Düsseldorf – Die Zahl der Obdachlosen, die in Nordrhein-Westfalen auf der Straße oder in Behelfsunterkünften leben, nimmt laut einer aktuellen Stichproben-Befragung zu. Demzufolge lebten im vergangenen Juni und Juli hochgerechnet auf ganz NRW knapp 5300 Personen unter solchen Bedingungen. Das seien 3800 mehr als die Landesstatistik zum Stichtag 30. Juni 2021 erfasst habe, berichtete NRW-Sozialminister Karl-Josef Laumann (CDU) am Montag in Düsseldorf.
Im Jahr 2020 waren laut Notfallberichterstattung des Landes insgesamt fast 50.000 Menschen in NRW von Wohnungslosigkeit betroffen. Die meisten von ihnen kamen allerdings in Notunterkünften unter. Menschen, die auf der Straße leben oder in „verdeckter Wohnungslosigkeit” bei Angehörigen oder Bekannten unterschlüpfen, werden von der Statistik nicht vollständig erfasst, da sie oftmals auch keinen Kontakt zum Hilfesystem hätten, wie Laumann erläuterte.
Diese Informationslücke sollte die Studie eines Sozialforschungsinstituts schließen helfen, das zwischen dem 1. und 7. Juli 2021 rund 1800 Betroffene in Dortmund, Köln, Münster, Remscheid, den Kreisen Lippe und Wesel sowie in 36 Fachberatungsstellen des Landes befragt hatte. Optimierungsbedarf gebe es bei der gesundheitlichen Versorgung der oftmals in schlechter körperlicher Verfassung angetroffenen Obdach- oder Wohnungslosen sowie bei den hygienischen Bedingungen, bilanzierte Laumann.
Die Landesmittel zur Bekämpfung der Wohnungslosigkeit sind nach Angaben des Sozialministeriums seit 2018 von damals knapp 1,9 Millionen auf rund 14 Millionen Euro in diesem Jahr erheblich aufgestockt worden. Durch „Kümmerer-Projekte”, die das Land in diesem Jahr finanziere, hätten bereits 3500 Menschen ein neues Zuhause gefunden - darunter 100, die zuvor auf der Straße gelebt hätten. Durch den Einsatz von Fördermitteln aus dem Europäischen Sozialfonds sollen die Projekte, die ansonsten zu Jahresbeginn 2023 in den 22 beteiligten Städten und Kreisen auslaufen würden, weitere drei Jahre gefördert werden.
Darüber hinaus werde die Landesregierung in diesem Sommer - zusätzlich zu den jährlichen Kältehilfen - rund 250.000 Euro zum Schutz Obdachloser vor Hitze zur Verfügung stellen. Die gleiche Summe werde in Schließfächer investiert, „damit obdachlose Menschen ihre persönlichen Gegenstände sicher aufbewahren können”, kündigte Laumann an.
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