In der Bundesregierung gibt es Streit über den Umgang mit ungeimpften Reiserückkehrern. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) ließ am Dienstag seine Pläne bekräftigen, für diese Personengruppe künftig eine generelle Testpflicht bei der Einreise nach Deutschland einzuführen – unabhängig vom Reiseland und vom genutzten Verkehrsmittel. Unterstützung erhielt er dabei unter anderem vom SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach.
Nach Angaben aus Regierungskreisen sollte die Neuregelung nach dem Willen von Spahn und Innenminister Horst Seehofer (CSU) bereits in der vergangenen Woche beschlossen werden – doch das scheiterte am Widerstand von Justizministerin Christine Lambrecht. Die SPD-Ministerin hält die umfassende Testpflicht für unverhältnismäßig, wie es am Dienstag hieß.
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Bisher gilt eine Testpflicht bei der Einreise nur für Flugpassagiere und Reisende aus Hochrisikogebieten, die nicht vollständig gegen das Coronavirus geimpft oder von einer Covid-19-Erkrankung genesen sind. Spahn hatte seinen Ressortkollegen bereits Mitte Juli den Vorschlag unterbreitet, die anstehende Verlängerung der Einreiseverordnung dazu zu nutzen, die Testverpflichtung auszuweiten. Doch wegen der Vorbehalte des Justizministeriums wurden am vergangenen Mittwoch vom Bundeskabinett nur kleinere Korrekturen beschlossen, nicht jedoch die von Spahn vorgeschlagene Verschärfung.
Gesundheitsministerium hält an Testpflicht fest
Eine Sprecherin des Gesundheitsministeriums sagte am Dienstag, man halte an den ursprünglichen Plänen fest. „Das Bundesgesundheitsministerium ist für eine schnellstmögliche Ausweitung der Testpflichten bei Einreise“, betonte sie. Lambrecht erklärte lediglich, man sei „innerhalb der Bundesregierung in konstruktiven Gesprächen zu einer Überarbeitung der Regeln für Reiserückkehrer.“
SPD-Gesundheitsexperte Lauterbach begrüßte die Planungen von Spahn. „Eine generelle Testpflicht bei der Einreise nach Deutschland für alle, die weder geimpft noch genesen sind, ist aus medizinischer Sicht sehr sinnvoll“, sagte Lauterbach dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) „Bei Urlaubsreisen besteht wegen der höheren Zahl an Kontakten grundsätzlich ein höheres Risiko, sich mit dem Corona-Virus zu infizieren - zunächst einmal unabhängig vom Reiseort und dem genutzten Verkehrsmittel“, argumentierte Lauterbach.
Länder wollen zeitnahe Beratungen
Über das weitere Vorgehen in der Corona-Krise soll nach dem Willen mehrerer Länder bald auch mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) gesprochen werden. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) als Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz sprach sich für eine Beratung innerhalb der nächsten zwei Wochen aus. Auch er forderte schärfere Regelungen für Reiserückkehrer, ohne aber Details zu nennen. „Der Korridor, um der gegenwärtigen Entwicklung noch wirksam entgegen zu wirken, wird enger“, betonte der SPD-Politiker.
Kritik kam von der FDP. Eine so umfassende Ausweitung der Testpflicht sei weder hilfreich bei der Bekämpfung der Pandemie noch verhältnismäßig, sagte die FDP-Gesundheitsexpertin Christine Aschenberg-Dugnus. Der Fokus der Testpflicht sollte auf Reisende aus Hochrisiko- und Virusvariantengebieten gelegt und auch kontrolliert werden. Die Bundesregierung müsse sich zudem für eine europäische Regelung einsetzen, statt einseitig eine Verschärfung voranzutreiben.