Troisdorf – Man mag gar nicht mehr hinsehen: Klimawandel, Rechtsruck und Ear-Pods, also Kopfhörer, die wie Köpfe elektrischer Zahnbürsten aussehen. Kabarettist Wilfried Schmickler malt in seinem Programm „Es hört nicht auf“ ein düsteres Bild der Gegenwart. Und macht mit seinem Humor doch alles ein bisschen erträglicher. Zum Auftakt des fünftägigen Küz-Festivals trat er am Mittwochabend im Bürgerhaus in Sieglar auf.
Karl-Theodor zu Guttenberg als Doktor Oetker
Zu Beginn machte er dem Publikum ein Geständnis: „Ich verwende Plagiate. Manche Sätze stammen nicht von mir.“ So wie einst Karl-Theodor zu Guttenberg, der bei seiner Doktorarbeit geschummelt hatte. „Ich wusste damals nicht mal, was er für ein Doktor war. Der hatte so viel Pudding im Hirn, ich dachte, er wäre ein Doktor Oetker“, so Schmickler.
Dem heutigen Finanzminister bescheinigte er angesichts seiner opulenten Hochzeit auf Sylt, „komplett oben ohne“ zu sein, die Täter des Missbrauchsskandals in der katholischen Kirche bezeichnete er als „notgeile Fummelpfaffen“, NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst sei ein „Honigkuchen im Konfirmationsanzug“.
Kritik am langweiligen Fernsehprogramm
Mit bitterbösen Spitzen gegen „Die da oben“ polterte sich Schmickler durch den Abend. Seine wunderbaren Aneinanderreihungen von sarkastischen Übertreibungen sind ein gelungenes Stilmittel. Die geschasste RBB-Intendantin Patricia Schlesinger schaue nach ihrer Entlassung wahrscheinlich zum ersten Mal in ihrem Leben öffentlich-rechtliches Fernsehen, mutmaßte er. Verballhornte Krimi-Titel zählte er auf, um die Verschwendungen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks mit seinem eindimensionalen Fernsehprogramm anzuprangern.
Er kritisierte die Panik vor dem Wohlstandsverlust bei den bevorstehenden Preissteigerungen: „Da schaut die Liebhaberin der Dinkelschrippe in der Bäckerei in die leere Backröhre. Was nun? Mohn, Sesam, Roggen? Wie furchtbar!“, kommentierte er ironisch. Die Corona-Pandemie ist noch nicht vorbei – und bietet dem 67-Jährigen weiter viel Angriffsfläche. Unter anderem kritisierte er, dass die Bundesliga während der Pandemie weiterlief: „Beim Fußball ist es wie mit dem Virus: Hauptsache, er wird übertragen.“
Sind Karnevalsumzüge bald klimaneutral?
So schlimm sei es mit dem Verzicht aber auch wieder nicht gewesen. Ostern ohne Feuer – geht. Weihnachten ohne Familie – geht. „Januar ohne Silvester, Merz ohne Empathie, Lindner ohne Anstand, geht alles, geht am Gesäß vorbei – aber was nicht geht, ist der Rosenmontag ohne Rosenmontagszug.“ Schmickler ist sich sicher: Wenn die Karnevalisten es schafften, das Virus durch ihre Vernunft zu besiegen, schafften sie es auch, den Klimawandel aufzuhalten – und er hält sogleich eine dystopische Büttenrede über einen klimaneutralen Ruusemondachszoch.
Pferde würden dann nicht teilnehmen: „Jeiht et öm dat Wohl dä Diere, muss dä Funke selver wiehre“, kündigte Schmickler an. Ein Dieselfahrverbot würde wohl das Aus der Mottowagen bedeuten. „Denn Trecker sin halt Öko-Mist, uch wenn d’r Bauer bio is. Also müsse jetzt de Jecke de Mottowage selver trecke.“ Nur der Tusch fehlte an dieser Stelle.
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Am Freitag tritt beim Küz-Festival die A-Capella-Band „Onair“ auf, am Samstag folgt Maxi Gstettenbauer. Am Sonntag ist Nightwash angesagt.