Der Kreistag will sich vom Energiekonzern RWE lossagen.
In einer Vorlage wurde deutlich, dass der Kreistag seine umstrittene finanzielle Unterstützung des Konzerns beenden will.
Am vergangenen Wochenende fanden breitangelegte Klimaproteste statt – hat die Aktien-Veräußerung etwas damit zu tun?
Rhein-Sieg-Kreis – Der Kreistag will in den kommenden Tagen die Weichen für den Ausstieg aus seinem umstrittenen finanziellen Engagement beim Energiekonzern RWE stellen. Wenige Tage nach den erneuten Protesten von Klimaaktivisten und Umweltschützern im RWE-Tagebau Garzweiler soll der Finanzausschuss des Kreistags bei seiner Sitzung am morgigen Mittwoch eine entsprechende Vorlage der Kreisverwaltung beraten. Eine endgültige Entscheidung soll der Kreistag dann am 4. Juli bei seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause treffen.
Schrittweise von RWE-Aktien trennen
Der Vorschlag von Kreiskämmerin Svenja Udelhoven, sieht vor, dass sich der Kreis schrittweise von seinen RWE-Aktien trennt. Der Verkauf soll über die Kreissparkasse abgewickelt werden. Den Verkaufserlös könnte der Kreis erneut anlegen, so die Pläne der Kämmerin, die grundsätzlich mit dem Arbeitskreis Konsolidierung des Kreistags abgestimmt wurden. In der Diskussion sind Investmentfonds der Deka-Bank, des Wertpapierhauses der Sparkassen-Finanzgruppe.
„Die Anlage des Veräußerungserlöses in einem gemischten Aktien- und Rentenfonds bietet den Vorteil, das beim derzeitigen ausschließlichen Investment in einen einzigen Unternehmenswert bestehende »Klumpenrisiko« zu minimieren“, heißt es in der Vorlage für den Finanzausschuss. Dabei könne man auch zukünftig bei gedämpftem Risiko eine Rendite im Umfang der bisherigen RWE-Dividenden erwarten.
Der Akteinverkauf soll schrittweise erfolgen, um den Kurs der RWE-Aktie an den Börsen nicht in den Keller zu treiben und gleichzeitig „eine geordnete Neuanlage“ zu gewährleisten. Angestrebt wird ein Verkaufszeitraum von mindestens zwölf Monaten. In welche Fonds genau der Kreis die Aktienerlöse investieren will, steht bislang noch nicht fest. Dieser Punkt dürfte im Kreistag noch kontrovers diskutiert werden.
Allerdings erwägt die Kämmerin bereits, das Thema Nachhaltigkeit zu berücksichtigen. Wie die RWE-Aktien sollen auch die Investmentfonds aus steuerlichen Gründen bei der kreiseigenen Verkehrsgesellschaft RSVG „geparkt“ werden.
Verworfen hat der Arbeitskreis Konsolidierung die Idee, den Erlös des Aktienverkaufes zu nutzen, um die Liquidität des Kreises oder der RSVG kurzfristig zu erhöhen und so neue Kredite zu vermeiden. Angesichts der anhaltend niedrigen Zinsen sehen die Politiker in einer solchen Entscheidung keinen wirtschaftlichen Vorteil.
Diskutiert wurde auch, das mit dem Aktienverkauf eingenommene Geld in einen Bausparvertrag einzubringen, um damit „zukünftige Bauvorhaben um Wohnumfeld“ zu finanzieren. Wegen zu hoher Gebühren und zu niedriger Zinserträge wurde diese Idee verworfen.
Gesellschafter haben Vorverkaufsrecht
1.400.361 Stammaktien des Essener RWE-Konzerns besitzt der Rhein-Sieg-Kreis derzeit. Aus steuerrechtlichen Gründen wurden diese Aktien bei der Rhein-Sieg-Verkehrsgesellschaft (RSVG) „geparkt“. Dort wurden die Aktien am 31. Dezember mit einem Kurswert von 18,78 Euro pro Stück bewertet. Damals hatte das Aktienpaket einen Wert von 26,4 Millionen Euro.
Im Jahr 2018 hat der Kreis für jede seiner RWE-Aktien eine Dividende von 1,50 Euro erhalten, für dieses und die folgenden Jahre kalkuliert die Kämmerin mit einer deutlich niedrigeren Dividende von 70 Cent pro Aktie.Der aktuelle Kurswert (Stand Montag) lag bei 22,18 Euro pro Aktie. Das Aktienvermögen des Kreises beträgt daher derzeit rund 31 Millionen Euro.
Die Beschlussvorlage der Kämmerin sieht vor, dass der Verkauf zu einem Mindestkurswert von 21,50 Euro erfolgen muss. Bevor der Kreis seine Aktien tatsächlich verkauft, muss er den Verband kommunaler Aktionäre über seine Absichten informieren, in dem er selbst Gesellschafter ist.
Alle anderen Gesellschafter haben dann innerhalb von 14 Tagen die Möglichkeit zu erklären, das Aktienpaket des Kreises kaufen zu wollen. Rund 949 000 der bei der RSVG „geparkten“ Aktien unterliegen diesem Bindungsvertrag, der auf die 1920er Jahre zurückgeht. Gibt es kein Kaufangebot eines Gesellschafters, kann der Kreis die Aktien frei verkaufen.