzten das in Zusammenarbeit mit der Stadt Hennef und dem Kur-Theater um. Glahn betreut viele partizipative Film- und Kunstprojekte und kommt vom langen Format.
Mirjam Leuze ist Dokumentarfilmerin und Professorin für ihr Sujet an der Hochschule Mainz. Sie setzten die Anforderungen des Fördergeldgebers um, das Kino nämlich als Angelpunkt für neue Kooperationen und Begegnungen zu begreifen: zwischen Kreativen und Filmschaffenden, zwischen Institutionen der Vermittlung und Kinobetrieben, zwischen Bildungsanbietern und Vereinen oder Filmclubs.
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„Wir wollen mit den jungen Menschen tiefer einsteigen in den Dokumentarfilm“, erklärte Glahn. Also lernten sie den Umgang mit Kamera und Ton, erlebten in Beispielen, wie wichtig es ist, einen atmosphärischen Einstieg zu schaffen und den eigenen Erzähl-Rhythmus sowie eine poetische Bildsprache zu finden, zogen in vier Gruppen aus, um selbst zu drehen.
„Wir waren überrascht, wie viele von den jungen Leuten sich für das Thema Hospiz interessierten“, erinnerte sich Leuze. Acht von zwölf hatten sich dafür gemeldet, doch so kurzfristig war das den Einrichtungen nicht umzusetzen. So fanden sie andere Themen: die Domplatte, einen jungen Indie-Pop-Künstler, das Kur-Theater selbst und eine fiktionale Doku, dessen Inhalte erst bei der Aufführung bekanntgegeben werden sollen.
In der zweiten Woche ging es an den Schnitt. Glahn öffnete den jungen Filmern die Augen: Ich filme und habe die Idee, aber in der Montage entwickelt sich erst der Film. Sie saß mit Carina Tillmann zusammen. Die junge Frau ist blind, brachte eine eigene Perspektive ein: das Filmen über den Ton. Gemeinsam versuchten sie, eine Formensprache für den Streifen über die Domplatte zu finden.
„Ich habe die Kamera so gerichtet, wie es interessant klingt“, beschrieb sie ihren Ansatz. „Wie unterschiedlich der Ton ist, hätte ich gar nicht erwartet. Zehn Zentimeter machen da schon was aus.“ Sie hat gemerkt, dass Filmen viel mehr ist als das Bild. Und sie hat erlebt: „Ich komme als Blinde einfacher in Kontakt zu anderen.“ Vielleicht liegt das aber auch an ihrem Lebensmotto: „Geht nicht, gibt's nicht.“
Davar, Wahlen und Willeke haben den aufstrebenden Indie-Pop-Künstler Falke aus Köln begleitet. „Es war interessant zu erfahren, dass nicht jeder Künstler in die Weltspitze kommen muss“, berichtete Wahlen. Sie kamen nahe an ihn heran, besuchten ihn im Studio und zu Hause. 13-Stunden Tage legten sie hin. „Das war mehr als ein Blockseminar“, betonte Wahlen. „Es ist toll, solche Möglichkeiten zu bekommen“, lobte Willeke. Und Davar ergänzte:„ Es war sehr intensiv, ich habe sehr viel mitgenommen.“
Flankiert wurde der Workshop von einer Filmreihe im Kur-Theater, die Petra Stratmann vom Programmteam mit vorbereitete. Es begann mit „Vergiss Meyn nicht“. Steffen Meyn hatte im Hambacher Forst einen Langzeitfilm gedreht und war tödlich abgestürzt. Seine Freunde führten sein Werk fort. Einer von ihnen, Kilian Kuhlendahl, war mit den Eltern des Gestorbenen zum Gespräch im Kino.
Bei „Kalle Kosmonaut“, ebenfalls einer Langzeitbeobachtung, konnte Alessandro Lombardo als Filmverleiher seine Perspektive darstellen. Beim zweiten Teil von „Die Unbeugsamen“ war die Editorin Sandra Brandl zu Besuch und betonte die oben beschriebene Bedeutung des Schnitts. Den Abschluss bildete „Anima - Die Kleider meines Vaters“, eine autobiografische Arbeit von Regisseurin Uli Decker, die erstmals in Hennef war und Rede und Antwort stand.
Es ist die Geschichte eines Dorflehrers, der im tiefen Bayern nur im Verborgenen ausleben kann, dass er sich in Frauenkleidern wohl fühlt. „Es ist eine Geschichte um Familiengeheimnisse und was passiert, wenn sie unter den Teppich gekehrt werden“, sagte die Dokumentar-Filmemacherin, die ihr Projekt schon in zahlreichen Ländern vorgestellt hat.