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„Es wird Zeit aufzuwachen“Hausaufgaben von ChatGPT geschrieben – Vor welche Probleme KI Kölner Schulen stellt

Lesezeit 6 Minuten
Ein Junge sitzt vor seinem Laptop.

Ein Schüler benutzt für seine Aufgaben ein KI-Tool.

Während Schüler ihre Hausaufgaben von der KI erledigen lassen, scheuen viele Schulen das Thema. Es gibt allerdings vorbildliche Ausnahmen.

Als vor einem Jahr Chat GPT auftauchte, war schnell klar: Künstliche Intelligenz wird auch die Schulen stark verändern. Bildungsexperten sahen eine Revolution des Lernens und Prüfens am Horizont heranziehen. Zwölf Monate später kann man sagen: Angekommen ist KI bislang in erster Linie bei den Schülerinnen und Schülern. Schon Ende vergangenen Jahres gab 70 Prozent der Schüler- und Studierendenschaft an, Chat GPT für Hausaufgaben oder Studienarbeiten zu nutzen. Das hat eine repräsentative YouGov-Befragung ergeben. Eine Diagnose, die Florian Zang, Lehrer für Wirtschaft und Politik am Kölner Erich-Gutenberg-Berufskolleg, inzwischen für überholt hält: „Wir müssen von 100 Prozent ausgehen. Ich bin sicher, dass es an unserer Schule keine Schülerin oder Schüler gibt, die sich nicht von künstlicher Intelligenz etwa bei den Hausaufgaben unterstützen lässt.“

Während die Schülerschaft also Chat GPT längst für sich arbeiten lässt, spielt Künstliche Intelligenz im Unterricht noch keine große Rolle. Ganz zu Beginn haben viele Lehrkräfte Beispielaufgaben durchgespielt. „Aber das war es dann und alles ging weiter im alten Muster. Dabei wird es Zeit aufzuwachen und auch mit einem Missverständnis aufzuräumen. Es geht bei KI nicht um einen Trend oder einen Hype“, mahnt der Bildungsaktivist und Netzlehrer Bob Blume. Es gehe um nichts weniger als darum, „wie Lernen relevant bleiben kann, wenn ich alles schreiben, übersetzen, zusammenfassen, strukturieren und sogar vortragen lassen kann“.

NRW-Schulministerium: Schulen sollen Schüler mit KI vertraut machen

Das NRW-Schulministerium hat im vergangenen Jahr Leitlinien zum Umgang mit KI herausgegeben. Darin steht, dass die Schulen die Schülerinnen und Schüler im Unterricht mit KI vertraut machen sollen. Sie sollten gemeinsam im geschützten Raum erfahren, wie KI-basierte Textgeneratoren funktionieren, welche Potentiale, aber auch welche Risiken damit verbunden sein können. „Aber das ist eben eine Empfehlung und keine Verpflichtung für alle Lehrkräfte“, betont Mechtild Wiesmann, die am Zentrum für LehrerInnenbildung der Universität Köln (ZfL) für die digitale Lehre zuständig ist. Das Ergebnis sei, dass die kostenlosen Lernmodule etwa des ZfL nur von den ohnehin digital affinen, engagierten Lehrkräfte genutzt würden. Diese lernen dort zum Beispiel, wie sie den Schülerinnen und Schülern vermitteln können, die KI so zu nutzen, dass sie ihnen wirklich weiterhilft oder wie man Künstliche Intelligenz in Lernsituationen integrieren kann.

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Für Lehrer Florian Zang, dessen Schule KI als digitale Vorreiterschule bereits im Unterricht einsetzt, reicht eine solche Freiwilligkeit der Auseinandersetzung nicht mehr. Es müsse zur Pflicht werden, findet er „Wer sich jetzt als Schule nicht auf den Weg macht, der verfehlt den Bildungsauftrag, die Schülerinnen und Schüler auf ein mündiges Leben in der Zukunft vorzubereiten. Alle Schüler haben damit Kontakt. Da können wir uns nicht von der Lebensrealität abkoppeln, sondern müssen KI-Kompetenz vermitteln.“ Damit meint er die kritische ethische Reflektion genauso wie die kompetente Nutzung und auch ein Umdenken, wie man Aufgaben stellt und auch Prüfungen abhält. „In drei Jahren werden wir hier Schüler mit digitalen Kontaktlinsen sitzen haben, die ihre Klausuren mithilfe von künstlicher Intelligenz bestreiten, ohne dass wir als Lehrkräfte die Möglichkeiten hätten, das als Täuschungsversuch zu ahnden.“ Spätestens dann breche das klassische System von Prüfungen in Schule zusammen.

Ein Mann sitzt vor einem Laptop

Lehrer Florian Zang nutzt KI im Unterricht und hat für seine Schule eine Sammlung mit konkreten Unterrichtsbeispielen zusammengestellt.

Dabei hat sich die Bildungsbranche selbst längst auf den Weg gemacht: Auf der Bildungsmesse Didacta präsentierten sich etliche Anbieter von digitalen Tools und KI für Lehrkräfte und Schulen. Sie alle sichern Datenschutz und Datensicherheit zu und bieten Apps und Plattformen, mit denen ChatGPT an den Schulen auf vielfältige Weise genutzt werden kann: als kreativer Sprachtrainer, für Chats mit KI-simulierten historischen Persönlichkeiten im Geschichtsunterricht oder mit Harry Potter im Englischunterricht, für das Erstellen von Unterrichtsentwürfen inklusive Aufgaben in unterschiedlich abgestuften Schwierigkeitsniveaus zum selben Thema.

Schulministerin Feller sieht in der KI viele Chancen. Mindestens genauso entschlossen, wie man sich der Frage widmen müsse, wie der Einsatz von KI etwa im Hinblick auf Prüfungen reguliert werden könne, sei das Potenzial in den Blick zu nehmen, wie KI Unterricht besser machen könne, sagte Feller dem Kölner Stadt-Anzeiger. „Ich sehe etwa enormes Potenzial für die individuelle Förderung.“ Richtig eingesetzt, könne KI Lehrkräfte entlasten und die Unterrichtsqualität gleichzeitig steigern. Wie das gehen kann, zeigt etwa „Fiete.ai“. Die App gewann den Didacta Start-up Award und entlastet die Lehrkräfte, indem sie den Schülern KI-basiert individuelle und wertschätzende Rückmeldung gibt.

KI gibt jedem Schüler ein individuelles Feedback

Das Gutenberg-Berufskolleg hat sich eine Probelizenz gesichert und Lehrer wie Florian Zang arbeiten mit Fiete.ai: Wenn seine Schüler im Fach Wirtschaft die Aufgabe bekommen, für eine fehlerhafte Lieferung eine Mängelrüge zu schreiben, hinterlegt er auf der App die verschiedenen Kriterien, nach denen die KI ein Feedback geben soll. Dabei gibt Fiete.ai zu jedem Arbeitsschritt sowohl eine ausführliche Rückmeldung in wertschätzenden Worten, als auch optisch ein Resultat auf einem Balken, der von rot bis grün reicht. Auf dieser Grundlage kann der Schüler seine Arbeit verbessern und erneut bewerten lassen. „So werden Lernprozesse sichtbar. Für den Schüler und auch für mich als Lehrkraft.“ Für Schüler sei Feedback unendlich wichtig – aber eben für 30 von ihnen in der Klasse sonst nicht regelmäßig leistbar.

Auch das Gymnasium in Pesch gehört zu den Schulen, die sich bereits mit KI auseinandersetzen. Einiges habe sich schon verändert, berichtet Schulleiter Marcel Sprunkel. Etwa die Art, wie sie Hausaufgaben stellen. Aufgabentypen, die die Schüler zuhause einfach mit ChatGPT beantworten können, fallen zunehmend weg. Und das vertiefte Lernen in der Vorbereitung auf Klausuren, müsse mehr im Unterricht erledigt werden und weniger nach Hause ausgelagert werden. „Wir wollten Künstliche Intelligenz aber hier auf jeden Fall als Chance sehen“, betont Schulleiter Marcel Sprunkel.

Die Schule nutzt Fobizz – hinter dem Namen steckt die führende deutschsprachige Plattform für Online-Weiterbildungen und Anbieter von digitalen Tools und KI für Lehrkräfte und Schulen. Fobizz hat ein datensicheres Chat GPT für Schulen gebaut. Die Basisversion inklusive der Weiterbildungsmodule ist derzeit zum Testen noch kostenlos. Wenn man regelmäßig damit arbeiten will, braucht man eine Lizenz. Lehrkräfte lernen, wie sie die KI für Texte oder das Erstellen von Arbeitsblättern nutzen können. Für Schüler gib es einen eigenen Zugang zur KI-Assistenz, dort können sie in eigenen Räumen an Arbeitsaufträgen arbeiten. Das Gute sei, dass die KI den Lehrkräften viele administrative Tätigkeiten und auch viel Organisationsaufwand abnehmen könne, sagt Sprunkel. „So können wir wieder mehr Zeit für das Kerngeschäft gewinnen: für die eigentliche pädagogische Arbeit.“

Rheinlandpfalz und Mecklenburg-Vorpommern sind Vorreiter bei KI

Zang wünscht sich, dass alle Schulen einen datenschutzkonformen Zugang zu KI erhalten. Erste Bundesländer wie Mecklenburg-Vorpommern und Rheinland-Pfalz sind auf diesem Weg vorangegangen: Sie haben sich für eine Landeslizenz für die Plattform Fobizz entschieden. Damit sei sichergestellt, dass„ alle Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler beim Lernen einen sicheren, zuverlässigen und kostenfreien Zugang zu KI-Tools bekommen und zugleich verstehen lernen, wie sie damit richtig umgehen“, sagte die rheinland-pfälzische Bildungsministerin Stefanie Hubig.

NRW agiert zurückhaltender. Man will den Schulen, die angesichts von Lehrermangel und vielfältigen anderen Herausforderungen an der Belastungsgrenze stehen, nicht einfach die nächste Großaufgabe vor die Füße werfen. Erst soll ein gemeinsamer Handlungsrahmen in der Kultusministerkonferenz abgestimmt werden. Dabei ist das Ziel klar: Auch in NRW soll den Schulen perspektivisch ein datenschutzkonformer, kostenfreier KI-Zugang zur Verfügung gestellt werden.