Seit 20 Jahren unterstützt die Beratungsstelle – die Abkürzung steht für Koordinierung, Kontakt, Beratung – ratsuchende Menschen mit Behinderung und ihre Angehörigen.
Jubiläum„Kokobe“ hilft im Job, der Freizeit und bei der Wohnungssuche in Bonn und Rhein-Sieg
Wie will und kann ich wohnen? Wie finde ich eine gute Arbeit? Und was kann ich in meiner Freizeit unternehmen? Antwort auf diese Fragen suchen die Beraterinnen und Berater der „Kokobes“ im Rheinland seit 20 Jahren gemeinsam mit ihren Klienten – Menschen vor allem mit einer geistigen oder mehrfachen Behinderung – und deren Angehörigen. Nun feiern Beschäftigte und Ratsuchende gemeinsam das 20-jährige Bestehen.
Landschaftsverband suchte nach Experten in Bonn und Rhein-Sieg-Kreis
Der Landschaftsverband Rheinland rief damals das Angebot ins Leben, hinter der Abkürzung stecken Koordinierung, Kontakt und Beratung. Als Kostenträger der Eingliederungshilfe hatte er Interesse daran, „Experten vor Ort zu haben“, sagt Nadine Thierfeldt, die für die Organisation und Koordination der Beratungsstelle Bonn/Rhein-Sieg zuständig ist. Schließlich verfügten diese Fachleute schon länger über Kontakte zu den Einrichtungen in ihrer Nähe. Und könnten umgekehrt neutraler den Hilfebedarf an den LVR melden.
„Teilweise betreuen wir Familien über Jahre hinweg“, berichtet Nadine Thierfeldt über den Idealfall der Beratungsarbeit. „Wir suchen gemeinsam nach dem passenden Arbeitsplatz oder der passenden Wohnform.“ Das kann eine Wohngemeinschaft oder ein betreutes Wohnen ebenso sein wie eine Wohnung, die die Person allein bewohnt.
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Probleme bereitet den Beratenden der herrschende Wohnungsmangel, der auch vor Wohnprojekten nicht Halt macht. „Da haben viele Familien lange Durststrecken zu überwinden“, weiß Nadine Thierfeldt. Gelingt es dennoch immer, eine Lösung zu finden? „Jein“, ist die Antwort der Fachfrau: Manchmal machten ambulante Unterstützung oder tagesstrukturierende Angebote den Verbleib zu Hause zumindest vorläufig möglich.
Fünf Träger in Bonn und Rhein-Sieg-Kreis bilden Kokobe-Verbund
„Wir beraten trägerneutral“, betont Thierfeldt – auch wenn der Verein Der Karren, der Caritasverband Rhein-Sieg, die Lebenshilfe Bonn und die Hohenhonnef GmbH zum Trägerverbund gehören, den der Landschaftsverband selbst komplettiert. Ein weiteres Ziel ist es, die gesuchten Lösungen auf kurzen Wegen und ohne hohe Hürden zu erreichen.
Das könne dann schon auch mal in einem Nachbarkreis in Nordrhein-Westfalen sein, sagt Nadine Thierfeldt. Anfragen kämen auch aus dem nahen Rheinland-Pfalz. „Wir sind gut vernetzt“, stellt sie fest, erfreut über die gute Zusammenarbeit mit anderen Beratungsstellen und Verbänden. Es sei eben wichtig, zu wissen, wo die passenden Menschen arbeiteten.
Nach wie vor gebe es die „klassische Anfrage“ an die Beratungsteams, erzählt Nadine Thierfeldt: Die betagte Mutter kann die Betreuung nicht mehr leisten, dringend wird nun eine Lösung gesucht. „Gerade hatten wir wieder eine Notversorgung“, verstärkt wurde die Nachfrage auch in der Pandemie: als die Werkstätten ebenfalls geschlossen blieben und die Familien 24 Stunden gemeinsam verbringen mussten.
Eine Welle von Anfragen erreicht die Beratungsstelle regelmäßig aus der Altersgruppe der 17-Jährigen: wenn die Volljährigkeit ansteht und damit die Frage, wer in Zukunft Verantwortung übernimmt. Auch der Übergang von der Schule zum Beruf wirft viele Fragen auf, bei deren Beantwortung Hilfe gesucht wird. Und: „Wir haben viele Rentner, die aus den Werkstätten kommen.“ Da gilt es, der drohenden Vereinsamung vorzubeugen.
Zum Team der Beratungsstelle gehören seit zwölf Jahren die Peers: Menschen, die selbst mit Herausforderungen zurechtkommen müssen und anderen in derselben Situation Rat geben. „Viele sind einfach Experten in eigener Sache“, so Thierfeldt. „Auch wir profitieren, wenn jemand aus eigener Erfahrung spricht.“ Außerdem finde die Peer-Beratung noch mehr auf Augenhöhe statt, als das ohnehin angestrebt sei.
Mit dem Ende der Corona-Pandemie wuchs die Nachfrage nach den Freizeitangeboten der Kokobe, hat Nadine Thierfeldt festgestellt. Sei es die inklusive Disco, der regelmäßige Brunch oder besondere Fest. Die Menschen „seien froh, dass einfach wieder etwas stattfindet“. Wer Anregungen sucht, findet sie im Veranstaltungskalender „Gemeinsam“, der quartalsweise erscheint. Und viele Angebote macht, an denen auch nichtbehinderte Menschen teilnehmen.
Fachkräftemangel trifft auch Menschen mit Behinderungen
Wünsche gibt es dennoch auch zum 20. Geburtstag der Kokobe: So macht sich der Fachkräftemangel auch in einem Fehlen von Expertinnen und Experten bemerkbar, zum Beispiel in Einrichtungen, die nicht noch mehr Plätze anbieten können. Lang sind daher aber auch die Wartelisten für Therapieplätze. Und das nicht zuletzt für die zunehmende Zahl von Klienten mit einer Doppeldiagnose, einer psychiatrischen Erkrankung und einer geistigen Behinderung.