Das Rechtshaus steht seit 2016 unter Denkmalschutz. Die Uni Köln bevorzugt einen Neubau. Eine Aussicht auf baldige Sanierung gibt es nicht.
„Leider keine Priorität“Warum das Rechtshaus der Uni Köln weiter verfällt – Kein Ende des Leerstands in Sicht
Nein, er habe hier nicht übernachtet, nur seine Sachen abgelegt, um sie vor Regen zu schützen. Ein obdachloser, junger Mann hat über das Treppengeländer am Eingang des Rechtshauses ein dunkles Laken gehängt. Unter einem anderen schiebt er seine Habseligkeiten zu einem Haufen zusammen.
Es ist ein kalter Novembermorgen, das Gebäude der Universität zu Köln, bestehend aus einem Turm und einem angrenzenden flachen Bau, an der Gottfried-Keller-Straße neben dem Italienischen Generalkonsulat steht leer und ist teilweise umzäunt. Seit fünfeinhalb Jahren hat hier kein Student gelernt, kein Seminar stattgefunden. Im Rechtshaus waren die Institute für internationales Recht der juristischen Fakultät beheimatet. Diese sind seit 2019 gebündelt in Zollstock zu finden.
Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ hat im November 2023 darüber berichtet, dass das leere Gebäude zu verwahrlosen droht. Graffiti an der Mauer, die man von der Universitätsstraße aus sieht, und Müll auf dem Gelände verstärken den Eindruck des fortschreitenden Verfalls.
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Für die Uni Köln ist der Bau schon länger ein Störfaktor. Denn: Seit 2016 steht das Gebäude-Ensemble unter Denkmalschutz. Im Jahr 2020 hatte die Uni Köln sogar Klage gegen die Stadt Köln eingereicht, doch den Antrag vor dem Verwaltungsgericht schließlich zurückgezogen. Man wolle sich einigen, hieß es. Doch die Positionen scheinen unvereinbar. Die Uni Köln würde das Rechtshaus am liebsten abreißen lassen, einen Neubau draufsetzen oder gar verkaufen. So zählt eine Uni-Sprecherin die „gravierenden Probleme, unter anderem hinsichtlich des Brandschutzes, des Arbeitsschutzes, der Fassadenkonstruktion und der Barrierefreiheit“ auf Anfrage auf. Vor der Schließung des Gebäudes fand man zudem Asbest im Baumaterial. Die energetische Hülle gewährleiste nur „rudimentären Wärmeschutz“, hieß es.
Rechtshaus der Uni Köln: Sanierung kostet zwei bis drei Mal mehr als ein Neubau
Die Fassade müsse vollständig erneuert beziehungsweise wiederhergestellt werden. Aber: „Eine originalgetreue Nachbildung der Fassade ist konstruktiv nicht möglich“, hatte ein Uni-Sprecher 2023 bereits mitgeteilt.
Erste Machbarkeitsstudien und Kostenschätzungen haben laut der Uni-Sprecherin ergeben, „dass eine denkmalschutzgerechte Sanierung das circa Zweieinhalb- bis Dreifache eines Neubaus kosten würde.“ Auch nach einer Sanierung müsse die Uni noch „zahlreiche Kompromisse beim Energieverbrauch“ eingehen, dabei stehen Hochschulen mittlerweile unter dem Druck des Landes NRW, ihre Gebäude energieschonend zu betreiben und zu bauen.
Ob ein Neubau jedoch tatsächlich eine bessere Energiebilanz aufweist, darüber herrscht Uneinigkeit. Steffen Skudelny von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz sagte 2022 in einem Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“, dass es 125 Jahre dauere, bis sich ein Neubau amortisiere, rechne man die Energie hinzu, mit der man das alte Gebäude entsorgt und das neue baut.
Für die Uni Köln hat die Sanierung des Rechtshauses jedenfalls „leider keine Priorität“: Ihre begrenzten finanziellen Mittel dienten dazu, ihre „Aufgaben als Universität in Forschung und Lehre zu erfüllen. Danach richten sich auch die Prioritäten im Baubereich“, so die Sprecherin weiter. Gebäude und Grundstück werden aber nach eigenen Angaben gesichert und vor Vandalismus geschützt. „Graffiti werden konsequent entfernt.“
Und was sagt die Stadt Köln zum seit Jahren stagnierenden Projekt Rechtshaus? Auf Anfrage kann eine Stadtsprecherin „keinen neuen Sachstand“ gegenüber 2023 kommunizieren. Wann und wie das Rechtshaus saniert werde, sei die Verantwortung der Uni Köln. Der brutalistische Bau des Architekten Walter Ruoff (1914-1991), der auch das alte Rodenkirchener Rathaus entwarf, bezeichnete Stadtkonservator Thomas Werner als „einen äußerst qualitätvoll durch gestalteten Gebäudekomplex mit künstlerischen Ansprüchen in der architektonischen Detaillierung.“
Stadtkonservator: Rechtshaus ist wichtiges Architektur-Beispiel der 70er-Jahre
Es sei ein „wichtiges Beispiel für die Architektursprache der 70er Jahre.“ Das kürzlich abgerissene Rodenkirchener Rathaus, ebenfalls im Baustil des Brutalismus, entsprach anders als das Rechtshaus im Inneren jedoch nicht mehr seinem Urzustand und wies erhebliche Baumängel auf.
„In der Bibliothek saß man vor einer großen Fensterfront, durch die im Winter viel Kälte durchgezogen ist. Das Gebäude hatte aber Charme, die Einrichtung war älter, aber geschmackvoll“, erzählt eine ehemalige wissenschaftliche Mitarbeiterin und Jura-Absolventin. Der problematische Zustand des Baus sei unter Mitarbeitenden und Studierenden bekannt gewesen. „Der alte Aufzug war häufig kaputt, tagsüber haben sich Obdachlose im Gebäude eingenistet.“ Zuletzt seien Brandwachen installiert worden, die „alle 15 Minuten durch das Treppenhaus gelaufen sind, um zu überprüfen, ob es brennt“, so die Frau, die namentlich nicht genannt werden möchte.